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Channel: Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung

Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung 2018-4 (07./08.11.2018)

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„Das Gefährlichste auf der Welt sind eben die Weltanschauungen. Nicht Krankheiten, Seuchen und Katastrophen.“
                               Jons Ehrenreich Jeromin[1]


Liebe Leser*innen,

Jons Ehrenreich Jeromin ist die Hauptperson in Ernst Wiecherts zweiteiligem Roman „Die Jeromin-Kinder“. Er ist also eine fiktive Figur, in die Ernst Wiechert aber sicher einiges von sich selbst hineinprojiziert hat. Er wächst zu Beginn des 20. Jahrhundert im ostpreußischen Dorf Sowirog als Sohn eines Köhlers und einer stets unzufriedenen, aus Litauen stammenden Mutter auf. Ein Stipendium seines Dorfschullehrers Stilling ermöglicht es Jons, in der Provinzhauptstadt das Abitur zu machen und Medizin zu studieren. Zwischen Schule und Studium ist er Soldat im I. Weltkrieg. Das Studium schließt er mit Auszeichnung ab, aber zur großen Enttäuschung seiner Professoren verzichtet er auf eine weitere Karriere und wird stattdessen Armenarzt in seinem Heimatdorf, wo er seine Leute medizinisch versorgt und so manches Leben verlängert. Ich bin mit dem zweiten Buch noch nicht durch, aber allmählich werden darin die Zeichen der „neuen Zeit“ deutlich, nämlich der aufkommenden Naziherrschaft und des damit verbundenen weltanschaulichen Wahnsinns.


Ernst Wiechert

Ernst Wiechert schrieb den ersten Band 1940/41 und den zweiten 1946. Den ersten Band vergrub er im Garten, damit die Gestapo ihn nicht finde. Er war nämlich 1938 für ein paar Monate im KZ Buchenwald inhaftiert, weil seine Literatur zu regimekritisch war. Allein Wiecherts große Beliebtheit im Volk brachte Goebbels dazu, in wieder zu entlassen, mit der Auflage, sich nicht mehr politisch zu äußern. Wiechert entwarf mit Sowirog das Bild eines Dorfes, dessen Einwohner seit Jahrhunderten das gleiche Leben führen, die Felder bestellen, Holz fällen, Fische fangen und ab und zu ein Kaninchen wildern, sich aber nicht um das Leben „jenseits des Moores“ kümmern und die Bilden und Unbilden von Wetter und Politik gleichermaßen stoisch und voller Gottvertrauen über sich ergehen lassen. Für diese Einwohner ist es unerheblich, ob Deutschland ein Kaiserreich oder eine Republik ist, nur die polnischen und russischen Nachbarn sind ihnen suspekt, weil eben anders, und letztere zudem Feinde im Weltkrieg. Es sind die Jahreszeiten und die harte Arbeit, die ihr Leben bestimmen. Politik und Weltanschauungen sind für sie Dinge, die sie nicht verstehen und gegen deren Werbungen sie immun sind.

Es ist keine heile Welt, die Wiechert da erfunden hat, sondern neben Armut und Krankheit gibt es auch Mord und Todschlag, Trauer und Traumata. Aber wie auch in anderen seiner Romane idealisiert er ein einfaches, bescheidenes Leben, das vor allem der Arbeit und der persönlichen Mitmenschlichkeit gewidmet ist, ohne irgendwelche Ambitionen in Richtung Ruhm und Reichtum. In „Die Jeromin-Kinder“ lässt er den jüdischen Arzt Lawrenz sagen, dass Lehrer und Ärzte seiner Meinung nach am besten gar kein Geld für ihre Arbeit annehmen, sondern zum Gelderwerb nebenher lieber noch einem Handwerk nachgehen oder Schafe hüten sollten.

Warum thematisiere ich Ernst Wichert und seine Romane im interreligiösen Rundbrief? Nun, beim Lesen seiner Texte berührt mich etwas ganz tief. Sie pflügen gleichsam in mein Herz. Und das, obwohl sie eigentlich eine ganz andere Weltanschauung transportieren, als ich selber sie habe, eben eine, die keine sein will, eine die auf Tradition setzt, aber eben nicht als traditionalistische Weltanschauung, sondern als eine Fokussierung auf die Grundbedürfnisse des Lebens, die alleine es Wert sind, ernst genommen zu werden. Wiechert war ein Kritiker der Moderne, was ihm in der Zeit nach dem II. Weltkrieg dann doch nach und nach seine Leserschaft kostete. In der Nazizeit war er trotz Beobachtung durch die Gestapo und KZ-Erfahrung nicht ausgewandert, sondern in die so genannte innere Immigration gegangen und so seinen Lesern, die ja auch nicht auswandern konnten, treu geblieben. Vielen waren seine Bücher Trost und Stütze in der schweren Zeit. Aber als sich später die Jugend politisierte, war er für sie zu unpolitisch, zu rückwärtsgewandt, zu verinnerlicht. Und nun lese ich ihn, anfangs durch seine Märchen auf ihn aufmerksam geworden, und er ist inzwischen einer meiner Lieblingsschriftsteller, neben Hermann Hesse, Michael Ende und Hans Bemmann oder auch, um einen Lebenden zu nennen, Harald Grill.


Liberale und konservative evangelische Theologie

Es ist eine Herausforderung, sich als – wie ich mich empfinde – moderner und liberaler Denker einzugestehen, dass mich da ein so konservativer Autor anspricht. Mich überraschte neulich ein evangelischer Theologe, den ich auch für liberal gehalten habe, mit dem Eingeständnis, er sei nicht liberal, sondern konservativ. Liberale Theologie würde das Christentum auf Ethik reduzieren, aber das sei ihm zu wenig. Mit interreligiösem Dialog könne er auch wenig anfangen, er sei überzeugt von der Wahrheit seines Glaubens und dass die anderen im Irrtum seien, aber stehe doch als Staatsbürger jedem das Recht zu, seinen eigenen Glauben frei zu leben. Nur brauche er sich nicht mit den Andersgläubigen auszutauschen, sondern respektiere einfach ihre Andersgläubigkeit und fertig.


Liberales und orthodoxes Judentum

Wie anders geht es mir! Im Mai nahm ich im Rahmen einer Tagung in Berlin an einem jüdischen Schabbatgottesdienst teil. Es war Samstagmorgen, es wurde in der kleinen Synagoge des Jüdischen Krankenhauses gesungen und gebetet, und ich genoss die zugleich konzentrierte und ausgelassene Stimmung. Die liberale Rabbinerin sagte auf einmal, sie rufe jetzt Wochentage auf, und wer am aufgerufenen Wochentag geboren sei, dürfe nach vorne kommen, und aus der Thora vorlesen, und dabei frage sie nicht danach, wie jüdisch jemand sei. Whow! Ich durfte also in einer Synagoge aus der Thora vorlesen, obwohl ich kein Jude war! Ich tat es nicht, denn mir was das Ritual nicht vertraut, und ich kann kein Hebräisch lesen. Aber ich hätte gedurft! Als aber die Thorarolle durch den Raum getragen wurde, wurde sie von dem anscheinend weniger liberalen Rabbiner nur den jüdischen Gottesdienstteilnehme*innen hingehalten, damit sie sie berührten. An mir und anderen Nichtjuden und -jüdinnen ging er vorbei. Da war also doch eine Grenze, die ich selbstverständlich respektierte. Ich frage später die Rabbinerin, ob sie meine, dass es unterschiedliche psychische Charaktere seien, die sich für das liberale oder das orthodoxe Judentum begeisterten. Sie verneinte es, und meinte, die meisten würden hineingeboren und in beiden Richtungen gäbe es ganz verschiedene Charaktere. Nun ja, meines Wissens gibt es schon Konvertiten in beide Richtungen.


Konservativer und liberaler Islam

Bei einem Moscheebesuch in Bielefeld fragte ich die junge Muslimin, die uns durch die Räume führte – sie hatte in Ankara islamische Theologie studiert – ob es für vegetarische Muslime eine Alternative zum Tieropfer beim Opferfest gebe. Sie verneinte das. Vielleicht kämen die liberalen Muslime auf solche Gedanken, aber das seien nur wenige und die werde es sicher nicht lange geben. Für sie selbst sei das nichts, so mit Männern zusammen in einer Reihe in der Moschee zu beten.


Säkularer Buddhismus

Neulich bei einem Treffen der Buddhistischen Gemeinschaft für Einzelmitglieder der Deutschen Buddhistischen Union war die Rede vom säkularen Buddhismus. Man müsse als Buddhist*in nicht nur von der Welt zurückgezogen meditieren, sondern dürfe oder gar solle sich auch der Welt zuwenden und sich zum Beispiel im Umweltschutz oder in der Friedensarbeit engagieren. Und man bräuchte sich auch nicht einer bestimmten buddhistischen Tradition zu verschreiben oder gar einem Meister unterordnen, sondern könne sich frei aus dem Angebot bedienen, je nachdem, was man brauche und was einem weiterhelfe. Das sei überhaupt der Trend der Zeit, meinte ein Dharmalehrer, den Buddhismus eher individuell zu praktizieren und sich eher ungezwungen mit Gleichgesinnten auszutauschen.


Keine Ideologisierung der Weltanschauung!

Tja, da haben wir es wieder: Religiöse Richtungen in ihrer Unterschiedlichkeit: Traditionalismus, Konservativismus, Liberalismus – Fundamentalismus hatte ich jetzt nicht dabei. Ich finde den Dialog zwischen diesen Richtungen innerhalb der Religionen, aber auch zwischen ihnen inzwischen für spannender und not-wendiger als der zwischen den verschiedenen Religionen innerhalb derselben Ausrichtung oder Geisteshaltung. Und dort wie hier ist es spannend, die je andere Position kennenzulernen. Ich merke in der Beschäftigung, wie sehr ich in mir selbst hier und da Anteile anderer Positionen feststelle, wo ich also traditionalistische, konservative und sogar fundamentalistische Ansichten habe und keineswegs immer nur liberale, wenn letztere auch überwiegen.  Und erst neulich hörte ich in einem Radiobeitrag, dass „Liberalismus“ im Rahmen der evangelischen Theologie zuerst eine abwertende Fremdbezeichnung war.[2]Im Judentum ist es dagegen eine selbstbewusste Hauptströmung, im Islam ein zartes Pflänzchen, im Buddhismus zumindest im „Westen“ so normal, dass man kaum darüber spricht. Sicher meint man mit diesem Wort nicht überall dasselbe und manchmal dasselbe mit verschiedenen Wörtern.

Sind also Weltanschauungen so von Übel, wie Ernst Wiechert es Jons Ehrenreich Jeromin sagen lässt? Ja, wenn man aus ihnen Ideologien macht, die über Leichen gehen oder die die Menschen nur als Objekte der Weltanschauung behandeln und sie in Freunde und Feinde unterteilen. Nein, wenn man sie als Orientierung in den Wirrnissen des Lebens sieht, die dem Menschen dienen und nicht ihn beherrschen will. Eine Weltanschauung in diesem Sinne vertrat auch Ernst Wiechert, und dank der modernen Erfindung des Buchdrucks und der noch moderneren des Internets, liegen seine Texte gedruckt vor und sind auch antiquarisch leicht erhältlich oder auch in Neuauflagen beim Buchhändler am liebsten vor Ort.


Nochmal Wiechert

Ich ende diesen Rundbrief mit noch einem Zitat aus „Die Jeromin-Kinder“. Es ist aus einem Dialog zwischen Jons und seinem Kriegskameraden Tobias, der an der Westfront in den Feuerpausen immer aus dem Schützengraben gestiegen war und die Seligpreisungen aus der Bergpredigt laut vernehmlich rezitiert hatte und der nun Pfarrer in Sowirog wird. Beide sprechen über einen Leutnant, der tödlich verwundet die Wahrheitsfrage gestellt hatte:

„Tobias nickte mit gefalteten Händen. ‚[…] … und auch den Leutnant sehe ich, wie er in seinem Trichter lag und ein bißchen lächelte und zu dir sagte >Wie ist es nun mit der Wahrheit, Jeromin?<‘ Jons seufzte. ‚Ich weiß es wohl immer noch nicht Tobias.‘ ‚Es war eine falsche Frage, Jons, eine Menschenfrage. >Wie ist es nun mit der Liebe, Jeromin?< hätte er fragen sollen. Und darauf hättest Du nicht zu seufzen brauchen.‘“[3]

Ich freue mich auf Ihre/Eure Leser*innenbriefe!       
   
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel


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PS: Diesen Rundbrief schrieb ich hauptsächlich am 7.11.2018 auf der Eisenbahnfahrt von Bielefeld nach Siegburg.
PPS: Zwischenüberschriften einzuführen war ein Wunsch von Martin Sagel.
PPPS: Alle meine Rundmails können jederzeit per E-Mail abbestellt werden.



[1] Ernst Wiechert. Die Jeromin-Kinder II = Gesammelte Werke. München 1980 (Georg Müller Verlags GmbH), S. 801.
[2] Vgl. Liberale Theologie und Kirche. „Nicht für Wellness zuständig“. Jörg Lauster im Gespräch mit Andreas Main. Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft, Deutschlandfunk, 1.11.2018, online: https://www.deutschlandfunk.de/liberale-theologie-und-kirche-nicht-fuer-wellness-zustaendig.886.de.html?dram:article_id=430920(geöffnet am 8.11.2018).
[3] Ernst Wiechert, a.a.O., S. 812.

Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung 2018-4 – Leser*innenbriefe (15.11.2018)

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Liebe Leser*innen des interrel. Rundbriefes,

es kamen drei sehr unterschiedliche Leser*innenbriefe von Ihnen herein. Ich gebe sie zuerst einmal hintereinander wieder und gehe dann auf alle drei ein.

1. Von Helmut Bleifeld aus Neurath:

Danke, lieber Michael, für Deinen Rundbrief, für Deine Gedanken, Stellungnahmen, Kommentare und Denkanstöße.
Als ‚Naturalist‘ habe ich zu den Religionen keine glaubwürdige Überzeugung gefunden. Ich sehe Religionen eher als Produkte der Evolution. So, wie sich das Leben auf unserer Erde entwickelte, so entwickelten sich menschengemacht die Religionen, mit all ihren Facetten wie Machtstreben, Heuchelei, Gewalt, und Unrecht…aber auch mit ehrlichem Glauben, Hilfsbereitschaft, Uneigennützigkeit, Friedfertigkeit und Liebe.
Aus dem Paradies wurden wir vertrieben – nicht zu Unrecht.
Herzliche Grüße
Helmut

*
2. Von Reinhold Mokrosch aus Osnabrück:

Mein lieber Michael!
Das ist ein interessanter „Rundbrief“! Ja, wenn Weltanschauungen ideologisiert werden, dann werden sie fundamentalistisch! Heißt das, dass Ideologien immer eine Neigung zum Fundamentalismus haben? Ich meine ja! Und deshalb kommen wir nicht darum herum, liberal sein zu müssen!!
Herzlich, Dein Reinhold aus dem liberalen Osnabrück!

*

3. Von Anne-Marie Laurent aus Bonn:

Lieber Michael, als Kind, weil ich viel ältere Geschwister als ich hatte, bin ich mit den Büchern von Ernst Wichert und les enfants Jeromin! großgeworden! Wunderbare Literatur und tiefe Reflexion über diese sehr dunkle Zeit.

Ich war außerdem sehr erstaunt in Deutschland: Keiner hatte ihn gelesen...
Dazu muss ich erwähnen, dass ein Freund meines Vaters hatte Dachau und Buchenwald überlebt und hatte eine Zeit lang bei uns zu Hause nachher gelebt.
Gott sei Dank ist dieser Schriftsteller wieder bekannt.
Wann sehen wir uns? Ganz LG   anne-marie

**

Meine Antworten:

Zu 1.

Ja sicher, auch ich sehe Religionen als menschengemacht, als Teil menschlicher Kultur, und die Kultur als Folge der biotischen, psychischen und sozialen Evolution des Menschen. Mit solchen Fragen beschäftigen sich Disziplinen wie Religionsbiologie, -psychologie und
-soziologie. Gerade aktuell haben wir in einer Lehrveranstaltung zu „Anfangsgeschichten der Religionen“ die nach aktueller Auffassung wahrscheinlichen Anfänge menschlicher Religion in Territoriumsmarkierungen durch Schädeldeponierungen im Jungpaläolithikum thematisiert, sowie die Psyche und Gemeinschaft stabilisierende Funktion von Ritualen vor allem in kritischen Lebenssituationen wie den Übergängen von einem Lebensstadium in ein anderes. Die meisten mir bekannten, sich damit befassenden Wissenschaftler*innen gehen von solchen Ursachen für die Religiosität von Menschen aus.
Das bedeutet indes nicht, dass diese Wissenschaftler*innen selber unreligiös oder ungläubig sein müssen. Nicht wenige sind sogar christliche Theologi*innen, so ist Caspar Söling, Autor der biologischen Dissertation „Der Gottesinstinkt“[1]römisch-katholischer und Constantin Klein, Co-Autor des Buches „Götter, Gene, Genesis“ evangelischer Theologe und Psychologe, und Michael Blume, der in seinem religionswissenschaftlichen Blog[2]und mehreren Veröffentlichungen immer wieder Verbindungen zwischen Evolutionsbiologie und Religion erklärt, ist praktizierender evangelischer Christ.
Evolutionsbiologie und religiöser Glaube müssen einander also nicht widersprechen. Viele sehen aber diesen Widerspruch und lehnen dann entweder die Religion oder die Wissenschaft ab, doch moderne, liberale Theologie zeigt, dass das nicht so sein muss.
Freilich ist nicht jede Argumentation jedem Menschen gleich plausibel. Was einem plausibel ist hängt wiederum von vielen Faktoren ab, wie kulturelle Einflüsse, die einen dazu bringen, bestimmte Denkwege zur Gewohnheit zu machen. Diese Einflüsse hängen auch wiederum sehr von der eigenen Biographie ab, und Biographien sind so unterschiedlich wie wir Menschen.

*

Zu 2.

Ich empfinde mich ja selber als liberal-religiös. Wohlgemerkt, nicht als wirtschafts-liberal, denn diese Weltanschauung, wonach jeder nur nach seinem eigenen Glück streben soll und als unbeabsichtigter Kollateralnutzen kommt auch etwas Gutes für andere heraus, ist mir zu egoistisch. In manchen Formen sind die Kollateralschäden größer als der Nutzen für die Allgemeinheit.
Aber ja, liberale Religiosität ist mein Ding. Und doch: Müssen wirklich alle liberal sein? Können wir interreligiös und zwischenweltanschaulich nur friedlich miteinander leben, wenn alle liberal sind? Ich habe da noch keine endgültige Antwort darauf. Sicher komme ich mit liberalen Gläubigen verschiedener Religionen und Weltanschauungen leichter gut zurecht als mit sehr traditionalistischen oder gar fundamentalistischen. Und doch weiß ich nicht, ob es mein Ziel sein sollte, Traditionalist*innen und Fundamentalist*innen, solange sie sich friedlich benehmen, zum Liberalismus zu bekehren. Ich versuche lieber erstmal, einen Dialog mit ihnen zu führen, für den die Regel, die Dialogpartner*innen nicht bekehren zu wollen, auch gilt. Ich glaube nämlich auch, dass Liberalismus nicht für jede*n das richtige ist. Manche Menschen brauchen engere Vorgaben und klare Ge- und Verbote. Ohne diese würden sie in Gefahr laufen, in die Beliebigkeit abzurutschen, also eine Scheißegalhaltung den doch auch meiner Meinung nach wichtigen Fragen gegenüber. Liberalismus erfordert eine Gelassenheit, die keine Gleichgültigkeit ist. Er erfordert ein wahrhaftes Streben nach Wahrheit, aber eben verbunden mit der Einsicht, dass auch andere Meinungen als die eigene wahr sein können. Daraus erwächst Respekt dem Anderen gegenüber, nicht nur Toleranz. Aber es bleibt doch die Ernsthaftigkeit der eigenen Wahrheitssuche und auch das Behaupten der als wahr geglaubten Standpunkte. Es ist da eben nicht beliebig, ob etwas wahr ist oder nicht, aber es ist auch nicht rechthaberisch anderen aufzuzwingen. Das ist eine schwierige Haltung, die man nicht einfach von anderen erwarten darf. Gut wäre es aber, Bedingungen zu schaffen, in denen eine solche Haltung entstehen und wachsen kann.

*

Zu 3.

Es freut mich, endlich mal nicht der einzige zu sein, der Ernst Wiechert kennt und schätzt! Und wenn es nun eine Französin ist, die meine Wertschätzung dieses deutschen Autors teilt, freut mich das um so mehr. Aber auch ich mache immer wieder die Erfahrung, beim Erwähnen seines Namens, auf Kopfschütteln zu stoßen, nicht weil er nicht gemocht, sondern weil er nicht bekannt ist.
Und dabei wurde er mir auch weder in der Schule noch im Elternhaus nahegebracht, sondern eine Nachbarin lieh mir seine Märchen aus. Das war Anfang der 1980er. Dann fand ich in Antiquariaten zufällig „Die Geschichte eines Knaben“ und „Das einfache Leben“ und die Festschrift zu seinem 60. Geburtstag „Bekenntnis zu Ernst Wiechert“, las die zwei letztgenannten Bücher aber erst kürzlich so 2017. Dann packte es mich aber erneut und über booklooker.de erstand ich „Gesammelte Werke“ in fünf Bänden, darunter „Die Jeromin-Kinder“ und seine zwei „Reden an die Deutsche Jugend“ von 1937 („Der Dichter und die Jugend“) und 1945. Die muss ich noch lesen. Was ich sonst über ihn weiß, habe ich von Wikipedia. Demnach muss er sich ja vom Deutschnationalen zum Kritiker des Nationalismus gewandelt haben und schämte sich dann seines ersten Buches „Die Flucht“, dass er auch nicht mehr aufgelegt wissen wollte, und das demzufolge nur für viel Geld zu haben ist.
Mir geht seine Liebe zum einfachen Leben sehr nahe, seine Ablehnung intellektueller Weltanschauungen bisweilen aber auch etwas zu weit. Aber wenn man bedenkt, was er an Ideologien erlebt und durchlitten hat, kann man das wiederum sehr gut verstehen. Man müsste auch hier, wie so oft, die goldene Mitte finden. Nun war er als Schriftsteller ja selbst ein Intellektueller. Wäre er ein einfacher Bauer oder Arbeiter gewesen, hätte er keine Bücher geschrieben, und uns oder zumindest mir, würden diese Bücher fehlen.

Also herzlichen Dank an meine damalige Nachbarin!

*

Übrigens: Ich finde es besonders schön, drei so verschiedene Leser*innenbriefe erhalten zu haben!

Herzliche Grüße nach einem Tag voller intellektueller und doch keineswegs lebensferner Erlebnisse auf einer Tagung über Hirntod und Organtransplantation aus interreligiöser/interkultureller Sicht und im Uni-Alltag, beides in Bielefeld.

Ihr/Euer
Michael A. Schmiedel                  


 
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PS: Dies Leser*innenbriefe stellte ich hauptsächlich am 14.11.2018 auf der Eisenbahnfahrt von Bielefeld nach Siegburg zusammen und beantwortete sie.
PPS: Zwischenüberschriften einzuführen war ein Wunsch von Martin Sagel.
PPPS: Alle meine Rundmails können jederzeit per E-Mail abbestellt werden.


[1] Das Buch gibt es online unter http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2002/816/(geöffnet am 15.11.2018).

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-1 (12.04.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung 2019-1
(12.4.2019)


„Bozhana bringt mich zu Prof. Kostadin Nushev von der bulgarisch-griechisch orthodoxen Kirche, und ich erkundige mich, wie er das Zusammenleben der verschiedenen Religionen von Seiten der bulgarischen Orthodoxie einschätzt. Auch Kostandin Nurshev wird an der Konferenz der sechs größten Glaubensgemeinschaften in Bulgarien teilnehmen, die Petko Vulov bereits erwähnt hat. […] ‚Ich bin seit fünf Jahren regelmäßig dabei. Im Mittelpunkt unseres Dialogs stehen Kultur, Menschenrechte, Freiheiten Toleranz – Themen, die uns als Religionsgemeinschaften interessieren und uns mit den Bürgern verbinden. Wir treffen uns, um Gemeinsamkeiten zu betonen und Unterschiede zu schlichten. Genau das war unser Thema voriges Jahr:  der Dialog zwischen Religionen.‘“ [1]
Harald Grill

Liebe Leser*innen,
ich bin ein langsamer Leser, und doch ist der letzte interreligiöse Rundbrief, den ich mit einem Zitat aus Ernst Wiecherts „Die Jeromin-Kinder“ begann, schon einige Bücher her. So las, ich seitdem „Missa sine nomine“ von Ernst Wiechert, welches zeitlich nach „Die Jeromin-Kinder“ spielt und von Flüchtlingen aus Ostpreußen in Hessen erzählt, dann „Da kräht kein Hahn nach Dir“ von Harald Grill, worin es um einen Jungen geht, der vom Dorf in die Stadt zieht und sich dort in neuer Umgebung zurechtfinden muss, anschließend „Wir Kassettenkinder“ von Anne Weiß und Stefan Bonner, ein Rückblick auf die 1980er, geschrieben in erster Linie für Leser*innen, deren Kindheit und Jugend in diesem Jahrzehnt lag, „Der Buddha“ von Hans-Joachim Klimkeit, worin dieser ein Bild des Buddha anhand der Texte des frühen Buddhismus entwirft oder vielmehr ein Bild davon, welches Bild sich die frühen Buddhist*innen machten, das sich von dem vieler moderner Buddhist*innen doch reichlich unterscheidet, einige Gaston-Hefte von André Franquin, also lustige Comicstreifen über den chaotischsten aller Büroboten und zuletzt „Hinter drei Sonnenaufgängen“, wieder von Harald Grill.

Hinter drei Sonnenaufgängen
Das Buch ist eine Reiserzählung. Harald Grill war 2016 drei Monate lang im Auto in Rumänien und Bulgarien unterwegs, nebst einem Abstecher nach Odessa in der Ukraine. Er traf sehr viele Leute, die er teils für den Bayerischen Rundfunk interviewte, wobei sein Hauptinteresse im Zusammenleben der vielen ethnischen und religiösen Gruppen miteinander und dem Verhältnis zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten lag. Zugleich war diese Reise für ihn ein Abstandnehmen von den Jahren zuvor, in denen er seine alte Mutter pflegte. Er beschreibt auch Landschaften und das Reisen selbst. Immer wieder wichtig sind ihm Flüsse, an denen er sich orientierte. Selbst an der Donau bei Regensburg aufgewachsen, war ihm das Erleben dieses Stroms und seiner Nebenflüsse immer wieder wichtig, was ich als Rheinländer sehr gut verstehen kann. Selbstverständlich besuchte er auch das Mündungsdelta und die Schwarzmeerküste. Immer wieder beleuchtet er auch die Beziehungen zwischen Südosteuropa und Deutschland: So besuchte er deutschstämmige Rumänen, beleuchtet die Auswirkung der Arbeitsmigration von Rumänen und Bulgaren, die zum Beispiel in Deutschland arbeiten, während sie ihre Kinder zu Hause zurücklassen, und besuchte Nicopolis ad Istrum, wo im 5. Jahrhundert Bischof Wulfila die erste Bibelübersetzung in eine germanische Sprache, ins Ostgotische, vornahm.
Das Zitat oben stammt von seinem zweiten Besuch in Sofia, das unten am Ende des Rundbriefes von seiner Fahrt durch das bulgarische Rhodopengebirge.

Harald Grill
Was mich an Harald Grill besonders begeistert, ist seine zugleich offene, an allem interessierte und zugleich kritische Haltung. Er sucht Gespräche, sowohl mit Schriftsteller*innen, Politiker*innen, Vertreter*innen ethnischer Minderheiten, aber auch mit ganz normalen Leuten auf der Straße. Nicht immer gelingt sie, da Sprachbarrieren manches unmöglich machen, aber doch kommen immer wieder herzliche und informative Begegnungen zustande. Lustig finde ich, wenn er mit Bulgaren und Rumänen Bairisch redet, da er meint, wenn man keine gemeinsame Sprache habe, komme die Wärme der Mundart vielleicht doch durch.
Ich stieß auf ihn durch einen Beitrag im Straubinger Kalender 2015, den ich mir 2014 in der Bahnhofsbuchhandlung in Zwiesel im Bayerischen Wald kaufte. Sowohl lasse ich mir diesen Kalender mit allerlei Texten vor allem aus der Leser*innenschaft, seitdem jedes Jahr schicken, als auch las ich seit dem inzwischen vier Bücher von Harald Grill, nämlich „Gehen lernen“, „Bairische Gedichte“, „Da kräht kein Hahn nach dir“ und eben „Hinter drei Sonnenaufgängen“ und warte sehnsüchtig auf seine beiden Bücher über „Spaziergänge“ durch Europa, nämlich einmal von Palermo und einmal vom Nordkap heimwärts nach Regensburg. Man kann ihn auch in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks finden.

End-of-Life (7): Jewish Perspectives (4)
Eine meiner kleinen Reisen seit dem letzten interreligiösen Rundbrief führte mich Ende März nach München zu der siebten Tagung der End-of-Life-Reihe, die der Bielefelder Onkologe und Palliativmediziner Dr. Stephan Probst organisiert. Sie war zugleich die vierte Tagung der Unterreihe „Jewish Perspectives“, und wie in den drei vorhergehenden, von denen ich zwei besuchte, war in die Tagung wieder das Feiern des Schabbats von Freitag- bis Samstagabend integriert. So gaben mir diese Tagungen Einblicke in jüdisches Gemeindeleben, die ich ohne sie nie gehabt hätte. Das Spezialthema dieser Tagung was „Alter und Älterwerden“. Es ging dabei vor allem darum, die Würde der alten Menschen zu respektieren, auch wenn sie pflegebedürftig sind. Unter den Referenten waren auch zwei schon betagte Männer, die ich schon von vorherigen Tagungen kannte, und die als Vorbilder dafür dienen können, wie ich mir mein Altsein am liebsten vorstelle, vor allem was die geistige Verfassung angeht. Der eine ist Rabbiner Tovia Ben Chorin, 83 Jahre alt, der zusammen mit seiner Frau da war. Zu ihr sagte ich mal, sie kämen mir vor, wie ein perfektes Paar, worauf sie meine: „Perfekt ist niemand. Wir arbeiten daran.“ Ben Chorin jedenfalls ist immer noch amtierender Rabbi einer Gemeinde in Sankt Gallen, diskutiert leidenschaftlich gerne und noch lieber singt er mit einer Inbrunst, Ausdauer und einem Elan, der ihn sogar wie ein Massai auf und ab hüpfen lässt. Prof. Dr. Gerhard Baader hat als Jugendlicher in einem Arbeitslager die Shoah überlebt, machte danach Abitur, studierte und wurde zu einem Fachmann für die Geschichte der nationalsozialistischen Medizin. An den Wochenenden übte er sich zusammen mit Freunden extremes Bergsteigen, was für ihn und seine Freunde ein Lebenselixier war. Heute mit 91 ist er schwer gehbehindert, so dass ein Rollstuhl auf der Tagung Abhilfe leisten musste. Aber er hat eine Geistesgegenwart, die ich mir für mich selber wünsche. Ein anderer Professor, der israelischer Staatsbürger ist, zeigte in einem Gespräch wenig Verständnis dafür, dass man als Jude „im Lande der Mörder“ lebe, statt nach Israel zu kommen. Ich meine und sagte es ihm auch: Als nicht jüdischer Deutscher bin ich froh um jeden Juden der noch oder wieder hier lebt, denn der hält die Flagge hoch und zeigt es den Nazis, dass sie nicht gesiegt haben.

Nochmal: Liberale und konservative Religiosität
Ich will nochmal auf liberale Religiosität zurückkommen, von der ich im letzten interreligiösen Rundbrief geschrieben habe. Die Beth Shalom-Gemeinde ist nämlich eine liberal-jüdische, und ich fühlte mich dort willkommen und gut aufgehoben. Ich schrieb im letzten Rundbrief von einer muslimischen Theologin, die meinte, einen Ersatz für ein Tieropfer beim Opferfest gebe es allenfalls bei liberalen Muslimen. Ich hatte die Gelegenheit, in einer anderen Bielefelder Moschee eine andere junge Muslimin, die uns dort führte und die Worte des Imams übersetzte, zu fragen, wie sie das sehe. Sie meinte, ja klar, man könne auch etwas anderes opfern, das müsse kein Tier sein, sondern man könne zum Beispiel auch Geld spenden oder Spielzeug für arme Kinder. Ob diese Gemeinde nun liberal war? Mein Kollege Sakin Özıšık, selbst ein islamischer Theologe, erklärte mir, die beiden Moscheen, die eine türkisch, die andere kurdisch, gehörten verschiedenen Rechtsschulen an, die eine der hanafitischen, die andere der schafiitischen. Man lernt nie aus! Wichtig ist auf jeden Fall wieder die Bestätigung der Erkenntnis: Religionen sind keine monolithischen Blöcke, sondern in sich vielfältig und unterliegen zudem immer wieder der Veränderung, auch wenn manche konservative Gläubige behaupten, das sei alles genau so und nicht anders, und schon immer so gewesen, und daran etwas zu ändern, sei schlecht. Aber vielleicht brauchen diese Menschen ja genau dieses feste, unerschütterliche Fundament, um leben zu können. Aber könnten sie mit der Selbsteinschätzung leben, dass sie sich aus ihrer Religion holen, was sie brauchen, und dass andere Menschen vielleicht anderes brauchen, was sie sich auch aus ihrer Religion holen?

10. Weltversammlung von Religions for Peace in Lindau, 19.-23.8.2019
Im August wird in Lindau die 10. Weltversammlug von Religions for Peace stattfinden. Ich hatte gehofft, dabei sein zu können, aber außer RfP sind auch noch die Bundesregierung und eine lokale Lindauer Friedensinitiative, und unter den 900 Delegierten aus vielen Ländern der ganze Welt sind nur fünf deutsche von RfP und vom Runden Tisch der Religionen eingeladen, womit Deutschland tatsächlich sogar eine der größten Gruppen stellt. Aber diese Versammlung soll mehr bewirken, als ihren Teilnehmer*innen eine interessante Unterhaltung zu bieten. Vielmehr sollen ihre Themen auch außerhalb der Tagung diskutiert und umgesetzt werden. Interreligiöse Gruppen, wie zum Beispiel die lokalen RfP-Gruppen sind somit aufgefordert, sich in dieser Weise zu beteiligen. Beim letzten interreligiösen Gesprächskreis haben wir schon damit angefangen, und mal sehen, was andere IFN-Mitglieder dazu sagen. Ich werde es dort mal einbringen, und dann hier gerne davon berichten. Oder vielleicht wollen Sie sich auch einbringen mit eigenen Ideen oder anderen Vorschlägen.
Das hier sind die Haupttagungsthemen auf Englisch, die ich gerne übersetze:
 
"Caring for Our Common Future" (Sich um unsere gemeinsame Zukunft kümmern.)

1. Caring for Our Common Future - through Preventing and Transforming Conflicts including War and Terrorism (… - durch Konfliktvermeidung und -transformierung, einschließlich Krieg und Terrorismus)
2. Caring for Our Common Future - througt Promoting Just and Harmonious Societies (… - durch Förderung von Recht und harmonischen Gesellschaften)
3. Caring for Our Common Furure - througt Working for Sustainable and Integral Human Development (… - durch Arbeit für eine nachhaltige und integrale menschliche Entwicklung)
4. Caring for Our Common Future - through Protecting the Earth (… - durch das Schützen der Erde)


Im interreligiösen Gesprächskreis kamen wir, ohne die einzelnen Punkte anzusprechen, zu folgenden allgemeinen Lösungen, die wir auf zwei Ebenen aufteilten:



1. Die Arbeit an sich selbst:
- die genannten Probleme als zur menschlichen Natur gehörend
- egal ob man die Mächtigen oder die Otto Normalverbraucher beobachtet: überall kurzsichtiges, egoistisches Verhalten (Bsp.: Online-Käufe: viele bestellen mehr, als sie brauchen und schicken vieles zurück, egal, wie sehr das die Mitwelt belastet, ja manche bestellen gar Kleidung, ziehen sie übers Wochenende an und schicken sie dann zurück)
- wichtig ist es, diese Tendenzen in sich selbst zu bekämpfen
- Gier, Hass, Verblendung, wie es buddhistisch heißt, als menschliche Grundübel
- Religionen bieten Methoden, damit umzugehen
2. Die gesellschaftliche Ebene:
- keine Möglichkeit, oben genanntes Arbeiten an sich selbst gesamtgesellschaftlich durchzusetzen
- Kapitalismus/Neoliberalismus, aber auch Nationalismus als kausale Folgen o.g. rücksichtlosen Egoismusses
- Kritik an Shareholder-Value-Wirtschaft, nach der die Gewinne der Aktionäre das ökonomische Hauptziel sind
- wobei Adam Smith von heutigen Kapitalisten einseitig und oft falsch gelesen wird
- Akkumulation des Kapitals, wie Marx es nannte, ist heute zu beobachten und führt zur Reich-Arm-Schere, die bei den Armen wiederum die Aggression und Gewaltbereitschaft schürt und das Suchen nach Schuldigen oft an der falschen Stelle (Ausländer, Juden, Andersgläubige statt eben die kapitalistisch-neoliberalen Ökonomen)
- eine internationale gesetzliche und exekutive Steuerung der Finanzflüsse wäre notwendig, würde zwar die menschliche Natur nicht ändern, könnte aber Kriege, Mitweltzerstörung usw. verhindern und Frieden und Nachhaltigkeit fördern   


Ich freue mich wieder auf Eure/Ihre Zuschriften. 




Zum Abschluss aber noch ein Zitat aus „Hinter drei Sonnenaufgängen“:

„Der Beschleunigungskult führt dazu, dass manche Zeitgenossen den Eindruck gewinnen, innerhalb ihrer Lebenszeit mehr schaffen zu können, als die Vorfahren. Wie viele Kilometer machts Du in der Stunde, am Tag, im Jahr, im Leben? Ich vergewissere mich, dass mir kein Auto folgt, und versuche, mich in einen Langsamkeitsrausch hineinzusteigern, zieh den Fuß langsam vom Gaspedal zurück, bis ich Schritttempo fahre, weniger noch, bis ich fast stillstehe und eins werde mit meiner Umgebung. Die Rhodopenberge kommen mir auf einmal, wie Stufen zum Himmel, die unterste hellgrün, dunkelgrün die nächste, schwarzgrün, dann weiter schwarzblau und immer heller ins Grau, bis sich die Stufen verlieren und weit hinten in lichter Höhe im Dunst verschwinden. Die Potemkinsche Treppe ist nichts dagegen. Ich schwebe!“[2]
In diesem Sinne wünsche ich allen, langsam durchs Leben zu schweben!
Und wer es feiert, dem wünsche ich eine besinnliche Karwoche und dann ein frohes Osterfest!

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/
http://ifn-bonnregion.jimdo.com/

Wer jetzt noch etwas durchs Internet schweben will:


Zu Harald Grill:
http://haraldgrill.de/
https://www.br.de/service/suche/index.html?query=Harald+Grill
Zu Ernst Wiechert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Wiechert
Zu Anne Weiß & Stefan Bonner:
http://bonnerweiss.de/buecher/wir-kassettenkinder/
Zu André Franquin:
https://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_Franquin
Zu Hans-Joachim Klimkeit:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Joachim_Klimkeit
Zu Stephan Probst:
https://www.palliativ-portal.de/content/dr-med-stephan-probst
Zu Tovin Ben Chorin:
https://www.jewiki.net/wiki/Tovia_Ben-Chorin
https://www.deutschlandfunk.de/rabbiner-tovia-ben-chorin-ich-liebe-atheisten.886.de.html?dram:article_id=338853
Zu Gerhard Baader:
https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/fmi/institut/mitglieder/Ausserplanmaessige-_und_Honorarprofessorinnen_und_Professoren/baader.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Baader
Zur liberal-jüdischen Gemeinde Beth Shalom:
https://beth-shalom.de/
Zu Sakin Özıšık:
http://www.uni-bielefeld.de/fluege/promovierende/index.html
https://pub.uni-bielefeld.de/download/2901291/2901292/Sakin%20%C3%96zisik_Dissertation.pdf
Zu Religions for Peace:
http://www.religionsforpeace.de
https://de.wikipedia.org/wiki/Religions_for_Peace
https://rfp.org/press-release-religions-for-peace-announces-world-assembly-2019/
https://www.sonntagsblatt.de/artikel/familie/weltkonferenz-fuer-frieden-trifft-sich-2019-lindau




(Den Rundbrief schrieb ich am 10.4.2019 im Zug zwischen Siegburg und Bielefeld und vervollständigte ihn am 12.4. zu Hause.)




[1] Harald Grill. Hinter drei Sonnenaufgängen. Balkan-Streifzüge durch Rumänien und Bulgarien bis Odessa. Viechtach 2018 (edition lichtung), S.  406.
[2] Grill. Sonnenaufgänge. S. 384.

Interreligiöser Rundbrief für ... Nr. 2019-2 (02.05.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung 2019-2
(02.05.2019)



„Die soziale Forderung ist im Judentum ein Wesentliches und Notwendiges der Religion … Wer allein stehen will, zwar für sich nichts verlangend, aber auch keinem etwas leistend, der versündigt sich gegen Menschenrecht und Menschenwürde. Ein alter talmudischer Satz urteilt über ihn: >Zu sagen: Das Meinige ist mein und das Deinige ist dein – das ist Sodoms Denkungsart< …“[1]
Leo Baeck

Liebe Leser*innen,
der zweite interreligiöse Rundbrief innerhalb eines Monats? Und dazu noch ohne die Leser*innenbriefe zwischendurch? Ja, es treibt mich was dazu und hoffe, damit nicht zu nerven, aber vielleicht einen Nerv zu treffen.
 
Leserbrief
Trotz der Bitte um Ideen zu den Punkten der RfP-Weltversammlung 2019 am Ende des letzten Rundbriefes, kam nur ein einziger Leserbrief, und zwar von meinem BIM-Vorstandskollegen Uli Gilles, der nach zwei IFN-internen Themen ein ganz zentrales anspricht:
Ich habe eins der beigefügten Dokumente gelesen, kann aber nicht nachvollziehen, was gern gehörte Kapitalismuskritik mit interreligiösem Dialog zu tun hat.“
Und eben las ich das oben wiedergegebene Zitat von Leo Baeck.

Leo Baeck
Leo Baeck, einer der wichtigsten Denker des progressiven Judentums, geboren am 23.5.1873 in Lissa/Posen, schrieb sein Buch „Das Wesen des Judentums“ 1905. Von 1943 bis 1945 überlebte er das KZ Theresienstadt, wonach der in London lebte und wirkte. Bis zu seinem Tode am 2.11.1956 war er Präsident der World Union for Progressive Judaism.
Ich beginne gerade erst, mich mit ihm zu beschäftigen und merke: der Mann fordert mich heraus. Ich lese Passagen seines Werkes in dem Buch über Selbstzeugnisse des deutschen Judentum 1870-1945 und finde da so manche Aussage, die ich eher einem radikalen als einem liberalen Gläubigen zugetraut hätte. So distanziert er sein Judentum immer wieder von Polytheismus, von griechischem Denken, von der Antike und der Moderne zugleich und bringt Sätze wie: „Der gebietende Gott spricht unbedingt >du sollst< und >du sollst nicht<; er gibt Gebote, aber keine Ratschläge.“[2]Wenn man also jemandem beweisen will, dass liberale Religiosität keine Beliebigkeitsreligiosität ist oder zumindest keine sein muss, sondern auch radikal sein kann, dann empfehle man ihm die Lektüre Leo Baecks.

Herausforderung
Vor allem fordert er mich heraus, weil ich ein Gespür dafür habe, dass seine Texte wahrhaftig sind. Zwar spreche ihm ab, die Religionen und Philosophien, von denen er sich distanziert, richtig verstanden zu haben, denn seine Meinungen dazu sind mir zu einseitig apologetisch, aber das, was er über seinen eigenen Glauben schreibt, das Judentum oder zumindest sein Judentum, erscheint mir sehr authentisch.
Wenn er so betont, dass Gott Gebote und keine Ratschläge erteile, fordert mich das deswegen so heraus, weil ich von (modernen, westlichen) Buddhist*innen meistens höre, der Buddha habe eben keine Gebote, sondern Übungsanweisungen gegeben. Da vernehme ich also eine Ablehnung eines Denkens in Geboten und Verboten und stattdessen die Annahme von Ratschlägen und Übungsanweisungen. Und dabei heben beide Seiten die Verantwortung des Menschen hervor.

Vergleiche
Solche Vergleiche sind schwierig. Wahrscheinlich ist es falsch, hier einfach Aussagen gegenüberzustellen. Man muss nach dem Sitz dieser Aussagen im Leben fragen, nach der kontextuellen Bedeutung der so geäußerten Überzeugungen und Wertsetzungen. Was bedeutet „Gebot“ für die einen und „Übungsanweisung“ für die anderen? Ist ein Gebot verpflichtend und eine Übungsanweisung fakultativ? Ist ein gebietender Gott tyrannisch und ein ratender Buddha laissez faire? Kann man sich bei Geboten vor der Eigenverantwortung drücken oder bei Ratschlägen vor der Konsequenz der Nichtbefolgung?
Als Religionswissenschaftler wird mir geboten oder geraten, mich mit Bewertungen zurückzuhalten. Aber als gläubiger, spiritueller, philosophischer Mensch will ich wissen, was richtig oder wirklich ist. Mit Gustav Mensching sehe ich, dass es hier eher um Wirklichkeit als um Richtigkeit geht. Wie wirkt sich eine religiöse Überzeugung aus?

Pluralistische und komparative Religionstheologie
Theologi*innen und Philosoph*innen müssen sich diese Zurückhaltung nicht auferlegen. Sie brauchen sich nicht auf das Beschreiben und Analysieren zu beschränken, sondern dürften fragen: Was mache ich als Mensch jetzt damit? Pluralistische Religionstheolog*innen versuchen, interreligiöse Antworten zu finden und bemühen sich um eine Perspektive, die zugleich in und über den Religionen ist, also nicht um eine reine Außenperspektive wie Religionswissenschaftler*innen, sondern um eine Synthese von Innen- und Metaperspektive. Komparative Religionstheolog*innen bemühen sich, andere Religionen aus der Mitte ihrer eigenreligiösen Theologie heraus zu verstehen.

100%
Ich weiß nicht wer, aber jemand sagte mal: „Ich bin 100% Christin und 100% Buddhistin“. Ich dagegen empfinde mich eher als teils dies und teils jenes, aber nichts zu 100%. Sollte ich Religionstheologie betreiben, läge mit anscheinend die pluralistische näher als die komparative, denn es gibt keine zu einer verfassten Religion gehörende Theologie, die ich die meine nenne, und aus deren Mitte heraus ich versuchen könnte, andere Religionen zu verstehen.

Kontexte
Meine religionswissenschaftliche Bildung sagt mir, dass Religionen immer in gesamtgesellschaftlichen Kontexten existieren, also auch in wirtschaftlichen und politischen. IFN-Gründungsmitglied David Y. Clemen schrieb kürzlich an einem Buch namens „Das Religiöse ist politisch“ mit, das ich mir bestellt habe. Bin gespannt! Auch Leo Baeck sieht diese Kontexte, wie das obige Zitat zeigt. Religion, Politik, Wirtschaft und andere Bereiche menschlicher Kultur und Gesellschaft beeinflussen sich gegenseitig. Und so kann auch alles, was mit Religion in einem wechselseitigen Beeinflussungsverhältnis steht, Thema des interreligiösen Dialogs sein.

Keine Eindeutigkeit
Welche politischen oder wirtschaftlichen Meinungen ein religiöser Mensch vertritt, kann man nicht vorhersagen. Weder jüdische, noch christliche oder islamische oder buddhistische, noch sonst eine Religiosität ist zwangsläufig mit einer bestimmten politischen oder wirtschaftlichen Richtung verbunden. Überall gibt es Konservative, Liberale, Sozialisten, Nationalisten, Kommunisten und so weiter. Aber darüber zu reden, welche Meinung jemand hat, und wie er*sie diese Meinung mit seiner*ihrer Religion in Verbindung bringt, ist spannend. Und wenn eine interreligiöse Gesprächsgruppe über die Religionsgrenzen hinweg zu einer Kritik an bestehenden kapitalistischen Zuständen gelangt, aus der Erkenntnis heraus, dass Ungerechtigkeit und unverschuldete Armut zum Unfrieden beiträgt und Friedensarbeit dort ansetzen muss und sich nicht auf Gespräche über die „reine“ Religion, also Glaubensinhalte, Riten und so weiter  beschränken darf, dann ist das einem interreligiösen Dialog überhaupt nicht fremd. Und Leo Baeck zeigt ja, dass man auch aus der Mitte der eigenen Theologie heraus zu einer solchen Kapitalismuskritik kommen kann – wenn auch nicht muss.

Radikalität
Das Spannungsverhältnis zwischen Radikalität und Liberalität wird mich noch weiter beschäftigen. Sind Terroristen, wie die, die in Neuseeland, Sri Lanka und den USA in den letzten Wochen Andersgläubige ermordeten, radikal im Sinne der Radikalität Leo Baecks? Oder mangelt es ihnen nicht vielmehr an einer echten Radikalität des Glaubens? Denn hätten sie diese, bräuchten sie ihrer Religiosität oder Weltanschauung nicht im Hass auf Andersgläubige Ausdruck zu verleihen, denn sie würden keinen Hass empfinden. Oder ist der einzige Weg zum Frieden die Überwindung jeder Form von Radikalität? Ich gelange jedenfalls zu einer neuen Bewertung dieses Begriffs und trenne ihn nicht mehr so eindeutig von dem der Liberalität. Überhaupt meine ich, dass eindeutige Begriffsbewertungen zur Einseitigkeit neigen, ohne dass ich deshalb einer Beliebigkeit der Begriffsverwendung das Wort reden möchte.


Oder wie denken Sie/denkt Ihr darüber? Leser*innenbriefe sind wieder willkommen, auch gerne noch zu den Punkten der RfP-Weltversammlung.

Ich ende mit noch einem Zitat von Leo Baeck;
„Auch im Sozialen wendet sich das Judentum gegen die Vorstellung von einem Fatum. Und gegenüber dem Elend vor allem gilt es, das wir in der Armut vor uns sehen. Nicht ein Schicksal spricht in ihr zu uns, sondern das Wort zu einer bestimmten Pflicht. Der Arme ist der Mitmensch im besonderen Sinn des Gebotes…
Das Wort >Armer< ist ein Wort, das die Bibel mit Andacht, mit Ehrfurcht ausspricht, wie in heiliger Scheu. Und auch am Armen ganz wie am Knechte und am Fremdling, wird Israel an sein eigenes Los gemahnt, an seine Gedrücktheit auf Erden.“[3]        



Hier noch ein paar Links für die, die das eine oder andere vertiefen möchten:

Leo Baeck:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Baeck
https://www.lbi.org/

(geschrieben am Dienstag, dem 30.4.2019 im Zug von Köln nach Bielefeld; Links gesetzt am 2.5.2019 zu Hause in Siegburg)



[1] Leo Baeck. Aus: Das Wesen des Judentums, 6. Aufl., Köln 1958, S. 227ff., hier zitiert nach: Achim von Borries (Hrsg.). Selbstzeugnisse des deutschen Judentums 1870-1945, Frankfurt a.M. 1962 (Fischer), S. 112.
[2] Ebd. S. 142 (Wesen) bzw. S. 109 (Selbstzeugnisse).
[3] Ebd. S. 227ff. (Wesen) bzw. S. 113 (Selbstzeugnisse).

Interreligiöser Rundbrief ... - Spezial: Nachruf auf Dr. Jeannette Spenlen (01.09.1958 – 28.04.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung - Spezial:
Nachruf auf Dr. Jeannette Spenlen (01.09.1958 – 28.04.2019)
(17.05.2019)


Mit Bestürzung vernahm ich vorletzte Woche die Nachricht vom Tode Jeannette Spenlens. Nur wenige Monate nach der Diagnose Krebs, mitten in der Therapie, die gut anschlug und voller Lebensfreude und Pläne für die Zeit nach der Gesundung, starb sie dennoch plötzlich und nicht erwartet. Sie hinterlässt ihre Eltern, ihren Mann und ihren Sohn.

Und sie hinterlässt viele Menschen, die mit ihr in zahlreichen interkulturellen und interreligiösen Organisationen tätig und verbunden waren, so bei Religions for Peace, im Bonner Institut für Migrationsforschung und interkulturelles Lernen, im Interreligiösen Friedensnetzwerk Bonn und Region, beim Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst, in der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft, in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, im Lion’s Club und im Engagement Global. Haupt- und Ehrenämter bildeten für sie keine Gegensätze, sondern ergänzten einander, wenngleich das jeweilige Hauptamt in der Forderung nach Arbeitszeit immer wieder mehr Tribut forderte.

Der promovierten Religionswissenschaftlerin und gläubigen katholischen Christin lag vor allem der christlich-islamische Dialog und die Integration von Muslimen in Deutschland, sowie die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern am Herzen. Ihre Dissertation, die sie 1993 fertiggestellt hat, trägt den Titel „Sexualethik und Familienplanung im muslimischen und christlichen Ägypten“.
Viel besser als ich konnte sie sich in die Sichtweisen traditioneller gläubiger Menschen einfühlen, zum Beispiel darein, dass ihnen bestimmte Dinge nicht nur nicht erlaubt, sondern schlichtweg nicht möglich sind. Dass es mit dem Dialog in Bonn, besonders in Bad Godesberg, wo sie wohnte, in den letzten Jahren etwas schleppend und holprig vor sich ging, erfüllte sie mit Traurigkeit und etwas Resignation. Und doch startete sie immer wieder durch und gab nicht auf.

Alle, die direkt mit ihr zu tun hatten, vermissen sie nun. So lange ich in Bonn interreligiös aktiv bin, war Jeannette dabei. Wir hoffen, die gemeinsame Arbeit auch in ihrem Sinne fortsetzen zu können.


Das eine möchte ich Euch allen ans Herz legen:
Leben und Tod sind eine ernste Sache.
Darum seid stets achtsam,
Niemals achtlos,
Niemals nachlässig!

Abendruf aus dem Zen-Buddhismus


Hier gibt es die Möglichkeit, eine virtuelle Kerze für sie anzuzünden: https://trauer.general-anzeiger-bonn.de/traueranzeige/jeannette-spenlen/gedenkkerzen
(Das dort angegeben Geburtsjahr stimmt meines Wissens nicht.)

Und lassen wir sie doch auch selber noch einmal zu Wort kommen, in ihrem Interview bei Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst vom 17.03.2012 über Religiöse Erziehung im Islam: Gender-Perspektiven, Elternbilder und ethischen Kontext in Deutschland und Ägypten: https://www.remid.de/blog/2012/03/religioese-erziehung-im-islam-gender-perspektiven-elternbilder-und-ethnischer-kontext-in-deutschland-und-aegypten/

Dr. Michael A. Schmiedel
im Namen des Interreligiösen Friedensnetzwerkes Bonn und Region, von Religions for Peace Bonn/Köln und des Bonner Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen

  

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-3 (02.09.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2019-3
(02.09.2019)


„Ich finde immer diesen Vorwurf: ‚Ja, es wird viel geredet!‘ Ja was sollen die Alternativen sein? Nicht miteinander reden? Die Waffen sprechen lassen? Ich glaube, der Schlüssel zu jedem Frieden ist Dialog!“
Nikodemus Schnabel OSB

Liebe Leserinnen und Leser,
dieser Rundbrief ist eigentlich in erster Linie eine Linksammlung. Vom 19. bis zum 23. August 2019 fand in Lindau die 10. Weltversammlung von Religions for Peace statt. Die erste war 1970 in Kyoto. Ich hatte mich darauf gefreut, endlich mal an einer Weltversammlung teilnehmen zu können, aber zunächst hatten wir deutschen RfP-Mitglieder ein viel zu kleines Kontingent an Plätzen für Delegierte, und als das Kontingent erhöht wurde, hatten meine Frau und ich einen Urlaub am Bodensee geplant, bei dem wir an einigen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen wollten. Außer Religions für Peace waren nämlich auch die Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft SdbR und das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland an der Organisation beteiligt, so dass die Planung etwas kompliziert war. So kam es dann, dass ich nur Zaungast der Weltversammlung war.

Doch hier zunächst mal ein Foto der schönsten Aussicht einer Reise, von der ich rechtzeitig zurück gekehrt war: http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/97640/newsletter.html (1. Beitrag von oben.)

Im Vorfeld der Weltversammlung wurde ich nach der Rückkehr aus Irland und Wales in der Sendung „Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft“ im Deutschlandfunk von Gerald Beyrodt über die Weltversammlung, aber auch generell über Religionen, Frieden und Gewalt interviewt. Das Interview findet Ihr hier:
https://www.deutschlandfunk.de/religionen-fuer-den-frieden-religionen-sind-nicht-per-se.886.de.html?dram:article_id=456600

Da Gerald Beyrodt auch für den WDR arbeitet, hat er eine Passage aus dem Interview auch in die Sendung „Diesseits von Eden“ auf WDR5 mitgenommen:
https://wdrmedien-a.akamaihd.net/medp/podcast/weltweit/fsk0/198/1988681/wdr5diesseitsvonedenganzesendung_2019-08-25_diesseitsvonedenganzesendung25082019_wdr5.mp3(ab 8.30, wobei er mich kurzerhand in Schmidt umbenannte)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war auch auf der Weltversammlung und hielt eine Rede, die man hier nachhören kann:
http://vimp.schwaebische.de/getMedia.php?key=a4e5de7c1b60df56dc62aa0e84996e92&format=Default&type=mp4

In „Tag für Tag“ kam dann auch noch ein schöner Beitrag über die interreligiöse Tafel, zu der im Rahmen der Weltversammlung von den Lindauer Bürgern eingeladen wurde: https://www.deutschlandfunk.de/interreligoese-tafel-bei-religions-for-peace-hier-der.886.de.html?dram:article_id=456998.
Da war ich auch dabei und habe erstmals in meinem Leben mit einem Jaina an einem Tisch gesessen.



Im BR gab es diesen Beitrag über die Frauenkonferenz im Rahmen der Weltversammlung: https://www.br.de/nachrichten/kultur/welche-rolle-spielen-frauen-in-den-religionen,RaF5deV
Auf SR2 gab noch eine Sendung von Oliver Buchholz, für die ich auch noch interviewt wurde, sowie der oben von mir zitierte Nikodemus Schnabel:
http://sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=12052&pnr=&tbl=pf

Und schließlich gab es noch einen kleinen Betrag von mir im Siegburg aktuell Newsletter: http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/97869/newsletter.html(2.Beitrag von oben.)

Sicher gab es noch mehr Beiträge in Zeitungen, Radio und Fernsehen, mehr habe ich aber gerade nicht zur Hand. Doch hier gibt es einen Überblick aus der Schwäbischen bzw. Lindauer Zeitung: https://www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-lindau/lindau_dossier,-religions-for-peace-in-lindaudialog-der-weltreligionen-alle-informationen-_doid,3175.html

RfP-International hat jetzt zudem eine neue Generalsekretärin: Azza Karam, die erste Frau auf dem Posten seit 49 Jahren. Dazu fand ich eben noch diesen Artikel im Sonntagsblatt: https://www.sonntagsblatt.de/artikel/glaube/azza-karam-als-erste-frau-die-spitze-von-religions-peace-gewaehlt, und darunter gibt es weitere über die Weltversammlung. Ein englisches Interview Interview mit ihr fand ich auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=ga_Ke5b6RhU    

Hier findet Ihr zudem die Website vom Ring for peace: https://de.ringforpeace.org/

Was bleibt? Auch als Zaungast war ich schwer beeindruckt von der Stimmung. Da kam zum Beispiel ein christlich-orthodoxer Priester aus Kenia auf mich zu und bedankte sich bei mir für die Gastfreundschaft und ließ sich mit mir fotografieren. Und Rabbiner Tovia Ben-Chorin, den ich von anderen Tagungen her kenne und der zum ersten Mal auf einer solchen interreligiösen Tagung war, meinte, das seien zwar weniger Religions for Peace als Pieces of Religions, aber irgendwie müsse man ja anfangen. Vor der Inselhalle, in der die Tagung stattfand, kam ich auch mit zwei Gegendemonstranten ins Gespräch. Der eine war ein Atheist, der gegen ein Zuviel an Religion in unserer Gesellschaft und Politik demonstrierte, der andere ein evangelikaler Christ, der meinte, die Ökumene sei ein Vorzeichen des Endgerichts und vom Satan. Interessanterweise standen die beiden so unterschiedlichen Menschen einträchtig in ihrer Gegenposition gegen die Weltversammlung nebeneinander, aber erst als ich beide gleichzeitig ansprach, schüttelten sie nicht nur mir, sondern auch sich gegenseitig die Hände. Nicht zum Händeschütteln aufgelegt waren aber zwei Sicherheitsleute, die den Atheisten aufforderten, zwei Schritte bis hinter die Poller zurückzutreten, da er nicht akkreditiert sei und die Veranstalter ihn hier nicht haben wollten. Das fand ich ehrlich gesagt beschämend für eine Dialogveranstaltung, einen friedlichen Demonstranten so des Platzes zu verweisen! Eine Akkreditierung brauchte man für die Halle, nicht für den Platz davor mit dem Markt der Möglichkeiten. Der so Verwiesene war indes froh, dass sie ihn nicht wegen einer unangemeldeten Demonstration an die Polizei weitergereicht haben. Wir hatten jedenfalls ein gutes Gespräch über Religionen, Säkularismus, Politik, Religionsunterricht und anderes. Wir drei verabschiedeten uns friedlich voneinander, und auch andere RfP-Kollegen waren vorher oder zwischendurch mit ihnen im friedlichen Gespräch gewesen. Tja, es bleibt noch einiges zu tun für den Weltfrieden!
Aber nicht verzagen, auch kleine Schritte sind Schritte, so wie das interkulturelle Gebet auf dem Siegburger Stadtfest am 27.8.2019, ganz unabhängig von RfP und auch vom IFN, wovon hier ein Beitrag berichtet: http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/97798/newsletter.html (2.Beitrag von oben; Text von der Redaktion)

Bei der Gelegenheit möchte ich auch die Arbeit der Journalist*innen hervorheben, ohne die die allermeisten Menschen nichts von der RfP-Weltversammlung erfahren hätten. Auch ihre kritischen Fragen halte ich für sehr wichtig. Um dermaßen kritisch sein zu können, müssen sie aber unabhängig sein von politischen, religiösen und auch von wissenschaftlichen Vorgaben, sowie einigermaßen von Einschaltquoten. Ich sage also vollkommen überzeugt ja zu einer Verbindung von Pressefreiheit und öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Fernsehen. Nachdem ich nun auch mal hinter die Kulissen meiner Lieblingsradiosendung schauen konnte, höre ich sie noch wieder etwas anders als vorher. 

Auch das sind wertvolle und gute Erfahrungen.

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/
 



(geschrieben am 2.9.2019 zu Hause in Siegburg)

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-4 (21.09.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2019-4
(02.09.2019)


Liebe Leserinnen und Leser,
ich möchte in diesem Rundbrief einen Gastbeitrag rundschicken, der mehr ist, als nur ein Leserinnenbrief. Und zwar hatte ich vorgestern einen Aufruf von Avaz in zwei Verteilern weitergeleitet, der dazu aufrief, das Bundeskanzleramt anzurufen und die Bundeskanzlerin daran zu erinnern, ein gutes Klimapaket zu verabschieden. Dazu schrieb ich, das sei eine gute Möglichkeit sich für den Klimaschutz zu engagieren, auch wenn man, so wie ich, kein großer Demonstrationsgänger sei. Das nahm dann Monika Winkelmann zum Anlass für ihren Rundbrief, der nun folgt:


Liebe Weggefährten interreligiösen Miteinanders,
natürlich auch: lieber Michael,

danke für Deine offenen Worte bezüglich Demonstrierens und Deinen Alternativ-Vorschlag. Klar ist direkte Kontaktaufnahme mit Abgeordneten oder Petitionen "erfinden", unterschreiben, weiterleiten ebenso wichtig, daher danke für diese Inspiration/Information.

Dennoch erlaube ich mir, meine Frustration darüber auszudrücken, dass ich zu viele Freundinnen und Freunde, Bekannte und Kollegen, buddhistische und andere "Religiöse" auf der Straße vermisse. Zum Beispiel begrüße ich sehr, dass der protestantische Präses Herr Bedford-Strohm (Ich hoffe, ich schreibe seinen Namen und seine Stellung korrekt, sonst nehmt es mir bitte nicht übel, darauf kommt es mir nicht in erster Linie an) kürzlich in Sizilien war, um sich selber ein Bild von der Lage der Geflüchteten auf einem der Schiffe zu machen, die wochenlang keinen offenen Hafen fanden, der sie aufnahm. Was bei ihm zu glaubhafter Erschütterung geführt hat - was Anderes war auch nicht zu erwarten - und er mit der Synode gemeinsam den Erwerb und Einsatz eines Schiffes zur Seenotrettung vorgeschlagen hat, der meines Wissens auch angenommen worden ist.

Ich möchte als "Älteste" von 67 Jahren wirklich daran appellieren, dass auch unsere Demokratie, die wir vielleicht für stabil halten und von der wir vielleicht annehmen, dass nun die Jungen dran wären, sie zu schützen, wie jede Demokratie mit den Mitteln, die sie anbietet, zu verteidigen ist. Heute mehr denn je. Die Angst ("climate grief", "climate terror") "unserer" Kinder und Jugendlichen, sollte - und hier werde ich durchaus moralisch - uns angehen. Denn, so inspirierend Mut, Inspiration, Opferbereitschaft von jungen Menschen, überwiegend: jungen Frauen, in der Welt ist - so sehr haben sie Recht mit ihren deutlichen Hinweisen darauf, dass unsere Generation versagt hat.

Als ich von 1983-91 bei der Fraktion DIE GRÜNEN IM BUNDESTAG arbeitete, lagen die Fakten, die heute nur noch von Ganzhartgesottenen dumpf geleugnet werden, auch schon auf dem Tisch. Und was haben wir gemacht: Spenden an Greenpeace gegeben? Auf Diesel umgestellt? Vegetarisch gegessen? Agrotouristischen Urlaub gebucht?  Die Grünen von damals fuhren Fahrrad im Tulpenfeld und mit der Bahn, wie mein Abgeordneter, nach Berlin.

Ich bin ganz entschieden der Ansicht, dass die Kinder und die Jugendlichen auf den Straßen unserer Städte, mit ihren wunderbar kreativen Aktionen, die schon Druck erzeugen sollen, aber keine Angst, keine Einschüchterung, erwarten dürfen, dass wir
- ihnen zuhören (XR-Ortsgruppe Bonn tagt Montags abends in der Alten VHS), unsere Meinung teilen, unsere Unterstützung in vielfältiger Weise anbieten
- bei fff Freitagvormittags mitlaufen, oder den anderen Gruppen: parentsforfuture, scientistsforfuture, psychologistsforfuture...seebrücke, und dergleichen, mitmachen
- dass wir uns schlau machen, wer die GründerInnen der Bewegung(en) sind, um mitreden zu können
- David Loy mit seinem wunderbaren Buch "EcoDharma" kennen lernen, sowie die beiden wunderbaren "Ältesten"Öko-Aktivistinnen der ersten Stunde, Jane Godall, Johanna Macy, mal wieder zur Hand nehmen. Im Übrigen hatten schon die GründerInnen des Zen Peacemaker Ordens, zu denen Bernie Glassman, Joan Halifax, Wendy Egyaku Nakao, Sandra Holmes... zählten, in den Gelübden, die ich genommen habe: Die Gleichstellung von Mann und Frau,  die Bewahrung der Heiligen Elemente ...u.a. aufgenommen, was für viele Tempel, Meditationshallen, Kirchen noch immer nicht selbst selbstverständlich ist.
- und... uns gegenseitig ermutigen, inspirieren, aufklären..., denn dass wir mittendrin sind, in der Klimakatastrophe, zu der sich jetzt schon einige Unternehmen bekennen, die ihre Mitarbeiter*innen gestern frei gestellt haben, und wo nicht wir, so Tausende von Menschen, Tieren, Wälder in anderen Ländern sterben, leiden..., das - davon hoffe ich doch, dass wir dieses Wissen teilen.
Sind wir bereit und offen, konkrete Hilfestellung zu leisten? Schnell miteinander in Kontakt zu treten, wenn und wo Not am Mann/an der Frau sind? In Süddeutschland ist ein Pfarrer verurteilt worden, weil er und seine Frau Kirchenasyl gewährt haben... - wozu sind wir als IFN da, wenn nicht, solche oder ähnlich beherzte Zeugnisse von Menschlichkeit publik zu machen, zu intervenieren, solidarische Hilfe anzubieten?

Aus meiner Sicht gibt es eine Art "moralischer Apathie"(Joan Halifax Roshi in ihrem Buch: "Standing at the Edge" bzw. auf Deutsch: "Gratwanderung") in den wohlhabenden Ländern, und ich frage mich:

Wie nehmen wir als ganz überwiegend Ältere, "Älteste" im besten Sinne, unsere Verantwortung wahr?

Ich möchte hier keine Diskussion anstiften, weil ich niemanden beschämen und auch nicht Recht haben möchte.

Wenn ich zum Nachdenken anrege und einen winzig kleinen Anstoß geben kann, ist das genug; wenn nicht, auch.

Ich habe nämlich sehr viel zu tun, auch damit, in der Balance zu bleiben, gerade wegen meines (auch zunehmend schriftlichen) Engagements.

Eine (Buch-)studiengruppe gepaart mit Aktionen "im Feld", die informiert ist von ethischen, interreligiösen/lebensbewahrenden Richtlinien, und reihum geleitet wird, könnte ich mir vorstellen - eine Gruppe, in der zu Beginn und am Ende auch meditiert, gebetet wird. So eine Gruppe entspräche dem, was ich mir unter gelebter Interreligiosität in meiner Stadt AUCH vorstelle - damit will ich meinen Respekt zum Ausdruck bringen vor dem, was bereits ehrenamtlich und an vielen Stellen, in vielen Gemeinden und anderswo, tagtäglich und seit vielen Jahren geleistet wurde und wird.

Mit besten Wünschen für ein gutes, ein gesegnetes Wochenende!
Monika Winkelmann

MONIKA WINKELMANN - LIEBE IN AKTION
Zertifizierte Lehrerin des Kreativen Schreibens
Poesietherapeutin, Schreib-/Text-Coaching
1999-2019 Leitung Schreibschule KALLIOPE
2019- PPA+ Poesiepädagoische Ausbildung
(Zen-)Buddhistische Meditation, Einführungen, Zen-Tage, Zen-Peacemaker-Kreise
Geistliche Begleitung: Einzeln und in Gruppen
53129 BONN
0228/443939, 0163/2695423
www.winkelmann-seminare.de
BLOG: https://www.ursachewirkung.at/autoren/44:monikawinkelmann

Soweit Monika Winkelmann, die übrigens auch Co-Sprecherin im IFN ist. Ich lasse es für sich stehen und auf mich wirken. Vielleicht schaffe ich nächste oder übernächste Woche auch noch einen eigenen Text.

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/



(geschrieben am 21.9.2019 zu Hause in Bonn (Monika) bzw. Siegburg (ich))

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-5 (24.10.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2019-5
(24.10.2019)


„Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall.
An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen
dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,
nicht von Hunger und Furcht gequält,
nicht zerrissen durch sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.
Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen,
damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen.
Amen“
Gebet der Vereinten Nationen 

Liebe Leserinnen und Leser,

das Gebet oben entnahm ich einer Textsammlung, zusammengestellt für die Veranstaltung „Interreligiöses Gebet für die Schöpfung im Rahmen der interreligiösen Naturschutzwoche“, und zwar der in Köln, maßgeblich organisiert von der Religionswissenschaftlerin Cary Dohe. Diese konkrete Veranstaltung fand am Sonntag, dem 15.9.2019 bei Kerpen-Buir am Rande des Hambacher Forstes statt, der dem Wahnsinn geopfert wird. Ein Tag später fanden unsere Bonner GEBETe der Religionen im Alten Rathaus in Bonn statt. Interreligiöse Naturschutz- und Gebetsveranstaltungen gibt es inzwischen viele in Deutschland. Sie scheinen notwendig zu sein, auch wenn man sich fragen mag, ob sie die Not wenden können, die Not die durch menschliches Verhalten entsteht, durch das wir Menschen unsere eigenen Vorteile ohne Rücksicht auf andere Menschen, Tiere, Pflanzen und andere Lebewesen zu realisieren versuchen.

Was nützen schon Gebete? Was nützt ein Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit? Reinhold Mokrosch von Religions for Peace Osnabrück sagte, einige Leute hätten zu Veranstaltungen zu Naturschutz und Religion gesagt, zum Naturschutz-Teil kämen sie gerne, Religion interessiere sie nicht. Ja, wozu bringt man denn da Religion ins Spiel, wo es doch eine Angelegenheit der Politik, der Wissenschaft und der Wirtschaft ist, für Frieden und Naturschutz zu sorgen? Nun ja, Wissenschaftler*innen warnen seit 40 Jahren vor den Folgen des CO2-Ausstoßes, vor den Folgen wirtschaftlicher Ausbeutung noch viel Länger. Politiker*innen, sofern nicht nur an der eigenen Macht interessiert, versuchen das so genannte Menschenmögliche, aber müssen vor allem immer wieder Rücksicht auf wirtschaftliche Interessen nehmen. Und die Wirtschaftler*innen, sofern nicht nur am eigenen Profit interessiert, müssen im Konkurrenzsystem bestehen, wenn sie nicht Konkurs anmelden wollen. Und im Konkurrenzsystem geben die Profitsüchtigen den Ton, das Tempo und die Richtung an, bis hin zu den Konsument*innen, deren Profitgier darin besteht, möglichst wenig Geld für möglichst viele Waren ausgeben zu wollen. Bleibt uns also doch nur noch das Gebet zur Notwendung?

Auf der kommenden Bonner Buchmesse Migration wird das Interreligiöse Friedensnetzwerk Bonn und Region ein Podiumsgespräch zum Thema „Religion und Politik“ durchführen. Ich bin gespannt, was wir alles dabei besprechen werden. Von „Religion ist Privatsache“ bis „die Politiker sollten sich mehr an religiösen Werten orientieren“ kann alles aufs Tablett kommen. Auch „Politik hat in Predigten nichts zu suchen“ könnte eine Forderung sein. Wir sind es gewohnt, den verschiedenen Untersystemen von Kultur und Gesellschaft, also Politik, Wirtschaft, Religion, Wissenschaft, Kunst und so weiter jeweils eine Freiheit von den anderen zuzugestehen. Neulich besuchte ich im Siegburger Pumpwerk eine Veranstaltung zum Thema „Freiheit der Kunst“ und zwar von der Instrumentalisierung durch Politik. Ich gab dabei zu bedenken, dass, wenn die verschiedenen Systeme immer mehr nur auf ihre jeweilige Freiheit pochen, die Integration des Ganzen verlorengehen könnte. Selbst die Unteruntersysteme wie die verschiedenen Wissenschaften pochen auf ihre jeweilige Unabhängigkeit voneinander. Mir scheint das extrem zu sein, nicht weniger, als wenn ein Subsystem alle anderen beherrschen will. Das scheint mir die Wirtschaft nämlich zu tun, die als alleiniges Untersystem meint, nur wirtschaftlichen Gesetzen folgen zu müssen, während alle anderen neben den je eigenen auch noch den wirtschaftlichen Zwängen untertan sind. Wäre es nicht besser, wenn alle ihre Freiheit zumindest hin und wieder dazu benutzten, sich des gemeinsamen Kulturseins bewusst zu werden und gemeinsam daran arbeiten, Probleme zu lösen, interdisziplinär, interreligiös, interkulturell?

Und während solche Gedanken in mir reifen steigt die globale Temperatur unaufhörlich, ermordet ein Terrorist zwei Menschen vor der Synagoge in Halle, weil er in die Synagoge nicht hinein kommt und lässt der türkische Präsident seine Truppen in den auf syrischem Staatsgebiet befindlichen Teil Kurdistans einmarschieren und nennt die, die ihr Land, ihre Freiheit und ihr Leben verteidigen „Terroristen“. Ich fühle mich an den deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakei 1938 erinnert und den in Polen im Jahr darauf. Ja, wir hatten auch mal so einen Führer. Wir brauchen da nicht mit den Fingern auf die Türken zu zeigen. Gier nach Macht ist weltweit vorhanden und manchmal personifiziert sie sich sogar in demokratisch gewählten Politikern. Aber es ist schon zum Verzweifeln, dass es mit dem Wahnsinn gar kein Ende nehmen will! Da ist mir zum Beten zu Mute!

Dabei haben die meisten von uns das Glück, noch nicht direkt betroffen zu sein. Noch geht es uns gut. Noch haben wir unseren Wohlstand, noch recht große Sicherheit auf den Straßen und in unseren Heimen, noch haben wir genug zu essen und zu trinken, noch müssen wir nicht um Trinkwasser kämpfen oder uns gegen Pogrome durch Menschen verteidigen, die für ihre Misere Schuldige suchen, die am besten schwächer sind als sie selbst. Noch nicht! Und damit das so bleibt, machen wir die Augen zu, ziehen die Vorhänge vor, ziehen die Zugbrücke hoch, und sagen, das alles habe mit uns ja gar nichts zu tun. Das Klima habe sich schon immer gewandelt, Kriege habe es schon immer gegeben und Juden seien schon immer verfolgt worden. Alles ganz normal! Wir seien unschuldig an all dem. 

Und in diesem Stadium der Selbstzufriedenheit fordern wir die fein säuberliche Trennung der gesellschaftlichen Bereiche voneinander. Derweil aber, anfangs unbemerkt, sitzt da ein Mädchen in Stockholm und fordert ganz alleine eine Wende der Klimapolitik. Sie bleibt nicht lange alleine, Schüler*innen setzen sich zu ihr, die Medien, dann die Politik werden auf die aufmerksam, und ein Jahr später demonstrieren weltweit Hunderttausende von vor allem jungen Leuten und skandieren „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“. Die Gretchenfrage lautet nicht mehr „Wie hältst du es mit der Religion?“, sondern „Wie hältst du es mit dem Klima?“ „Die Natur lässt nicht mit sich verhandeln“, sagt der UN-Generalsekretär. Und Greta Thunberg spielt wahrscheinlich unbewusst einen Trumpf aus: sie ist (noch fast) ein Kind, sie ist ein Mädchen, so dass die Menschen, wohl auch zumeist unbewusst, Vorstellungen von kindlicher, jungfräulicher Reinheit auf sie projizieren. Zudem haben seit „Rain Man“ viele Filme und Fernsehserien eine Sympathie für Menschen mit Asperger Syndrom wachsen lassen, jene Menschen, die zugleich hoch intelligent und doch irgendwie sehr naiv erscheinen, wodurch sie auch wieder das Gefühl kindlicher Unschuld wachsen lassen. Und dann redet Greta wie eine Prophetin. Oder ist sie gar eine? „Es wird geschehen, ob ihr es wollt oder nicht“, sagt sie und warnt, ja droht: „Dass ihr es wagt!“  Ja, vielleicht spricht da eine Prophetin vor den Vereinten Nationen.  UN? Ach ja, da sind wir wieder beim Gebet der Vereinten Nationen. Ich weiß nicht, aus welchem Jahr es stammt, sicher nicht erst aus diesem oder dem letzten. Da vereinen sich Politik und Religion sinnvoll.

Zu beten ist aber keine Alternative zum politischen und wirtschaftlichen Handeln, sondern eine Ergänzung, eine Unterstützung, eine Kraftquelle. „Zuerst binde dein Kamel an und dann vertraue auf Gott, dass es nicht wegläuft“ heißt es in islamischen Sprichwort. Ähnliche Weisheiten findet man in vielen Religionen. Zur Weisheit gehört Wissen, für das Wissen sorgt vor allem die Wissenschaft. Die kann man ignorieren, was nicht weise wäre. Die Natur hat uns die Fähigkeit des Denkens geschenkt. Wir haben vom Baum der Erkenntnis gegessen. Nun sollten wir aber auch mal die Konsequenzen ziehen und lernen, das Denken auch richtig zu benutzen. Nicht nur um Macht und Profit zu erlangen, sondern um zu überleben auf diesem Planeten und dann um gut miteinander zu leben, auf diesem winzigen Gestirn namens Erde.

Die Natur schenkte uns aber noch eine andere Fähigkeit: das Fühlen. Das funktioniert meistens noch besser, aber noch nicht optimal. Das Problem ist, dass Denken und Fühlen oft nicht miteinander harmonieren. Wissenschaftler*innen sagen, unser Fühlen befinde sich oft noch in der Steinzeit, unser Denken in der Zeit der Raumfahrt. Stammesdenken, also Kleingruppensolidarität, verhindere oft das Fühlen und Denken in globalen Maßstäben und die Solidarität mit Mitgliedern anderer Stämme, also Gruppen, sagt die Neurowissenschaftlerin Maren Urner. Wir müssen also nicht nur richtig denken, sondern auch richtig fühlen lernen, um die Not zu wenden. Religion hat viel mit Gefühlen zu tun. So sagte schon 1917 Rudolf Otto, in religiösen Begegnungen fühlten wir Faszination, Schrecken und Erhabenheit. Das müssen wir mal an uns heranlassen. Mitgefühl und Nächstenliebe sind ethische Forderungen auf Gefühlsbasis. Gekoppelt mit der Weisheit richtigen Denkens können sie uns fähig machen, die Not zu wenden. „Mitgefühl ohne Weisheit ist blind, Weisheit ohne Mitgefühl ist kaltherzig“, sagt ein buddhistisches Sprichwort. Gebete und Meditationen können uns helfen, das richtige Denken und das richtige Fühlen zu trainieren. Strategien der Steinzeit helfen heute wenig. 
Lasst uns endlich im Heute ankommen, damit wir auch morgen noch auf dieser Erde leben können, denn wir haben nur diese eine!   
     


Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/


(geschrieben am 23.10.2019 in zwei Zügen zwischen Bielefeld, Köln und Siegburg)

Hier noch ein paar weiterführende Links:





Paula Konersmann. „Ach, jetzt machen die Religionen auch noch Naturschutz“. Katolisch.de am 2.9.2018:
https://www.katholisch.de/artikel/18780-ach-jetzt-machen-die-religionen-auch-noch-naturschutz

Bonner Buchmesse Migration: https://www.bonnerbuchmessemigration.de/

 

ZDF. Markus Lanz vom 22. Oktober 2019. Zu Gast: Zu Gast: Kriminalbiologe Mark Benecke, Politiker Klaus Töpfer, Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Neurowissenschaftlerin Maren Urner: https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-22-oktober-2019-100.html


Das Phänomen Thunberg. Greta als Allheilsbotschafterin. Carsten Schmiester im Gespräch mit Axel Rahmlow. Interview / Archiv | Beitrag vom 17.04.2019. Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-phaenomen-thunberg-greta-als-allheilsbotschafterin.1008.de.html?dram:article_id=446640


Anschlag in Halle (Saale) 2019. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_in_Halle_%28Saale%29_2019 

Türkische Invasion in Nordsyrien. Islamkenner: Keine Siegesgebete in deutschen DITIB-Gemeinden. Abdul-Ahmad Rashid im Gespräch mit Levent Aktoprak. In: Tag für Tag, aus Religion und Gesellschaft. Deutschlandfunk am 22.10.2019: https://www.deutschlandfunk.de/tuerkische-invasion-in-nordsyrien-islamkenner-keine.886.de.html?dram:article_id=461662


Maren Urner. Perspective Daily: https://perspective-daily.de/article/author/5 


ZDF. Terra X. Wildes Wetter – Auf den Spuren der Klimaforschung. Sendung vom 20.10.2019:  https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/wildes-wetter-auf-den-spuren-der-klimaforschung-100.html


(Links geöffnet am 24.10.2019, Terra X-Link am 25.10.2019.)

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-6 (05.12.2019)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2019-6
(05.12.2019)



„Erst in der Rezeption dieses Wissens ist der Interpret in der Lage, den Bestand seiner Begrifflichkeiten und damit den Horizont seines Denkens auf ein anderes Denken hin zu erweitern und etwas Neues zu lernen. Wenn er sich dagegen von den expliziten Mitteilungen in Form von Begriffen und Lehren abwendet und nach regelhaften Strukturen, Funktionen o.Ä. sucht, die ohne das Wissen der betreffenden Menschen ihr Denken bestimmen und erst vom Interpreten expliziert werden, ist er gezwungen, diese Strukturen etc. mit seinen eigenen Begrifflichkeiten zu beschreiben: dabei wird das Andere auf das Eigene reduziert, ohne dass eine Horizonterweiterung stattfindet.“
                                                                                                     Karsten Schmidt[1]

Liebe Leserinnen und Leser,
zum letzten interreligiösen Rundbrief erhielt ich unter anderem folgende zwei Leserbriefe:

1. Oh!!   Lieber Michael.  Das war eine Meisterleistung von dir, sinnvoll und fundiert. Ich kann nur hinzu fügen: Wer an „TOHID“ glaubt und versteht, dass alle Bestandteile der Schöpfung sich gegenseitig brauchen, handelt verantwortungsbewusst zur Erhaltung der Natur und des Friedens unter den Menschen. Ja, die Religion muss die Politik den Weg zur Erhaltung der Umwelt und des Friedens zeigen.
Ich danke dir herzlich, erlaube mir deine Schrift weiterzuleiten
Mit herzlichen Grüßen
Hossein

(von Hossein Pur-Khassalian aus Bonn)
(„TOHID“, auch „Taohid“ oder „Tauhid“ geschrieben, meint die Einheit Gottes in islamischer Terminologie. MAS)

2. Lieber Michael,
leider haben wir schon längere Zeit keinen nennenswerten Kontakt gehabt. […]
Vielen Dank für den Rundbrief und Deine Gedanken zur Verbesserung des zwischenmenschlichen Zusammenlebens.
Du schreibst das, was wir alle wissen sollten, was wir wissen, was wir aber nicht ändern können oder wollen.
Der Mensch, als nicht vorhersehbare Fehlentwicklung in der Evolution, wird sich selbst aussterben lassen.
Mit Gebeten können wir nur unsere Hoffnungen befriedigen, aber keine Weltprobleme lösen.
Ja, auch ich höre fast jeden Morgen den (christlichen) Morgengruß, in der Hoffnung etwas Erbauliches für den Tag zu erhaschen.
Ab und an suche ich in Predigten Antworten zu finden auf Fragen, die bis dato unbeantwortet blieben.
Es wird immer und überall auf Missstände hingewiesen, aber nur wenige Zeitgenossen*innen krempeln die Ärmel hoch und packen die Probleme an.
Wir brauchen Helden aber keine Propheten.
Herzliche Grüße ….ganz besonders an Petra
Helmut

(von Helmut Bleifeld aus Neurath)


Selbstverständlich dürfen meine interreligiösen Rundbriefe weitergegeben werden.

Helden. Das erinnert mich an einen Kollegen in Bielefeld, der an unserer gemeinsamen Bürotür das Schild mit der Aufschrift hängen hatte: Helden zu mir!
Ja so ein Superheld wäre fein, der die Bösewichte aus dem Verkehr zieht und die Ordnung wiederherstellt. Oder einer, der es versteht, die Törichten und Gierigen Mores zu lehren, damit sie einsehen, was sie alles falsch machen. Aber so ein Held wäre ja vielleicht auch wieder ein Prophet.

Wie sieht es aber auch mit unseren Erkenntnissen und unseren Illusionen? Neulich ging ich in meiner Herkunftsstadt Lahnstein einen altvertrauten Weg, ein kleines, steiles Pfädchen, das von der Kölner Straße zwischen zum Teil verwilderten Gärten hindurch hinauf zur Taubhausstraße führt. Ich liebte dieses Pfädchen auch als Jugendlicher sehr und war nun gefühlsmäßig so 38 Jahre in der Vergangenheit, zum Beispiel auf dem Weg von der Schule nach Hause, wo meine Eltern noch lebten und mir ein behagliches zu Hause boten. Es war das damals normale Gefühl, das in mir aufstieg, ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit und zugleich von Weite und Zukunft. Damals mit 17 Jahren flog ich mit meinem Bruder in die USA und saß dann mit ihm am Rand des Grand Canyon, die Beine in die Tiefe baumeln lassend, über uns am blauen Herbsthimmel ein kreisender Rotschwanzbussard. Alles vergangen, alles vorbei. Meine Eltern leben schon lange nicht mehr und dieser mein Bruder nun auch nicht mehr. Ich war nun unterwegs zu meiner Schwester, die noch in Lahnstein lebt, und zu meinem anderen Bruder, der an dem Tag auch da war. Mein Kindheitszuhause ließ ich links liegen, aber verdrängte nicht das Gefühl, als sei das alles Gegenwärtig, das ich so sehr genoss, sondern ließ es zu, gab ihm Raum, ließ es wirklich sein, obwohl ich wusste, dass es eine Illusion war, dass es diese Jugend nicht mehr gab und nie mehr geben wird.

Auch neulich fand die Bonner Buchmesse Migration statt. Einen Abend und drei Tage tauchte ich ein in Lesungen, Diskussionen, Gespräche, Musik und zwischenmenschliche Begegnungen verschiedener Art. Ich wählte aus, was mich interessierte, machte Fotos für die Veranstalter, die Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit, und genoss das alles einfach. Da war zum Beispiel das Trio Transaesthetics, das bei der Eröffnung eine groovige Mischung aus türkischem und europäischem Jazz spielte. Da waren Georg Schwikart und Jürgen Alt, die über den religiösen Pluralismus unserer Gesellschaft nachdachten. Da war Marion Rissart, die über Schicksale weiblicher Flüchtlinge informierte. Da war Feryad Fazil Omar, der 25 Jahre lang das Epos der Kurden „Mem u Zin“ ins Deutsche übersetzt hat und dieses nun präsentierte. Da war H?d?r Çelik, der über seine Herkunftsheimat Dersim als Geburtsstätte der alevitischen Legenden erzählte. Da war Emel Zeynelabidin, die von ihrer Emanzipation von einem traditionellen Islam hin zu einem selbstbestimmten Islam berichtete. Dar war Philip Gondeki der das Buch „Aktiv für Vielfalt“ des Houses of Resources vorstellte. Da war Mario Anastasiadis, der uns einen Faktencheck über die Berichterstattung der Medien über das Flüchtlingsthema 2015/16 gab. Da war Mohamed Magani, der sicher auch was Interessantes sagte, aber mein Französisch war zu schlecht, um ihn zu verstehen. Da war Christian van den Kerckhoff, der die Technik überlistete, um uns einen Film von Adela Peeva über die Suche nach der Herkunft eines in vielen Völkern Südosteuropas verbreiteten Liedes erzählte und von den einander anfeindenden Besitzansprüchen auf eben dieses Lied. Da waren Aladin El Mafaalani und Andreas Zick, die uns erklärten, dass gelungene Integration neue Probleme hervorbringe und dass gerade die Offenheit der Mitte unserer Gesellschaft den politisch rechten Rand zum Widerstand provoziere. Da war das IFN-Podium über Religion und Demokratie, an dem Marianne Horling, Ruth Kühn, Ayfer Dagdemir, Aziz Fooladvand, Helia Daubach, Francesco Conidi und auch ich teilnahmen, welches deutlich machte, das Religionen keine statischen Gebilde sind und Demokratieunvermögen und Demokratieförderung gleichermaßen anzutreffen sind.

Da waren noch viele andere interessante Erlebnisse, und nicht alle waren erbaulich, sondern einige schwierig. Da war der Alevit der Muslime generell für nicht nachdenkend, sondern immer nur loyal zu allem Ja sagend, was der Koran vermeintlich befehle, hinstellte. Und Emel Zeynelabidin sagte es fast genauso, nur nicht auf alle Muslime, sondern nur auf die Traditionalisten bezog. Da waren die Vertreter des Instituts für Palästinakunde, die informieren oder werben wollten für einen Boykott israelischer Kultur als Protest gegen die Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel, und die deswegen aufgefordert wurden, das Haus der Geschichte zu verlassen. Da war die, wie sie sich vorstellte, „bibeltreue Christin und bekennende AfD-Wählerin“, die unser Podium „enterte“ und Statements von sich gab, auf die wir eingingen, auch wenn wir ihnen nicht zustimmten. So wurden Probleme offensichtlich, die nicht einfach zu lösen sind. Wie kommt man zu dem notwendigen Wissen, um zu sehen, was richtig und was falsch ist? Genügen da Faktenchecks auf Grundlage empirischer Forschung? Was ist, wenn den Fakten nicht geglaubt wird, weil man ihnen nicht glauben will? Wie überzeugt man Menschen, die einem nicht glauben? Die einem misstrauen? Oder wie kann man Vertrauen fassen, wenn man selber nicht glaubt, was einem da gesagt wird? Oder wie kann man zwei Positionen, von denen man meint, beide hätten ein wenig Recht und ein wenig Unrecht, dazu bringen, das auch so zu sehen?

Wie schaffen wir es, einander richtig zu verstehen? Ich bekam auch mal eine Antwort auf eine Frage, die ich nicht gestellt hatte und fühlte mich missverstanden. Karsten Schmidt, von dem das Zitat oben stammt, schrieb eine ganze Doktorarbeit über die Problematik, von einen europäisch-religiösen und -philosophischen Vorverständnis her, den Buddhismus verstehen zu wollen. Das Zitat ist so was wie die Quintessenz seiner Erkenntnis. Sie lässt sich auch auf andere interkulturelle Verstehensversuche übertragen. Doch setzt sie eines voraus: Das echte eigene Interesse, wirklich zu versehen und das Vertrauen darein, dass der Andere auch verstanden werden will. 

Die Bonner Buchmesse Migration zeigte mir jedenfalls, dass es notwendig ist, zuzuhören und verständlich zu reden, auf dass Kommunikation auch gelingt. Chancen dafür gibt es immer wieder, aber schnell sind sie oft auch schon wieder vorbei. So sollte man sie nützen, wenn sie sich einem bieten.
Angesichts der immer tiefer gezogenen ideologischen Gräben in unserer globalen Gesellschaft 30 Jahre nach dem Ende des kalten Krieges zwischen West- und Ostblock und angesichts des darüber hängenden Damoklesschwertes des Klimawandels ist es dringend geboten, aufeinander zu zugehen. Sonst tritt noch tatsächlich ein, was Helmut Bleifeld oben prophezeit hat: „Der Mensch, als nicht vorhersehbare Fehlentwicklung in der Evolution, wird sich selbst aussterben lassen.“


Zum Abschluss noch ein Zitat:

„Im reflexiven Selbstbewusstsein gestaltet der geistige Prozess den geistigen Prozess. Der Geist führt gleichsam eine Operation an sich selbst aus. Geistige Handlungen bewirken geistige Handlungen. Wenn der Geist erkennt, wie er sich im Erkennen formt und selbst gestaltet, beginnt der Weg der Befreiung.“
                                                                                                                  Werner Vogd[2]


Herzliche Grüße im Advent 2019
und allen die es feiern einen Advent, eine Wintersonnenwende und eine Weihnacht oder auch ein Chanukka-Fest voller Freude!
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/ 
https://ifn-bonnregion.jimdo.com/
https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=38488082

Und nun ein paar weiterführende Links:
Lahnstein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lahnstein
Bonner Buchmesse Migration 2019:
https://www.bonnerbuchmessemigration.de/?page_id=2287 (dort kann man sich durch das Programm klicken und über die von mir erwähnten und alle anderen Programmpunkte mehr erfahren)
Karsten Schmidt:
https://www.uni-frankfurt.de/54857770/Schmidt
Werner Vogd:
http://www.werner-vogd.de/Werner_Vogd.html

(Diesen Rundbrief schrieb ich am 4.12.2019 im IC von Bielefeld nach Köln und am 5.12.2019 zu Hause in Siegburg.)



  






[1] Karsten Schmidt. Buddhismus als Religion und Philosophie. Probleme und Perspektiven interkulturellen Verstehens. Stuttgart 2011 (Kohlhammer), S. 288.
[2] Werner Vogd. Welten ohne Grund. Buddhismus, Sinn und Konstruktion. Heidelberg 2014 (Carl Auer), S. 158.

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2020-1 (10.02.2020)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2020-1
(10.02.2020)

„Deutschland ist ein Land, in dem Menschen aus vielen Religionen und Weltanschauungen zusammenleben. Deswegen brauchen wir starke interreligiöse Strukturen für Begegnung und Gespräche.“
                                    (aus der Erklärung des 2. Bundeskongresses der Räte der Religionen)

Liebe Leserinnen und Leser,
ich beginne wieder mit zwei Leserbriefen:
1. Lieber Michael,
deinen Rundbrief habe ich wieder an Peter als Info weitergeleitet. –
Selbst habe ich daraus gelernt, was "Tohid " bedeutet, - man lernt eben nie aus...
(Jochen Bertram, Bonn)
2. Danke, lieber Michael, für den Rundbrief. Du kennst erstaunlich viele Menschen, ihre Namen, ihre Äußerungen und evtl. auch ihre Denkweisen. Du wirst mit vielen Meinungen konfrontiert, solche, die Du teilen kannst, weil sie mehr oder weniger überzeugend klingen und solche, die sich eine andere ‚Wellenlänge‘ gesucht haben.
Häufig wird unsere Toleranz auf den Prüfstand gehoben. Wieviel Toleranz können wir aufbringen, um bereit zu sein die Religionen und damit auch die Aktionen ‚Andersgläubiger‘ verstehen zu wollen?
Die Bereitschaft sich einander zu nähern wird von uns häufig schon in den Anfängen erstickt. Wir sind einfach zu kompliziert und komplizieren vieles, unsere Ausdrucksweise, unsere Argumente, unser Handeln.
Mit Dumm-Schwatzerei, Heuchelei, Raffgier, Egoismus und XXL-Materialismus werden wir die Veränderungen nähren, aber leider nur die negativen.
Lieber Michael, bleib weiterhin ein Fels in der Brandung!
(Helmut Bleifeld, Neurath)

Danke für diese beiden Rückmeldungen! Helmut Bleifeld weist auch wieder deutlich darauf hin, wie schwierig es ist, konstruktiv und offen miteinander umzugehen. Das Gegeneinander scheint oft so viel einfacher und näher liegend. Ich habe jetzt aber auch etwas Positives zu berichten:
Ihr Wisst/Sie wissen ja, dass ich hauptamtlich in Bielefeld an der Uni tätig bin. Was das Bielefelder Leben außerhalb der Uni angeht, so bekam ich da bisher nicht so sehr viel mit, abgesehen von privaten Erlebnissen, vor allem, wenn ich dort übernachtete, von den Exkursionen zu Bielefelder Religionsgemeinschaften mit meinen Studierenden und von den End-of-Live-Tagungen des Bielefelder Arztes Stephan Probst. Aber das änderte sich jetzt.

Unabhängig voneinander erhielt ich eine E-Mail und einen Anruf von einem Michael Persicke. In der E-Mail berichtete mir Prof. Dr. Dieter Becker von einem geplanten Tag der Religionen in Bielefeld, und fragte, ob ich an diesem Tag, dem 29. März 2020, einen Vortrag halten wolle. Bielefelder Religionsgemeinschaften sollen die Möglichkeit erhalten, sich mit Stellwänden vorzustellen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Mein Vortrag soll zum Thema „Gewalt und Rassismus in den Religionen“ gehen, also sozusagen um die dunkle Seite der Religionen. Und er verwies mich weiter an die evangelische Pfarrerin Simone Venghaus Der Anruf erreichte mich in meinem Büro, in welchem ich mich selten lange aufhalte, da ich mehr zu Hause, im Zug und natürlich in den Hörsälen arbeite. Am anderen Ende der Leitung war Michael Persicke, Öffentlichkeitsbeauftragter der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, umgangssprachlich vielen eher als „Mormonen“ bezeichnet, was sie aber nicht so gerne hören. Genauer gesagt, der Bielefelder Gemeinde dieser Kirche. Er erzählte mir, dass er dabei sei, einen Runden Tisch der Religionen in Bielefeld zu gründen und fragte, ob ich dieses Unterfangen begleiten könne. Das war schon eine große Überraschung, denn die KJCdHdLT war mir bisher nicht als dialoginteressiert, sondern als ausschließlich missionarisch aufgefallen. Zuerst machte ich die beiden Aktionen mal aufeinander aufmerksam, aber sie hatten sich auch schon auf dem Schirm.

Am 23. Januar 2020 fand dann auch das erste Treffen zur Gründung des Runden Tisches der Religionen in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage statt. Anwesend drei Vertreter eben dieser Kirche, zwei evangelische Vertreterinnen der christlich-jüdisch-muslimisch-jesidischen Gruppe „Dialog der Religionen“, die den Tag der Religionen organisiert, darunter auch Simone Venghaus, ein Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, ein Hindupriester und zwei Bahá’í. Es hatten noch mehr Menschen zugesagt, darunter Juden, Muslime und Aleviten, die dann aber doch noch nicht dabei waren.

Alle waren sehr interessiert daran, sich gegenseitig kennenzulernen. Das fing mit einer Vorstellungsrunde an, in der auch Wünsche für das weitere Vorgehen geäußert wurden. Neben der religiösen Vielfalt kamen auch schon unterschiedliche Religiositätsstile und Vorstellungen vom Miteinander zur Sprache. So gab es multiple und eindeutig konfessionelle Religiositäten. Und es gab eine Diskussion darüber, ob man bei einem Gebet der Religionen gemeinsam beten könne oder nicht. Zwischen der Vorstellung, dass alle zum selben Gott beteten, der nur unterschiedlich benannt werde, bis zur Vorstellung, man dürfe nicht die Gottesbilder Andersgläubiger für das eigene vereinnahmen, reichten die Meinungen. Ich empfand es dabei als sehr angenehm, dass diese Unterschiede auf sehr freundliche und respektvolle Weise diskutiert wurden. Verabredet wurde letztlich, an dem Tag der Religionen teilzunehmen und sich künftig dreimal im Jahr zu einem Austausch über ein ausgemachtes Thema zu treffen. Das erste Treffen wird am 9. Juni 2020 sein und der Nachbesprechung des Tages der Religionen dienen.

Ich muss natürlich schauen, inwiefern ich mich daran beteiligen kann, denn ich bin ja meistens nur an zwei Tagen in der Woche in Bielefeld, und die sind eng getaktet. Aber ich konnte inzwischen schon die Zeugen Jehovas und zwei buddhistische Gruppen zwecks Nachfrage an einer Beteiligung kontaktieren und erfuhr so von noch drei buddhistischen Gruppen. Das ist natürlich auch für künftige Exkursionen interessant.

Mein Fazit ist, dass ich derzeit sehr begeistert bin. Schon dass eine bisher eher an Bekehrung Andersgläubiger interessierte Kirche sich dem Dialog zuwendet, nährt meine Beobachtung einer allmählichen Liberalisierung einiger der neueren, kleineren, meistens doch eher strengeren Religionsgemeinschaften. Das freut mich als selbst eher liberal religiösen Menschen natürlich. Es ist selbstverständlich offen, was daraus werden wird, aber Offenheit ist ja auch gewünscht. 

Das Zitat zu Beginn dieses Rundbriefes entnahm ich einem Blatt, dass beidem Treffen auslag. Ich schließe mit noch einem weiteren Zitat von einem anderen Blatt, das dort ausgelegen hat:

„Drei Regeln für das Verständnis von Religionen untereinander
1.      Wenn man eine fremde Religion verstehen möchte, muss man ihre Anhänger befragen, nicht ihre Gegner.
2.      Man darf die beste Seite, die man selbst hat, nicht mit den schlechtesten der anderen vergleichen.
3.     Man muss einem ‚heiligen Neid‘ Raum lassen, wenn man an einer anderen Religion etwas Nachahmenswertes entdeckt.
Durch solche Grundsätze wird der Austausch zwischen den Religionen angeregt, Vertrauen aufgebaut und eine Grundlage für kreative Arbeit gelegt.“
                                                                             Krister Stendahl
                                                                             Evangelischer Bischof von Stockholm und
                                                                             emeritierter Professor der theologischen
                                                                             Fakultät der Harvard University

Über diese drei Regeln könnte man jetzt auch diskutieren, aber ich lasse es bei der Empfehlung, über die nachzudenken.

Hier ein paar Links zum Tag der Religionen in Bielefeld:
https://www.kirche-bielefeld.de/obj/pdf-dateien/Programmheft_Erwachsenenbildung_01_2020.pdf
https://www.sgi-d.org/bielefeld_tdr_2020/
(Die SGI-D-Gruppe Bielefeld ist eine buddhistische Gruppe, die ich auf diesen Tag aufmerksam machte.)
Dieser Tag der Religionen ist übrigens nicht zu verwechseln mit diesem, der bundesweit immer woanders stattfindet: 
http://www.tag-der-religionen.de/
2009 brachte die Stadt Bielefeld dieses Broschüre über Religionen in Bielefeld heraus:
https://www.bielefeld.de/ftp/dokumente/Heft3_Religion.pdf


 




 (Diesen Rundbrief schrieb ich am 28.01.2020 im IC von Köln nach Bielefeld und



  




Interrreligiöser Rundbrief ... Nr. 2020-2 (29.03.2020)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2020-2
(29.03.2020)

Die Einschränkungen durch die Gefährdung mittels Coronaviren sind bedrückend,
weil es so unklar ist, wie es weitergeht. Jeden Tag ändert sich die Lage. Dieses
Einschränken des öffentlichen Lebens entschleunigt aber auch und gibt Zeit für
Wesentliches wie Nachdenken, sich Besinnen, Beten.
                                                                                                                      Dirk Voos

Liebe Leser*innen,
wenn Sie die Wörter „Corona“ oder „Covid-19“ schon nicht mehr hören oder lesen können oder wollen, schließen Sie diesen Rundbrief am besten wieder. Ich habe hin und her überlegt, ob ich auch meinen Senf zu dem Thema dazu geben soll oder lieber nicht, und habe mich dann doch für ja entschieden.
Sie können hier zunächst einen Fließtext lesen, ohne Fußnoten oder reingeschobene Links, und darunter dann eine Sammlung von Links zu Seiten, die mir wichtige Inhalte vermittelt haben.
Wer leidet vor allem an der Corona-Epidemie?
Es gibt, wenn ich das richtig sehe, hauptsächlich folgende Menschen, die besonders negativ von der Corona-Epi- oder Pandemie betroffen sind:
- die daran Erkrankten, besonders die Schwererkrankten und die daran Verstorbenen
- die Angehörigen der Kranken und Verstorbenen
- die Ärzt*innen und Pfleger*innen, die sich um die Kranken kümmern
- die Menschen, die Berufen nachgehen, die sie jetzt wegen der Kontaktsperre nicht ausüben können und so kein Einkommen haben oder auch nur in Kurzarbeit sind und so weniger verdienen.

Mein Alltag in dieser Zeit
Ich persönlich gehöre keiner dieser Gruppen an oder zumindest noch nicht, denn ob der Virus mich noch erreicht, weiß ich natürlich nicht, ja noch nicht mal, ob ich ihn vielleicht schon in mir habe. Dass derzeit Aufträge für Vorträge und Schulungen wegfallen, kann ich gut verkraften, da ich ja eine halbe Stelle an der Uni Bielefeld habe. Ich arbeite zu Hause, habe durch den verschobenen Beginn der Vorlesungszeit an der Uni aber eher mehr als weniger Arbeit, denn wahrscheinlich werden wir auch zwei Wochen später nicht persönlich vor Ort, sondern übers Internet unterrichten müssen, mit Programmen wie „Lernraum Plus“ und „Zoom“ (soll jetzt keine Schleichwerbung sein), womit man sich ja erstmal vertraut machen muss. Das Wort „home office“ wird sicher das Wort des Jahres werden. Meine Frau hat ihr Homeoffice direkt neben mir. Dann gehen wir aber auch gerne spazieren, ich fotografiere viel. Oder wir arbeiten im Garten. Das ist alles ganz in Ordnung, sogar recht erholsam, keine Außentermine zu haben, auch keine ehrenamtlichen. Mein Angebot, für ihn einkaufen zu gehen, hat – außer meinem Schwiegervater, aber das ist ja Familie – noch keiner in Anspruch genommen. Beim Einkaufen schützen wir uns durch den nötigen Abstand und Masken. Das ist alles auszuhalten und könnte viel schlimmer sein, was es hoffentlich nicht wird. 
Mediale Präsenz des Virus
Der Virus selbst ist für mich nur medial präsent – woran sich auf hoffentlich nichts ändert! So geht es den meisten, und darin steckt ein Problem. Wir erleben die Berichterstattung der Medien und deren Auswirkung auf uns, auf die Menschen unserer Umgebung, auf die Gesellschaft. Wir erleben, dass Geschäfte und Restaurants geschlossen werden und dass wir nun 1,5 m Sicherheitsabstand zu anderen Menschen halten sollen. Auch wenn wir selbst nicht betroffen sind, erleben wir die Hilferufe von Freischaffenden, um Beispiel von Musiker*innen, deren Konzerte abgesagt sind und werden gebeten, unsere schon bezahlten Eintrittskarten für später zu behalten. Ich persönlich erlebe, dass das MIGRApolis-Haus der Vielfalt in Bonn für das Publikum geschlossen ist, dass Raummieten für Veranstaltungen storniert werden, dass unserm Verein, dem BIM e.V., dadurch Einnahmen fehlen, die wir aber brauchen, um die Gehälter unserer Angestellten zu bezahlen. Aber das Virus, das an all dem „Schuld“ ist, bleibt unsichtbar. Allmählich kommen aber Nachrichten von Freunden, die einen Freund, einem Bruder, eine Freundin der Tochter haben, die positiv getestet wurden. „Es kommt näher“, schrieb ein Freund. Es ist irgendwie unheimlich: Unsere direkte Umgebung ist friedlich, geradezu erholsam friedlich, aber in den Fernsehnachrichten herrscht Krieg, Krieg gegen einen unsichtbaren, unhörbaren, unschmeckbaren, unriechbaren, ja sogar, sollte er im eigenen Körper sein, eventuell über Tage und zwei Wochen unspürbaren Feind. Wir könnten ihn in uns haben und andere anstecken und uns dabei gesund fühlen. Laut der Medienberichte kostete er in China, Italien, Frankreich, Großbritannien, USA schon Tausenden von Menschen das Leben.

Verschwörungstheorien
Wen wundert es, dass ob solcher Situation nicht wenige Menschen nach Erklärungen suchen? Nach Erklärungen, die die Virolog*innen und anderen Wissenschaftler*innen nicht für alle zufriedenstellend erklären können. Manche suchen nach Schuldigen und meinen sie, bei „den Chinesen“, „den Amerikanern“ oder „der Pharmaindustrie“ zu finden, und meinen, das Virus gebe es gar nicht, sondern sei erfunden, um die Welt ins Chaos zu stürzen unserer Wirtschaft zu schaden und uns unserer Grundrechte zu berauben, oder es sei zwar real, aber eben mit Absicht aus eben diesem Zweck ausgesetzt oder aus einem Labor für biologische Waffen entkommen. Sie verbreiten ihre Erklärungen und Anschuldigungen im Internet und finden Anhänger. Kritiker dieser Erklärungen nennen diese „Verschwörungstheorien“ oder „-mythen“. Und ja, auch ich kritisiere diese Erklärungen, denn sie sind gefährlich. Beweisbar sind sie nicht, aber gefährlich sind sie trotzdem, weil sie Aggressionen hervorrufen, Feindbilder schüren, Misstrauen gegenüber denen schüren, die allein imstande sind, uns mit wichtigen Informationen zu versorgen und die Gesellschaft zu lenken, also gegenüber den Journalist*innen und Politiker*innen. Was ich da schon an Verleumdungen gelesen habe, die sich als „vernünftiges Selbstdenken“ ausgeben, und welche Unbelehrbarkeit ich da erlebt habe, möchte ich hier nicht wiedergeben. Man kann, ja mal soll ja häufig alles kritisieren, die Medien, die Politik, auch die Wissenschaft, aber dann bitte mit vernünftigem Augenmaß und ohne haarstäubende Diffamierungen ganzer Berufsgruppen!
Metaphysische Erklärungsversuche
Es gibt auch noch andere Erklärungsversuche, eher metaphysischer Art. So las ich, das Virus sei eine Erfindung des menschlichen Geistes auf einer niederen Schwingungsebene und wir könnten es besiegen, indem wir uns auf eine höhere Schwingungsebene begäben. Auch das ist nicht beweisbar, aber immerhin wird niemand diffamiert, sondern die Ursache in uns allen gesucht. Gefährlich wird diese Anschauung dann, wenn jemand meint, diese höhere Schwingungsebene erreicht zu haben und so alle Schutzmaßnahmen als unnötig erklärt Ähnlich gefährlich ist die Vorstellung, die Teilnahme an der Heiligen Kommunion mache einen immun gegen das Virus, wie sie teils in der Griechisch-Orthodoxen Kirche gelehrt wird. Der Fall der Shincheonji-Kirche, die in Süd-Korea durch die Überschätzung der Kraft Ihres Glaubens die Epidemie anfeuerte oder einiger Gemeinden in den USA, die meinen, immer noch fröhliche Gemeindegottesdienste feiern zu können machten Schlagzeilen. Nein, ich versuche mich hier nicht in allgemeiner Religionskritik, die in den Glauben an die Wirkung vom Wechsel der Bewusstseinsebenen oder heiliger Rituale als reinen Aberglauben hinstellt. Aber nachweisbar positive Wirkungen von religiösem Glauben und von Ritualen in bestimmten Kontexten gibt es zwar im psychosomatischen und im sozialen Bereich, eventuell wirken sie auch stärkend auf das Immunsystem, aber eine Immunität gegen Viren konnte noch nicht nachgewiesen werden.

Flexibilität der religiösen Angebote
Die meisten Religionsgemeinschaften und religiösen Menschen in modernen Gesellschaften unterscheiden so auch deutlich zwischen dem, was ihr Glaube vermag und wofür er zuständig ist und den Erklärungen der Wissenschaften zu natürlichen Phänomenen, zu denen Viren zweifelsfrei gehören. Somit unterstützten sie nicht nur gehorsam, sondern überzeugt die Sicherheitsmaßnahmen und haben Veranstaltungen wie Gottesdienste, Meditationstreffen und so weiter abgesagt. Auch der Tag der Religionen in Bielefeld, an dem ich heute am 29.3. eigentlich teilnehmen wollte, wurde abgesagt und auf den Herbst verschoben, sofern da nicht eine neue Coronawelle unterwegs ist. Interessant ist zu sehen, wie viele die neuen Techniken nutzen und ihre Veranstaltungen online anbieten. Kürzlich bekam ich eine E-Mail vom ZDF mit der Frage, ob ich von solchen Angeboten durch Buddhisten wisse und konnte einige Beispiele nennen beziehungsweise an buddhistische Gruppenleiter weitervermitteln, die solche Angebote machen. So bietet der San Bo Dojo, eine Zengruppe in Bonn, sogar Online-Mediationszusammenkünfte an. Ebenso das Kamalashila-Institut in Langenfeld in der Eifel. Christen tun es nicht weniger mit Online-Gottesdiensten, so auch hier in Siegburg die römisch-katholische St. Servatius-Gemeinde am Palmsonntag. Oder Michael Mann vom Katholischen Stadtdechanat in Bonn, der auch Yoga- und Meditationslehrer ist, bietet Yogakurse jetzt online an. Indes gibt es auch Diskussionen darüber, wir wirksam so etwas sein kann, vor allem, ob echtes Gemeindeleben so möglich sei. Die praktikable Antwort dazu ist wohl: Ein echtes Gemeinschaftsleben ist online nicht zu gewährleisten, aber es ist doch besser als nichts.  Die Sendung, in der das Thema im ZDF behandelt wird, soll am 5.4.2020 in der Serie „Sonntags – TV fürs Leben“ kommen. Ich bin gespannt.

Musikalische Angebote
Eine andere Form des Gemeinschaftslebens bietet zum Beispiel der Kirchenmusiker Arnold Hubert aus Bonn-Beuel an, in dem er dazu aufruft, abends um 19 Uhr auf dem heimischen Balkon, im Garten oder am Fenster ein bestimmtes Lied zu singen oder zu spielen, womit er sich in eine bundesweite Aktion der EKD einklinkt. Ich habe das auch mal mitgemacht und auf unserer Veranda „Der Mond ist aufgegangen“ gesungen. Zwar sang hörbar nur eine Amsel mit hier in Siegburg, aber das Bewusstsein, dass landesweit zumindest einige es gleichzeitig auch taten, hatte schon was Verbindendes. In Goslar zum Beispiel spielte der evangelische Religionspädagoge und Religions-for-Peace-Aktivist Johannes Lähnemann auf seinem Horn dieses schöne Lied und zwei Tage später von einem Hornspiel von „We shall overcome“ vom Goslarer Stadtturm aus, wovon er dann Videos rundschickte. Oder am St. Patrick’s Day, dem irischen Nationalfeiertag gab die Irish-Folk-Band The Reel Chicks aus einem Studio in Dresden ein spontanes Konzert, das man sich über Youtube anhören konnte. Dieser Namenstag eines katholischen Heiligen wird zwar heutzutage so wenig religiös begangen wir eine Kirmes oder Karneval, aber gemeinschaftsfördernd ist so eine Aktion allemal. Norbert Ammermann, Theologe und Musiker in Osnabrück schickte einen Link auf ein Sitarkonzert, das mich beim Hören in eine wunderbar entspannte Stimmung brachte.
Gemeinschaftswesen
Dass wir Menschen Gemeinschaftswesen sind betont auch Andreas Zick, Friedens- und Gewaltforscher an der Uni Bielefeld. Ich habe seine Umfrage zum Umgang mit Corona ja im Vorfeld rundgeschickt. Er zeigt die Gefahren für den häuslichen und gesellschaftlichen Frieden auf, die in Isolation und Lagerkoller lauern. Umso wichtiger sind eben Aktionen, die Gemeinschaft auch unabhängig vom physischen Kontakt herstellen, sowie „Fluchtmöglichkeiten“ wie Spaziergänge in der Natur. Und wichtig ist es meiner Erfahrung nach auch, dass man sich in der Stadt, die man zum Beispiel zum Einkaufen ja auch aufsuchen muss, freundlich begegnet. Ein Lächeln sieht man unter einer Schutzmaske vielleicht nicht, aber eine freundliche Begrüßung auch eines fremden Menschen und erst recht des Personals in den Geschäften tut beiden gut, dem Grüßenden und dem Begrüßten. Ich meine das auch zu merken, dass man auch bei zwei Meter Abstand innerlich zusammenrückt. Wir sitzen ja auch alle in einem Boot. Diese Seite des Menschen sollte man neben Nachrichten von Diebstahl von Desinfektionsmitteln, Wucherpreisen für Schutzmasken und egoistischen Hamsterkäufen auch beachten.
Positive Sichtweisen
Manche meinen, der Corona-Krise so auch was Positives abgewinnen zu können. Sie verweise auf das, was wirklich wichtig ist, und dazu gehöre nicht das Hetzen von Termin zu Termin und nicht das Shoppen und Konsumieren, sondern der innere Frieden jedes Einzelnen, den man in der Stille finde, und eben die Gemeinschaft, die gegenseitige Unterstützung, die Solidarität miteinander. So bieten Menschen älteren oder kranken Mitmenschen Hilfe beim Einkaufen an oder Gespräche am Telefon. Letzteres ist zum Beispiel eine Idee von Ruth Kühn aus Siegburg, die man bei Bedarf eben auf ein Schwätzchen anrufen kann, wenn man sich einsam fühlt. Sie ist auch aktiv im IFN. So mancher hat die Hoffnung, dass diese Einsicht in die Notwendigkeit von Solidarität auch nach überstandener Krise anhält und zu einem generellen Umdenken in der Gesellschaft führt. Ich zweifele eher daran, sondern befürchte, dass die meisten von uns in den alten Trott zurückfallen werden. Aber wer weiß? Es liegt ja an uns.
Positiv wirkt sich die Kontaktsperre auf jeden Fall auf die Luft aus. Sie ist sauberer seit dem. In Köln, so hörte ich, ist die Feinstaubbelastung um 50 % zurückgegangen, weil weniger Autos fahren. Es fliegen auch weniger Flugzeuge, der Himmel ist bisweilen ohne einen einzigen Kondensstreifen. Industrien produzieren weniger. Für das Weltklima ist das somit eine sehr gute Situation. Zu befürchten ist allerdings, dass das alles nach der Krise umso stärker wieder angefahren wird, so dass die Klimaziele, die man doch erreichen will, dann doch verfehlt werden. Es ist auch zu dumm, dass unsere ganze globale Wirtschaft dermaßen vom Ressourcenverbrauch abhängt. Da wäre ein Umdenken überlebensnotwendig. Wenn Corona dazu beitragen würde, hätte sie zumindest für die Überlebenden noch ihr Gutes gehabt. Mein Patenkind schickte mir einen Link zu einem Blog, deren Autorin zum Beispiel von Delfinen bei Triest schwärmt, die wegen des vielen Schiffsverkehrs die Stadt sonst meiden, nun aber in den Hafen geschwommen kommen. Was für ein schönes Bild für das, wie es sein sollte und könnte, wenn wir das nur wollen würden!

Religiöse Handlungen
Natürlich kann Religion auch durch die religiösen Handlungen im engeren Sinn helfen, mit dieser Epidemie zurecht zu kommen. Gebete, Kontemplationen und Meditationen, die ich gerne als die spirituelle Mitte der Religionen bezeichne, können in die Mitte des Daseins lenken. Sie können Mut machen, Gleichmut und Gelassenheit sich entwickeln lassen. Passend zum Namen des Virus gibt es im Katholizismus auch tatsächlich eine heilige Corona, worauf eine Kollegin in der Yggdrasill-Liste hinwies. Ich kannte sie nicht, obwohl katholisch sozialisiert. Das Team der GEBETe der Religionen in Bonn hat auch ein paar Gebete zusammengestellt, die einem in dieser Zeit helfen können. Man findet sie über die IFN-Website. Das Zitat von Pfarrer Dirk Voos zu Beginn dieses Rundbriefes stammt aus dieser Zusammenstellung.
So, jetzt habe ich schon über sechs Seiten vollgeschrieben und will nun noch einige Links zusammenstellen, die belegen oder vertiefen, was ich angesprochen habe, oder zumindest einiges davon. Klicken Sie sich mit Muße dadurch, wenn nichts Wichtigeres anliegt. Wenn Sie nur wenig Zeit haben, springen Sie aber mal zu der Petition ganz unten.

Links
Nicht zu allem kann ich Links anbieten, denn vieles erfuhr ich via E-Mail oder zwar übers Internet, aber doch eher persönlich als richtig öffentlich.

Allgemeine Beiträge zu Corona aus der Presse:

Berliner Morgenpost interaktiv: Corona-Virus-Karte der Infektionen in Deutschland und weltweit:
https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit/

Interaktive Infografik. So viele Coronavirus-Infektionen gibt es in Ihrem Landkreis. Von Laura Stresing, Lars Wienand. 27.03.2020, 15:54 Uhr. Auf T-Online: https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_87562164/corona-ausbreitung-in-deutschland-so-viele-erkrankte-gibt-es-je-landkreis.html

Neue Züricher Zeitung: Das Wichtigste in Kürze:  
https://www.nzz.ch/international/coronavirus-weltweit-die-neusten-entwicklungen-nzz-ld.1534367

Allgemeine Beiträge zu Corona aus dem Fernsehen:

Allgemeine Beiträge zu Corona im Radio:

COVID-19. Taiwans erfolgreicher Kampf gegen Corona. Durch seine Nähe zur Volksrepublik China galt Taiwan eigentlich als Hochrisikogebiet für das Coronavirus. Doch die Regierung war gut vorbereitet und hat die Epidemie im Land effektiv eingedämmt. Aus Taipeh William Yang. Auf Deutsche Welle am 16.3.2020: https://www.dw.com/de/taiwans-erfolgreicher-kampf-gegen-corona/a-52737708


Radiobeiträge zur Corona und Religion:
Davon hörte ich in den letzten Wochen so viele, dass ich sie nicht alle hier einzeln verlinken möchte, aber wenn Sie hinter den folgenden Links suchen, finden sie bestimmt viele interessante:

Deutschlandfunk. Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft:
https://www.deutschlandfunk.de/tag-fuer-tag.885.de.html
(Die Sendung musste ihren angestammten Sendeplatz zwar einer Corona-Spezial-Ausgabe von „Aus Forschung und Wissenschaft überlassen und wird nachmittags zu einem unregelmäßigen Zeitpunkt gesendet, aber dank des Podcasts kann man die Beiträge davon unabhängig hören und lesen. Dabei findet sich auch der Beitrag über die Griechisch-Orthodoxe Kirche in Griechenland, den ich oben meinte, gesendet am 18.3., hier mit Direktlink:
https://www.deutschlandfunk.de/griechenland-corona-mit-dem-silberloeffel.886.de.html?dram:article_id=472709.)

WDR 5. Diesseits von Eden:
https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/diesseits-von-eden/index.html

 

Ein Zeitungsartikel über die Heilige Corona:

Weltweite Pandemie. Heilige Corona, hilf! In: Katholische Sonntagszeitung vom 17.3.2020: https://www.katholische-sonntagszeitung.de/Im-Blickpunkt/Heilige-Corona-hilf!-Dienstag-17.-Maerz-2020-16-03-00/(f_Rubriken)/536,64,1105,609,1053,83,472,39337,474/(f_TagsEvents)/7,13,110,25,152,155,75,81,48,36
(Dank an
Stefanie Burkhardt in der Yggdrasill-Liste.)


Beiträge zum Thema „Verschwörungstheorien“:

CORONAVIRUS. Corona-Desinformation: immer dieselben Muster. Nutzt Moskau die Coronakrise zu politischen Zwecken? Desinformations-Jäger der Europäischen Union listen Hunderte Falschmeldungen russischen Ursprungs über das neue Coronavirus und Covid-19. Auf Deutsche Welle am 21.3.2020: https://www.dw.com/de/corona-desinformation-immer-dieselben-muster/a-52869052


Ein religionswissenschaftlicher Blick auf Verschwörungstheorien:
Website von Michael Blume:
http://www.blume-religionswissenschaft.de/

Michael Blume. Die Ärzte und die Zionisten. Warum anti-medizinische Verschwörungsmythen nicht wirklich witzig sind. Auf Scilogs am 6.3.2020: h,ttps://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-aerzte-und-die-zionisten-warum-anti-medizinische-verschwoerungsmythen-nicht-wirklich-witzig-sind/


Seiten von Religionsgemeinschaften, die Corona thematisieren:
Katholisch.de:
h,ttps://www.katholisch.de/startseite
EKD:
https://w,ww.ekd.de/kirche-von-zu-hause-53952.htm
Islam.de:
http:,//www.islam.de/
Deutsche Buddhistische Union:
https://www.dbu.de/corona


Sonntags – TV fürs Leben

https://www.zdf.de/gesellschaft/sonntags

(Darin soll es am 5.4.2020 eine Sendung über Religionen in der Coronazeit geben.)

Beiträge zu Corona und Musik:
Aktion Ticket behalten:
https://www.ticketbehalten.de/
Aufruf von, Petr Pandula an die GEMA, freischaffende Musiker*innen zu unterstützen:
https://www.facebook.com/petr.pandula/videos/3118668618157187/
www.ma,gnetic-music.com
Johannes Lähnemann. „We shall overcome“, mitsamt einer Erklärung dazu, die ich zitieren darf: „Von den Posaunenchören in Goslar haben wir die Initiative gestartet, dass täglich um 17.00 Uhr eine/r von uns Lieder/Choräle vom Nordturm der zentralen Marktkirche aus bläst. Für gestern hatte ich mich gemeldet und bin mit meiner Frau Sabine die 220 Stufen zur Türmerstube hinaufgestiegen. Nach den 5-Uhr-Glockenschlägen haben wir die Fenster zu den 4 Seiten geöffnet, und ich habe wechselnd zu den vier Seiten hinaus Melodien gespielt. Den Abschluss hat "We hall overcome" gebildet. 2006 habe ich es mit den 900 Delegierten bei der RfP-Weltversammlung in Kyoto zum Abschluss gespielt und gesungen - und bei der 3. Strophe "We walk hand in hand" haben sich alle die Hände gereicht. - Jetzt blies ich es ohne Mitsänger. Aber von mehreren in der Stadt kam das Echo, dass sie es an ihren Fenstern oder auf, dem Balkon gehört haben. Und Sabine hat es aufgenommen - zur Ermutigung für alle, zu denen diese Töne gelangen, in diesen vom Corona-Virus dominierten Wochen. Hier ist der Link. Er darf gerne weitergeleitet werden. https://www.dropbox.com/s/rrbfs9nx5kj0xqj/We-s,hall-overcome.mp4?dl=0

Norbert Ammermann. Spheric Sitar - an Evening Song in times of Corona:
https://www.youtube.com/watch?v=VG1nOAI6Tkk

 

Positive Blicke auf die Isolation:
Corona- nichts wird mehr so sein, wie es war. Blog von Sonja Schiff:  https://www.story.one/de/u/sonja-schiff-996af4c5/corona-nichts-wird-mehr-sein-wie,-es-war/?fbclid=IwAR2DULLHRqpiF84XyGge1PylRpg1y-3so2ZFhjyg0dZ9Tb8UdSqtvaa6EhY
(Diesen Link hat mir mein Patenkind Ann-Kathrin Huster geschickt.)
Panorama. Kaum Schiffsverkehr wegen CoronaDelfine kehren in Italiens Häfen zurück. Auf ntv: https://www.n-tv.de/panorama/Delfine-kehren-in-Italiens-,Haefen-zurueck-article21652835.html

Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld:
https://uni-bielefeld.de/ikg/
(Da findet sich auch der Link zu der Umfrage, für die, die daran noch teilnehmen wollen.)
 
Kostenlose Taxifahrten für Pfeger*innen:
Und zum Schluss noch eine Petition dafür, dass Pfleger*innen für ihre Wege zu ihren Patient*innen kostenlose Taxisfahrten bekommen, damit sie sich im ÖPNV nicht erhöhter Ansteckungsgefahr aussetzen, die unterschreiben möge, wer auch dafür ist:
https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-alle-pflegekraefte-kostenlose-taxifahrten-wegen-corona-krise
(Mir zugeschickt von einem Freund, der selbst gerade eine Chemotherapie durchmacht und dessen Frau Altenpflegerin ist.)
Alle Links zuletzt geöffnet am 29.03.2020.
Bestimmt habe ich jetzt noch Links vergessen, die noch gerne mitgeteilt hätte, aber es sind ja auch schon so viele.

Zum Schluss dieses Rundbriefes statt des üblichen Zitates noch etwas Eigenes, und zwar ein Foto und ein Gedicht von einem unserer Spaziergänge in Siegburg:
 
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Eine Insel mit drei Bäumen
ohne Eisenbahnverkehr,
sie zu finden in der Sieg
ist ja eigentlich nicht schwer.

Zwar gehört sie eigentlich nicht
zu den berühmten Plätzen hier
doch taucht sie auf im Märzenlicht
zeig ich gern dieselbe Dir.

Wird umbraust von schnellen Wellen,
Bisam schwimmt im Bogen drum,
von Ferne hört man Hunde bellen,
ich sing ein Lied: Dumdideldum!

Kleine Fluchten in die Landschaft,
aus dem Homeoffice daheim,
lässt mich finden viele Wunder,
in Wiesen, Fluss und Sonnenschein.


Herzliche Grüße aus dem Homeoffice
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel

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Foto: Petra Schen-Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/
https://ifn-bonnregion.jimdofree.com/
(Hier findet man den Link zu den GEBETen der Religionen online.)

(Diesen Rundbrief schrieb ich am 27.-29.03.2020 zu Hause in Siegburg.)

Leser*innenbriefe zum Interreligiösen Rundbrief ... Nr. 2020-2 (07.04.2020)

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Leser*innenbriefe zum Interreligiösen Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2020-2
(07.04.2020)

Liebe Leser*innen,
zum letzten Interreligiösen Rundbrief kamen einige Rückmeldungen, die ich hier in chronologischer Reihenfolge wiedergebe.

1.        1,)

Lieber Michael,
danke für Deine so weitreichenden und umfassenden Einlassungen. Ich selbst gehöre zu der Minderheit, die sagen, dass es ein Irrsinn ist, was hier mit uns gemacht wird. Warum haben sich Verantwortliche nicht von Anfang an mit Virologen zusammengesetzt und unterschiedliche Ansichten miteinander ausdiskutiert. Das gehört meiner Meinung nach zum verantwortlichen Handeln.  Wie damals bei SARS, bei der Schweine- und bei der Vogelgrippe wurde immer vom Robert Koch Institut Panik geschürt und es hat sich stets als Unfug dargestellt. Nur dieses Mal haben sie noch eins draufgesetzt und die Wirtschaft lahmgelegt. Ein Schaden, den letztlich wieder alle Steuerzahler zu tragen haben. Viel schlimmer ist aber das Leid von so vielen Menschen und Familien, die Sorge um ihre Existenz haben. Ja, auch bei den Verantwortlichen in den Medien melde ich Kritik an, da sie von Anfang an eine aggressive Informationspolitik betrieben haben, ohne, was meiner Meinung nach zum Journalismus gehört, auch Gegenpositionen, die es zahlreich gibt, mit einzubeziehen.
Ich habe große Anteilnahme für die Menschen, denen es nicht gut geht, aber die nächste Viruswelle im Herbst oder im kommenden Frühjahr kommt garantiert.
Meine Hoffnung: vielleicht ist im Denken und Fühlen der Menschen etwas ausgelöst worden, was die Angst und Betroffenheit um das eigene Leben oder das von Nahestehenden betrifft und vielleicht kann dieses Denken und Fühlen übertragen werde auf die Menschen in den Flüchtlingslagern, in Krisengebieten, die Angst nicht nur psychisch erleben, sondern ganz nahe, ganz körperlich und es kaum mehr aushalten. Was passiert z.Z mit den 1500 Kindern, die Europa aus den menschenunwürdigen Flüchtlingslagern Griechenlands verteilen wollte. Ist das Alles traurig!
Alles Liebe
Toni
P.S. wenn Du aktuelle Sterbestatistiken der europäischen Länder sehen möchtest google Euromomo, da findest Du wöchentliche Zahlen!
-
Noch eine Nachmeldung:
Lieber Michael, ich finde ihn recht glaubwürdig


(von Anton Drähne aus Bonn)
--
Anton Drähne und ich diskutierten ein wenig über die richtige Interpretation der Zahlen, die Angemessenheit der Maßnahmen usw., er als Mediziner, ich als Nichtmediziner.

Mir scheint es gibt zwei grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweisen, was die wünschenswerten Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik angeht. Nach der einen sollte man mit politischen Entscheidungen warten, bis ihre Notwendigkeit einwandfrei wissenschaftliche bewiesen ist, nach der anderen sollte man sofort politisch handeln, es sei denn, ihre Nichtnotwendigkeit wäre wissenschaftlich einwandfrei bewiesen. Die USA und Großbritannien machten es nach der ersten Methode, Taiwan und Vietnam nach der zweiten. Deutschland suchte einen Mittelweg. In dem von Anton Drähne empfohlenen Video empfiehlt Sucharit Bhagdi die erstgenannte Vorgehensweise. Als gültigen Beweis würde er gelten lassen, wenn die generellen Sterbezahlen eines Landes signifikant nach oben gehen würde. Zur der Zeit, als er das Video veröffentlichte, war das auch für Italien noch nicht der Fall. Wenn man sich die Kurve für Italien aber jetzt ansieht, ist die Mortalitätsrate dort jetzt höher als in der Grippe-Epidemie 2017: https://www.euromomo.eu/outputs/zscore_country_total.html Bei uns in Deutschland ist sie noch weit darunter. Wäre das nun ein Argument für oder gegen die Isolationsmaßnahmen, die derzeit verordnet sind?  Ich meine eher dafür. Oder?    

*

2.)
Liebe Listenmitglieder,

auch das Berliner Forum der Religionen sammelt und publiziert Gebete zur aktuellen Situation von verschiedensten Religonsgemeinschaften. Alle bisher eingegangenen sind zu finden unter
https://www.berliner-forum-religionen.de/gebete-zur-aktuellen-situation/. Täglich ein Text erscheint unter https://www.facebook.com/berliner.forum.religionen.de/.

Im Zeitraum 19.-26.03.2020 haben wir Religionsgemeinschaften in Berlin nach ihrer religiösen Ausübung in der Zeit der Pandemie befragt. Mehr als 30 Antworten von Baha’is, Buddhisten, Christen, Hindus, Juden, Muslimen, Paganen und Sikhs werden nun ausgewertet.


Beste Grüße
Michael Bäumer


(von Michael Bäumer aus Berlin via Yggdrasill-Liste; Die Yggdrasill-Liste ist eine religionswissenschaftliche E-Mail-Liste, in der ich den Interrel. Rundbrief auch immer rundmaile. Meistens reagiert da niemand drauf, aber jetzt sogar drei Leute.)
*
3.)
Liebe Liste,

einige hatten ja in die Runde gefragt, wie die Religionen mit Corona umgehen.
Die DBU hat dazu einiges gesammelt:


Einige Zen Zenter, wie z.B. das zen-Center Regensburg (https://zen-center-regensburg.com/) bieten live Zazen an.

Mit herzlichem Gruß aus dem home-office,
Martin Rötting
(von Martin Rötting aus Salzburg via Yggdrasill-Liste)
*
4.)
Liebe Listemitglieder, lieber Herr Schmiedel,
vielleicht interesseiert es sie, wie Índien zwar säkular aber doch nie ohne religiöse Prägung mit dem Virus umgeht. Der Artikel des Indien lebenden deutschen Autors Martin Kämpchen, das sei allerdings gesagt, wurde vor den jetzigen im Land geltenden drastischen Maßnahmen der Reise- und teilweisen Ausgangssperre geschrieben.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/corona-und-karma-wie-indien-mit-dem-virus-umgeht-16671160.html
Herzliche Grüße, Arabella Unger
(von Arballa Unger aus Marburg via Yggdrasill-Liste)
*
5.)
Lieber Michael

Hey das ist sehr schön, was Du schreibst, bzw. sehr klug.
Danke für die Aufnahme in deinen Verteiler.
Wir arbeiten auch mit Hochtouren an gemeinsamen kirchlichen Angeboten in Bonn:
Alles Liebe und bleib gesund
Michael
Seelsorge im Corona Alltag:
(von Michael Mann aus Bonn)
*
6.)
Lieber Michael,

für die Aufnahme in den Verteiler anlässlich "Fit für interreligiöse Vielfalt" bin ich jetzt so dankbar. Es passte wunderbar zusammen, dass dies kurz vor der Coronakrise geschah. Ich sagte ja schon, dass ich die Medien"vielfalt" (ich meine jetzt die EDV) eher vermeide, sie aber jetzt trotz immerwährender Vorbehalte als sinnbringend (in doppelter Bedeutung) in dieser Situation annehme.
"Youtube" oder "links" oder "Skype" sind zwar mir bekannte Vokabeln, aber ich hatte bisher weder Zeit noch Bedürfnis, deren Mechanismen auszuprobieren und kennenzulernen.
Deinem Rundbrief stimme ich in dem Punkt der positiven Betrachtung insofern zu, als ich heute12 Seiten Brief an meine beste Freundin (na klar, ich gestehe handschriftlich) geschrieben habe. Zeit für mich und Andere finden, ist Balsam für die Seele und wie du schreibst, erwiesene Wohltat für die natürlichen Ressourcen (insbesonders die Luft). Dirk Voos machte die Feststellung, der ich voll zustimmte, dass man Menschen erst im Abstand voll wahrnimmt. In der Nähe sieht man immer nur einen kleinen Ausschnitt.
Wie das Schicksal (gibt es das und was ist das, frage ich mich) es will, bin ich sozusagen auch "auf den letzten Drücker" in den Verteiler von Hubert Arnold geraten (eigentlich wollte ich in seinen Kirchenchor eintreten, der war mir mit über 60 Mann bzw. Frau einfach zu groß). Nun singe ich mit Hilfe dieser Motivationen aus meinem E-mail Posteingang noch öfter und nehme im Vorbeigehen immer wieder Sopran-, Alt- oder Bassblockflöte in die Hand und spiele alle möglichen Noten, die sich so angesammelt haben. Mein tolles von meinem guten Exmann geschenktes E-Piano kommt endlich öfter zu Wort, nee Klang, man kann es auch auf "strings" oder "organ" schalten. Wundervolle Klangerlebnisse durch die mir doch so verhasste (???) Technik, auch wenn man erstmal nur "einhändig"übt.
Und endlich finde ich wie ihr die Erfüllung wieder in langen Spaziergängen durch die Landschaft und genieße diese wunderbare Stille. Fotos mache ich nicht, die muss das innere Auge festhalten, die Eindrücke.
Danke an alle, die mit diesen Mitteln zum allgemeinen Wohlbefinden beitragen. Es war mir dadurch neulich morgens endlich auch wieder möglich "all Morgen ist ganz frisch und neu" unter der Dusche zu jubilieren. Dies ist ein Vorschlag für die mitmachenden Sängermädels- und -knaben. Bitte weitersagen nee leider ja "nur" mailen.
In diesem Sinne viele Grüße und Gesundheit an dich, deine Frau und deinen Schwiegervater
Heidrun Johnson
-
Lieber Michael,
da habe ich noch eine mir wichtige Anmerkung zu deinem Rundbrief vergessen: Die Berufsgruppe, der unbedingt auch gebührende Anerkennung gezeigt werden sollte meines Erachtens, sind die Kassierer*innen in den Supermärkten.
Hier bei Penny in Holzlar habe ich den Vorteil eines fast persönlichen Kontaktes, weil der Supermarkt klein und meine einzige Einkaufsquelle ist und man die Leute an der Kasse vom Sehen kennt. Schade, diese junge hübsche Schwangere mit den wallenden braunen Haaren ist jetzt (zu ihrem Glück) nicht mehr dabei. Jetzt weiß ich nicht ob´s ein Junge oder Mädchen wird, wusste sie letztens noch nicht.
Wenn ich das so schreibe, nehme ich mir für in ein paar Tagen, solange die angeschleppten Einkäufe reichen, vor, achtsamer zu sein. Ist wegen des langsameren Kassierungsvorgangs doch jetzt wunderbar möglich und trägt (ich übertreibe gern, was meine Mitmenschen oft irritiert) letztendlich zum Weltfrieden bei. Die Hübsche ist Türkin, glaube ich, und die pummelige Blonde aus Russland, und der pummelige Schwarzhaarige mit gebrochenem Deutsch ist soviel netter, seit ich ihm gestanden habe, dass ich auch mal Kleidergröße 54 hatte. Ich muss wieder mehr auf diese wichtigen Details achten, das geht in diesen Zeiten ganz gut (und tut mir gut).
Viele Grüße nochmal
Heidrun
(von Heidrun Johnson aus Bornheim)

*

7.)

Lieber Michael,
schön, dass die Auszeit trotz aller technischen Schwierigkeiten geklappt hat. Zumindest war das ein Anfang, auch wenn ich leider von einigen gehört oder gelesen habe, die leider den Anschluss nicht geschafft haben. Ich hoffe, dass wir das noch besser hinbekommen. 
Anbei schicke ich Dir einen Link zu den anlässlich Corona aktualisierten und neu konzipierten Seiten der Online-Periodika WirMiteinander. Darin haben wir auch unsere Gebete der Religionen integriert: https://wirgemeinsam.online/

Schau es Dir mal an und gib die Information bitte weiter.
Ich wünsche Euch alles Gute und Gesundheit. Auf bald
Dirk
(von Dirk Voos aus Bonn)

*

8.)

Guten Tag Herr Schmiedel,
mit Interesse lese ich immer wieder gerne Ihren «Interreligiösen Rundbrief» für Bonn, und bei dieser Gelegenheit leite ich Ihnen auch unsere «Corona-Information» aus St. Gallen weiter. Leider sind die Texte noch nicht auf der Website aufgeschaltet; das dauert bei uns immer sehr lange.
Herzliche Grüsse aus der Schweiz,
Ann-Katrin Gässlein
(von Ann-Katrin Gässlein aus Sank Gallen; Die Gebetstexte können bei mir als PDF-Datei angefordert werden.)

*
Vielen Dank für diese Rückmeldungen!
Letzten Sonntag kam dann auch die im Rundbrief angekündigte Sendung von „Sonntag – TV fürs Leben“ mit dem Titel „Glauben in Zeiten der Pandemie. Ich bin davon etwas enttäuscht, da außer den „drei Religionen bei uns“, wie Andrea Ballschuh Christentum, Judentum und Islam nennt, fast keine Religionen vorgestellt werden. Auch der Buddhismus, dessentwegen ich ja angeschrieben wurde, kommt nur in der Einleitung vor. Trotzdem ist die Sendung interessant und sehenswert: https://www.zdf.de/gesellschaft/sonntags 
Eben fand ich noch ein Video über die positiven Auswirkungen des „Shutdowns“ auf die Luftqualität:
Hilft Corona dem Klima? Auf: Faz.net vom 7.4.2020:
https://www.faz.net/aktuell/wissen/hilft-corona-dem-klima-16715795.html 
Allen, die jetzt die Kartage und Ostern oder Pessach feiern wünsche ich gute Feieretage, trotz allem!
Und Ihnen/Euch allen Gesundheit, Frieden und Gelassenheit!
(Zusammengestellt und Links zuletzt geöffnet am 06./07.04.2020 zu Hause in Siegburg)


Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2020-3 (09.09.2020)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2020-3
(09.09.2020)

 

„Wenn die Beteiligten bereit sind, voneinander zu lernen, entsteht der Dialog schon durch ihr bloßes Zusammensein.“[1]                                                     Thich Nhat Hanh

 

Liebe Leser*innen,

seit dem letzten Interreligiösen Rundbrief sind fünf oder schon fast sechs Monate vergangen. Es war ein eigenartiger Frühling und Sommer unter Corona-Bedingungen. Ich möchte ein wenig erzählen, wie es mir dabei ergangen ist, wobei ich ein paar Punkte herausgreife, die thematisch zum interreligiösen Rundbrief passen. Auch das Zitat oben von Thich Nhat Hanh passt, denn es fanden einige Dialoge in den letzten Monaten statt, an denen ich teilnehmen durfte. Das Zitat ist indes aus dem Zusammenhang gerissen, denn es ist im Buch selbst eingebettet in Aussagen über die authentische Repräsentation der je eigenen Tradition, was ich jetzt aber mal unthematisiert lasse. Aber ich stelle die Frage, ob man denn zusammen sein kann, wenn man sich nur übers Internet austauscht. Sind Ferndialoge möglich und sinnvoll? Ich fange mal mit meiner hauptberuflichen Arbeit an:


Online-Semester

Für mich fünf arbeitsreiche Monate, da ich ein sogenanntes Online-Semester durchführte. Um Ansteckungen mit Corona oder Covid-19 zu verhindern, wurden, soweit irgend möglich, alle Lehrveranstaltungen über das Internet gehalten. Das ergab für alle Lehrenden große Unsicherheiten und Herausforderungen, denn fast keiner wusste, wie das geht. In meiner Uni, Bielefeld, wurden uns einige Techniken zur Verfügung gestellt, Fortbildungen dazu angeboten, und dann hieß es ausprobieren, experimentieren und schauen, was wie am besten funktioniert. Ich habe es letztlich so gemacht, dass ich meinen Studierenden 1) wie immer die Powerpoint-Präsentationen auf einer ihnen zugänglichen Seite der Uni, dem eKVV (elektronischen Kommentierten Vorlesungsverzeichnis) und darin in einem „Lernraum“ zur Verfügung stellte, b) über das Programm Zoom Online-Unterricht abhielt, also synchronen Unterricht, dem jede*r von zu Hause aus beiwohnte und c) auch noch Lehrvideos anfertigte, damit die Studierenden auch asynchron sich den Unterricht anschauen konnten, wann immer sie wollten. So hoffe ich, alle erreicht zu haben, die erreicht werden wollten.  

Nicht alle hatten die technische Möglichkeit, den Zoom-Sitzungen beizuwohnen, aber die Videos konnten alle sehen. Manche wollten auch nicht live dabei sein, was in normalen Semestern aber auch der Fall ist. Letztlich gab es dann aber eine Klausur in der Uni, und zwar in einer Sporthalle, wo alle mit ausreichendem Abstand voneinander sitzen konnten. Das war schon ein bisschen stressig. Aber es hat sich niemand dabei infiziert, obwohl der Kreis Gütersloh direkt nebenan liegt. Eine Klausur haben wir auch noch vor uns, denn ich wollte den Run auf die wenigen genügend großen Räume entzerren. Den Studierenden war es recht.

Obwohl ich so nicht wöchentlich nach Bielefeld fahren musste, sparte ich keine Zeit, sondern die floss in die Videos usw. Unser Rektor lobte alle Mitarbeiter*innen dafür, dass niemand Überstunden angerechnet hat. Wir sind halt alle Überzeugungstäter*innen.  

Der direkte Austausch oder Dialog mit den Studierenden war indes nicht so gegeben, wie man ihn vor Ort beim Zusammensein in demselben Raum praktizieren kann. Der Dialog wurde oft noch mehr zum Monolog als er es im Präsenzunterricht auch schon streckenweise ist. Aber man muss eben Prioritäten setzen, und diese liegen nun mal bei der Sicherheit für Lehrende und Studierende und alle Mitmenschen, die man unterwegs sonst so zu treffen pflegt.  

 

Religions for Peace – Maskenverteilaktion


Derweil kamen im Frühling einige Tausend Mund-und-Nasen-Schutzmasken als Geschenk von Religions for Peace China an Religions for Peace Deutschland, die von Religions for Peace Rhein/Main am Frankfurter Flughafen abgeholt und dann in 1500er-Paketen an die 13 deutschen RfP-Ortsgruppen verschickt wurden. So holte auch ich eines Tages zwei Pakete von der Siegburger Post ab und gab sie in Siegburg und Bonn im Rahmen des Interreligiösen Friedensnetzwerks Bonn und Region weiter, und zwar in Siegburg an den Die Welt ist bunt e.V., der wiederum damit aus Syrien geflohene Familien in Siegburg versorgte, in Bonn an das Zentrallager Sachspenden Bonn,dieEvangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit, das Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen, die Römisch-Katholische Kirche, die Bahá’í-Gemeinde und die Zen-Peacemaker weiter, die wiederum damit Geflüchtete, Obdachlose und Ratsuchende damit versorgten. Wie sagt man so schön: Die gingen weg wie warme Semmeln. Und wie warme Semmeln schnell gegessen sind, so sind diese Einwegmasken inzwischen sicher längst alle verbraucht und entsorgt. Aber im Mai/Juni war der Handel noch nicht so weit, sie massenweise anzubieten. Und zudem, musste ja niemand etwas für dieses Geschenk aus China zahlen.

Ich war ja anfangs auch etwas skeptisch, warum denn grade aus China so eine Spende kommen sollte, aber der RfP Deutschland-Vorsitzende Franz Brendle kennt die Kolleg*innen in China und zerstreute alle Verdächtigungen, die Regierung der VR China könnte damit was zu tun haben.  So also ein herzliches Xie xie nach China!












Hier ein paar Fotos der Masken-Aktion:

Abholung bei der Post in Siegburg; Foto: Petra Schenk-Schmiedel
(2020.05.18Mo MAS SD M438-1515 DSC02384)

Übergabe der Masken in Siegburg; Foto: Michael A. Schmiedel (mit Selbstauslöser) (2020.05.29Fr MAS CF M65-3488 IMG_8695)

Übergabe der Masken in Bonn; Foto: Michael A. Schmiedel (mit Selbstauslöser)
(2020.06.12Fr MAS CF M65-4740 IMG_9957)


Da kamen wir also physisch zusammen. Ein Dialog wurde dabei aber auch nicht praktiziert, sondern es war „nur“ praktische Hilfe. Aber immerhin ermöglichten die Masken dann, dass Menschen im selben Raum miteinander sein konnten, etwa bei Sozialberatungsgesprächen oder Arztbesuchen. Die Ansteckungsgefahr wurde durch die Masken nicht verunmöglicht, aber reduziert. Sozusagen war die Maskenverteilung eine Hilfestellung für die Möglichkeit von Dialogen.

 

Diskussionen rund um Corona

Auch derweil entwickelten sich ausgiebige Diskussionen darüber, ob es denn überhaupt eine Pandemie gebe oder ob das nicht nur eine Ansammlung von wem auch immer gesteuerte Falschmeldungen sei. Oder wenn das Virus tatsächlich existent und gefährlich sei, ob es denn wirklich so gefährlich sei, dass derartige Schutzmaßnahmen von der Maske bis zur Quarantäne und dem Runterfahren ganzer Wirtschaftsbereiche gerechtfertigt seien. Skeptiker sammelten fleißig Widersprüche und Falschmeldungen in den Medien, hörten aufmerksam den einander widersprechenden Expert*innen zu und zogen daraus teils differenzierte, teils pauschale Schlüsse. Schimpfwörter zwischen denen, die die Schutzmaßnahmen befürworteten und denen, die sie ablehnten, blieben nicht aus. Ich schreibe im Präteritum, aber es geht ja immer weiter. So werden auch die Berichte über die Demonstrationen in Berlin sehr verschieden interpretiert. Für die einen demonstrierte da „das Volk“, das die Mehrheit des Volkes repräsentierte, für die anderen demonstrierte da eine kleine, aber laute Gruppe von Fanatikern, die entweder politisch recht gewesen seien oder sich zumindest von den politisch Rechten, also den Nationalisten, nicht gebührend distanzierten. Ich hatte im Internet einen einigermaßen funktionierenden Dialog mit einem Vertreter der Gegner der Schutzmaßnahmen, mit dem ich einen recht sachlichen Austausch pflegen konnte. Nur leider blieb er mir gegenüber anonym mit einem Nicknamen, was mir für einen echten Dialog dann doch unangemessen erschien, so dass ich es wieder sein ließ. Nun, er hatte Angst um seinen Arbeitsplatz, sollte sich seine Identität verbunden mit seiner politischen Meinung herumsprechen. Ich finde, man sollte diese Gegner der Schutzmaßnahmen differenziert betrachten und zugleich die Gefährlichkeit der Unterwanderung und Instrumentalisierung dieser Gegner durch Nationalisten scharf im Auge behalten und denen unter den Gegnern, die mit Nationalismus nichts am Hut haben, auch klar machen, wer sie da vor den eigenen Karren spannt. Das – ich nenne es mal so – nationalistische, ethnozentrische und religionistische Gift ist schon sehr stark verbreitet in vielen Ländern der Erde und bringt selten was Gutes, sondern meistens Aggression, Feindschaft gegenüber Menschen anderer Herkunft und Verfolgung Andersdenkender. Manchen Demonstrant*innen mag das egal sein, denn sie demonstrieren nur für ihre eigene Freiheit und hätten vielleicht am liebsten eine Anarchie, in der es keine Gesetze und Vorschriften gibt. Die würden sich bei einem Sieg der Nationalisten wohl am meisten wundern, wen sie da unterstützt haben, aber dann wäre es zu spät. Ich denke, Freiheit und Verantwortung oder Rechte und Pflichten sind zwei Seiten einer Medaille. Und auch wenn man kritisch sein sollte, sollte man sich nicht für klüger als alle Experten der Welt halten. Dass auch Experten einander widersprechen verwundert doch nur den, der nicht weiß, wie Wissenschaft funktioniert. Da gibt es viele Irrtümer und Fehlversuche und es gibt auch Wissenschaftler*innen die auf ihren Irrtümern beharren, aber im Laufe des Diskurses setzt sich meistens ein gangbarer Weg voller Teilerkenntnisse durch, die nach und nach immer mehr von Fehlern befreit werden. Die Übertragung in die Politik und die öffentliche Meinung ist noch mal eine andere Sache und kann noch um einiges länger dauern. Und wenn die Politiker*innen Entscheidungen treffen, die andere Menschen nicht nachvollziehen können, gibt es Diskussionen. Das ist ganz normal. Dann müssen die Politiker*innen und die Wissenschaftler*innen erklären. Nur wenn man ihnen nicht mehr zuhört, kann man auch nichts lernen. Wenn man einander nur noch misstraut, kann keine vernünftige Diskussion und erst recht kein Dialog und keine Kooperation stattfinden.

Ich führte solche Gespräche also auch nur übers Internet. Ich weiß auch nicht, ob ich mich gerne mit jemandem physisch treffen würde, der jede Sicherheitsmaßnahme für Unsinn hält, keine Maske trägt, keinen Abstand hält und so weiter. Das macht den Dialog natürlich auch nochmal schwieriger.

 

Interreligiöser Online-Dialog

Ist der oben erwähnte Dialog mit einem Gegner der Schutzmaßnahmen auch leider ergebnislos zu Ende gegangen, wobei ein gegenseitiger Respekt, den wir uns erarbeitet haben, ja auch schon mal ein Ergebnis ist, so habe ich einige andere, jetzt wirklich interreligiöse Dialoge von zu Hause aus mitgemacht, die ich als sehr wohltuend empfand und weiterhin empfinde. Zum Beispiel haben wir unseren interreligiösen Gesprächskreis von Religions for Peace Bonn/Köln in eine Telefonkonferenz verwandelt. Man wählt die Nummer eines Anbieters, bei dem diese Konferenz angemeldet wurde, und der verbindet dann mehrere Teilnehmer miteinander, so dass sie miteinander reden können. So waren wir zwischen fünf und zehn Teilnehmer*innen und sprachen im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt, so wie wir es in Vorcoronazeiten bei Lioba von Lovenberg zu Hause taten und irgendwann auch wieder tun wollen. Man muss sich natürlich an der Stimme erkennen, kann keine Gesichter und keine Gestik sehen. Aber so liefen die bisherigen Gespräche vielleicht sogar disziplinierter ab, weil jeder erstmal lauschte, ob jemand anders gerade was sagen wollte, bevor er*sie selbst das Wort ergriff. Und wir beschränkten die Zeit auf eine Stunde.

Mit Gesichtersehen liefen dagegen die Sohbets, türkisch für „Teegespräche“, des Verbandes Engagierte Zivilgesellschaft NRW (VEZ) ab, zu denen ich eines Tages eingeladen wurde. Denn für diese wurde das mit von meiner Uni-Arbeit bekannte Zoom-Programm verwendet. Zusätzlich zu den bis zu neun aktiven Teilnehmer*innen konnten noch viele weitere passiv über Youtube zusehen und zuhören. Und auf Youtube sind die Teegespräche auch gespeichert und nach wie vor abrufbar. Der VEZ ist ein muslimischer Verband, der zur Hizmet-Bewegung gehört, die wiederum von Fetullah Gülen inspiriert ist. Ich weiß nicht genau, was ich so im großen Ganzen von Fetullah Gülen halte, aber ich halte sehr viel von diesen dialogaktiven meist jungen Muslim*innen und auch den christlichen und jüdischen Gesprächsteilnehmer*innen der Teegespräche. Sie sind offen, modern, interessiert an allem, was mit Religion und Weltanschauung zu tun hat, und es waren bisher sehr tiefgehende, freundliche, respektvolle Gespräche wiederum über Gott und die Welt. Das von nun an gesehen nächste Thema wurde ich gebeten beizusteuern, und es wird am 17.9. der Dialog und Vergleich zwischen abrahamischen Religionen und Buddhismus sein. Auch die Teegespräche sind auf eine Stunde beschränkt. Das erwies sich als sehr gute Einschränkung, denn ansonsten könnte man ja stundenlang weiterreden.

Am 23.9. wollen wir auch vom IFN her mal ein solches Format versuchen und zu einem Zoom-Dialog, eventuell mit Youtube-Übertragung, und zwar zum Thema: Verantwortung für Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart wahrnehmen. Vom Zeugnisablegen in Auschwitz bis zur Inklusion geflüchteter Mitmenschen. Ich bin sehr gespannt, wie das funktionieren wird.

Außerdem haben ich als reiner Zuschauer auch Online-Webinaren von Religions for Peace International beigewohnt.

Über künftige Termine informiere ich Euch/Sie über die Interreligiösen Weiterleitungen oder IFN-E-Mails, oder schauen Sie/schaut auf der IFN-Website (https://ifn-bonnregion.jimdofree.com/), bezüglich der Tee-Gespräche auf der VEZ-Website (https://dialog-nrw.de/tee-gespraeche/) nach. Aufzeichnungen der Tee-Gespräche die man auf der letztgenannten Seite nicht findet, findet man hier: https://www.youtube.com/results?search_query=sohbet+teegespr%C3%A4ch

 

Ich beende diesen interreligiösen Rundbrief mit einem Zitat aus einem anderen Genre, das mir am Herzen liegt und durch Corona-Schutzmaßnahmen auch stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, einem Zitat, das Euch*Sie – so es Ihnen*Euch nicht eh schon klar ist – vielleicht neugierig macht:

„Nichtsdestotrotz, das Sang und Klang Festival hat mir und wohl auch vielen anderen sehr deutlich gemacht, deutlicher vielleicht als sonst in den letzten Jahren, dass wir hier in diesem Land eine wunderbare, kreative, lustige, kritische Folk- und Liedermacherszene haben.“[2]                    Mike Kamp

I
ch wünsche Euch/Ihnen allen Gesundheit, Frieden und ganz tiefes Glück!

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/

PS: Leser*innenbriefe sind wie immer willkommen. Ggf. dazu schreiben, ob ich sie veröffentlichen darf und ob eine öffentliche oder private Rückmeldung meinerseits gewünscht ist.

(Diesen Rundbrief schrieb ich am 15.08. und 08./09.09.2020 zu Hause in Siegburg.)



[1]Thich Nhat Hanh. Buddha und Christus heute. Verbindende Elemente von Buddhismus und Christentum. München 1999 (Goldmann), S. 31.

[2]Mike Kamp. Das Onlinefestival Sang und Klang. „Nächstes Jahr will ich das hier live haben“. In: Folker. Song, folk, global. Nr. 5./6.2020. Online: https://www.folker.de/Artikel.php?ausgabe=202005&art=Artikel2(aufgerufen am 8.9.2020).

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2020-4

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2020-4
(31.12.2020)

„Gott kann keinen Abstand halten.“
                                                          
Joachim Triebel-Kulpe
[1]

Liebe Leser*innen,

zum Ende des Jahres 2020 nach gregorianischem Kalender möchte ich doch noch einen dritten Interreligiösen Rundbrief rundschicken. Der letzte ist schon über drei Monate her, und es gab zu diesem noch zwei Leserinnenbriefe, die ich noch nicht an Euch/Sie weitergegeben habe.

Hier sind sie:

1.
Lieber Michael Schmiedel,

danke für diesen Rundbrief, der meinen Kopf öffnete und mein Herz erfreute. Es tut gut, zu lesen, wie vielfältig es unter der Corona Decke weiter blüht!

Herzliche Grüße Beate Nettmann Roy


2.
Lieber Michael,

als einseitig durch ein technisches Studienfach (Bauingenieurwesen) geprägte, nach seelischer Nahrung hungernde Frau habe ich mit Freude die Anmerkungen zu Nicht- oder Beachtung der Coronaschutzmaßnahmen mit dem Exkurs zu politischer/wissenschaftlicher Konsensbildung in deinem interreligiösen Rundbrief gelesen.

Ich stürze mich immer wieder auf kurze mir über den Weg laufende Seelennahrung, da ich in meinem "Unruhestand" mir nie die Zeit für ausgiebige Lektüre nehme - zumal mir oft die Literatur fehlt, wie gesagt technisch gebildet oder verblendet(?). Als Wasserbauingenieurin liegen mir aber auch Themen wie Wasserqualität bei fortschreitender Verschmutzung und Erwärmung (der Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen) und fehlende Wasserressourcenerneuerung (es regnete einfach nie in diesem Sommer) am Herzen.

Aber zurück zum Anlass meiner mail: ein Dankeschön an die für mich unendlich wertvolle Tatsache, dass ich im "interreligiösen Verteiler" bin und deine schönen Anmerkungen lesen konnte. Herzlichen Dank für den Rundbrief.

Da kam ja auch der Aufruf zur Schweigeandacht nachts von Monika (ich kenne sie leider nicht persönlich, vielleicht traue ich mich jetzt mal ihre angegebene Telefonnummer zu wählen, eigentlich bin ich sehr eigenbrötlerisch veranlagt mittlerweile) zu "Moira brennt". Mich hat der Brand der Zeltstadt auf Lesbos auch unendlich berührt. Hoffentlich ergibt sich ein Kontakt.

Der Ausschluss des persönlichen Kontakts trifft mich, die ich doch immer wieder mit den digitalen Medien haderte und weiter hadere besonders hart. Du schreibst zu einer Telefonkonferenz, dass sie, wie ich es verstand, zu besonderem Respekt anleitet. Da fehlt mir trotz aller Bemühungen des Dialogs, in deren Genuss ich am Rande immerhin durch den Verteiler komme, der Aspekt von Gefühl, das erst durch vielleicht sogar Unterbrechen des Redners, Erheben der Stimme etc. zum Ausdruck kommt. Das durfte ich nie! (erziehungsmäßig gesehen). Aber Wut, Trauer, Glück, Freude kommen doch erst durch spontanes "Ungehorsamsein" zum Ausdruck, Zwischenrufe. Klar liegt mir Gewaltverzicht absolut am Herzen, aber wie kann z.B. Musik oder Malerei entstehen, wenn nicht kleine Übertretungen der zivilen Anpassung möglich sind.

Das ist mein im einsamen, stillen Kämmerlein geschmiedeter, eigentlich passiver Beitrag zu deinem schönen Rundbrief. Und hier in meiner zum Teil coronabedingten Zurückgezogenheit wurde mir diese Sehnsucht nach wütender oder milder-melancholischer Anklage auch gestern bei kurdischer Musik eines Trios mit klassischen Instrumenten dieser Musikrichtung beim kurdischen Kulturabend im MIGRApolis bewusst.    Viele liebe Grüße    Heidrun

+

Soweit die beiden Leserinnenbriefe mit Dank dafür, dass ich sie hier veröffentlichen darf. Jetzt folgen noch ein paar Worte von mir.


Begegnungen und Muße

Ja, Begegnungen sind wichtig! Und wenn ich so auf dieses Jahr zurückblicke, war es, Corona hin oder her, voller Begegnungen, wenn auch nicht alle dreidimensional, analog und körperlich, sondern einige nur zweidimensional, digital und medial vermittelt. Was ich im letzten interreligiösen Rundbrief schrieb, also zum Beispiel die Online-Lehre mit meinen Studierenden und die Sohbet-Teegespräche des VEZ liefen weiter. Auch das jetzt schon zur zwei Dritteln geschaffte Wintersemester läuft nur online. Inzwischen haben wir da mehr Routine. Ich nahm auch an Veranstaltungen, zu denen ich wegen der Entfernung wohl nicht hingefahren wäre, so an einer Tagung in Fribourg und einer Ringvorlesung in Wien teil. So wurde online möglich, was analog zu aufwändig gewesen wäre. Auch Treffen von Religions for Peace, vom Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen, vom Interreligiösen Friedensnetzwerk Bonn und Region fanden via Zoom statt. Es ging alles. Begegnungen fanden auch so statt.

Indes gibt es Menschen, die keinen Internetanschluss zu Hause haben, aus welchem Grund auch immer. Da wir im Kreis des Interreligiösen Gesprächskreises von RfP Bonn/Köln zwei Teilnehmer*innen ohne Internetanschluss haben, hielten wir den Gesprächskreis weiter als Telefonkonferenz ab. Auch das funktionierte. Aber diese beiden und sicher noch viele Menschen mehr haben eben nicht die Begegnungsmöglichkeiten, die das Internet bietet. So erfuhr ich von beiden, dass ihnen die analogen und persönlichen Begegnungen und Veranstaltungen viel mehr fehlen als mir.

Ich erfuhr auch von einem Freund, dass das Fehlen der sonst so vielfachen Veranstaltungen ihm mehr Muße zum Nachdenken ließ, was ihn zu einer Entscheidung gebracht habe, die er sein Leben lang vor sich hergeschoben habe. Welche das war, fällt hier aber unter Privates. Mich machte es aber nachdenklich, dass das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Technik so sehr über unser Leben bestimmt. Er kommt mehr zum Nachdenken, während ich froh bin, wenn es mal eine Woche ohne zusätzliche Onlineangebote gibt, denen ich meine, nachkommen zu müssen. Mir fehlen eher die Zugfahrten nach Bielefeld und zurück, in denen ich mehr zum Lesen und Schreiben komme, als ich es zu Hause schaffe. Aber zum Meditieren komme ich zu Hause mehr, wenn ich nicht wieder irgendwohin muss. Also Muße habe ich nicht unbedingt mehr gehabt in diesem Jahr, nur war sie anders gelagert.

Andern ging es ähnlich. So war es nicht möglich, alle Mitglieder des IFN zu einem gemeinsamen virtuellen Jahrestreffen via Zoom an einem Abend zusammen zu bekommen. Noch nicht mal nach einer Aufteilung auf drei Abende funktionierte das. Alle waren und sind so sehr beschäftigt und in Beschlag genommen. Die drei Jahres-Teiltreffen, die stattfanden, waren aber gut und zeigten, das synchrones Miteinandersprechen nicht durch eine asynchrone Kommunikation via E-Mail zu ersetzen ist.

Ich möchte aber von einer Begegnung erzählen, die wir im November hatten, ganz analog und unterwegs an der Sieg. Wir waren im Regionalexpress unterwegs mit dem wohl freundlichsten Fahrer, den die Deutsche Bahn zu bieten hat. Er ist mir schon oft aufgefallen, wenn ich zwischen Köln, Siegburg und Au – bzw. dem Auenland, wie er immer sagt – unterwegs war. Er begrüßt immer die Fahrgäste und gibt ihnen Tipps, sich unterwegs die schöne Landschaft anzusehen oder ob sie besser vorne oder hinten aussteigen, um bei Regen auf dem Bahnsteig schnell unters Dach zu kommen. Und nun hingen wir mit ihm zwei Stunden in Blankenberg fest, weil eine Stellwerkstörung uns weder vor- noch zurückfahren ließ. Wir unterhielten uns mit ihm und dann ging er auf den Bahnsteig und spielte für uns alle auf der Trompete. Ich habe es fotografiert und sogar zwei Videos gemacht und ihm diese über meine GMX-Cloud[2] zukommen lassen. In einer Antwort schickte er mir den Link zu dem Online-Gottesdienst seines Heimatdorfes im Westerwald, aus dem das Zitat zu Beginn dieses Rundbriefes stammt, und den er mit seiner Familie, der Bläserfamilie Kowalski, musikalisch begleitet hat.

  

„Gott kann keinen Abstand halten.“

Über diesen Satz könnte man jetzt viel nachdenken. Das habe ich auch schon getan, aber möchte mich mit meiner privaten Theologie hier jetzt mal zurückhalten. Vielleicht wäre er mal ein gutes Thema für einen interreligiösen Gesprächskreis oder ein Sohbet. Oder für einen Leserbrief.

Menschen können aber Abstände halten, und mal sind diese notwendig, manchmal Ausdruck einer Not oder Not bringend. Ich denke auch derzeit über Abstände im interreligiösen Dialog nach, die nichts mit Corona zu tun haben, und zwar über die Frage: Wer dialogisiert oder gar kooperiert mit wem und wer mit wem nicht? Immer wieder höre ich Sätze wie: „Mit denen will ich nichts zu tun haben!“ Vorbehalte, Vorurteile, negative Erfahrungen mit „denen“ oder der Bewegung oder Gemeinschaft, der sie angehören oder entstammen, Misstrauen und so weiter sind allzu menschliche Regungen, die aber eben die Begegnung, den Dialog, das Zusammenleben erschweren. Und manchmal beruhen sie, vor allem die Erfahrungen, ja auf guten Gründen. Manchmal werden die Erfahrungen aber auch auf Menschen übertragen, die mit denen, die einem die Erfahrung eingebracht haben, nichts oder nicht direkt etwas zu tun haben. Auch religiöse Gemeinschaften, Netzwerke, Bewegungen sind veränderlich, auch wenn konservative Vertreter derselben den Eindruck vermitteln, es sei alles felsenfest in Stein gemeißelt. Wenn man sich da zurechtfinden will, wer welche Interessen vertritt, wem man trauen kann, worauf man sich mit wem einlässt, dann muss man sich informieren, recherchieren, forschen. Das ist ja nun mein Metier als Religionswissenschaftler, aber es braucht Zeit. Vielleicht mache ich Sie jetzt neugierig darauf, was ich denn genau meine, ob so allgemein oder konkret. Nun, die Neugier möchte ich Ihnen nicht nehmen, Sie jetzt nicht von ihr erlösen. Wie heißt es in Krimis immer wieder: „Über laufende Verfahren dürfen wir Sie nicht informieren.“ Aber nein, es handelt sich nicht um eine Kriminalgeschichte, und dennoch lasse ich es mal dabei bewenden. Vielleicht kommt im nächsten Rundbrief mehr dazu.

 

Jetzt wünsche ich Ihnen und Euch erstmal einen guten Start im Neuen Jahr, auf dass 2021 nicht nur diese Pandemie besiegt sein wird, sondern wir auch andere Probleme anpacken können, wie den Klimawandel, die Nationalismen und Religionismen, den Neoliberalismus und so weiter.

Lebt/Leben Sie lang und in Frieden!

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/
https://ifn-bonnregion.jimdofree.com/

PS: Leser*innenbriefe sind wie immer willkommen. Ggf. dazu schreiben, ob ich sie veröffentlichen darf und ob eine öffentliche oder private Rückmeldung meinerseits gewünscht ist.
PPS: Wer den IFN Zoom-Dialog vom 23.09.2020 noch nicht kennt, findet ihn auf Youtube unter
https://www.youtube.com/watch?v=CT0j37O9dUI

(Diesen Rundbrief schrieb ich am 31.12.2020 zu Hause in Siegburg.)



[1] Pfarrer Joachim Triebel-Kulpe. Online-Weihnachtsgottesdienst der Ev. Kirchengemeinde Almersbach.
https://www.youtube.com/watch?v=Fu1C3TaVvuk&feature=youtu.be(geöffnet am 31.12.2020)

 

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2021-1

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2021-1

(07./08.10.2021)

„In den Heiligen Schriften gibt es Stellen, die so interpretiert werden können, dass sie zum Krieg aufrufen. Wir können diese Stellen ignorieren, wir können sie spiritualisieren, aber wir müssen sehen, dass es Gläubige gibt, die sie ernst nehmen.“

 

                                           Foto: Michael A. Schmiedel

Kardinal John Onaiyekam (Sinngemäßes Zitat aus dem Gedächtnis.)

 

Liebe Leser*innen des Interreligiösen Rundbriefes,

tatsächlich habe ich im ganzen Jahr 2021 noch keinen Interrel. Rundbrief geschrieben, sondern nur immer wieder mal Hinweise zu religiösen Feiertagen in diesem Verteiler rundgeschickt. Es gab immer so viel anderes zu tun. Das ist jetzt auch nicht anders, aber ich sitze gerade im Zug auf dem Heimweg von einer wunderbaren Tagung in Lindau am Bodensee, und möchte einfach ein paar Zeilen darüber schreiben.


Generations in Dialogue. Conference of the World Council of Religious Leaders on Faith and Diplomacy

Dazu muss ich sagen, dass das auch von mir erwartet wird, seit ich im März zum Öffentlichkeitsreferenten von Religions for Peace Deutschland gewählt wurde, wobei dieser Rundbrief aber mein persönliches Medium ist, und ein offizieller RfP-Text noch folgen wird. Das war eine Tagung von Religions für Peace International, von Ring for Peace (Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft) und vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, und es gibt um den Dialog der Generationen über Glauben und Diplomatie. Ich muss sagen, ich erwartete bei dem Thema Diplomatie eine etwas förmliche und steife Gesellschaft anzutreffen, doch wurde ich sehr positiv überrascht, denn die Tagungsteilnehmer*innen waren vor allem sehr herzliche und unkomplizierte Menschen, selbst wenn ranghohe Diplomat*innen und religiöse Führer*innen darunter waren. Inhaltlich ging es dabei um die Hilfe für von Corona bzw. vom Lockdown geschädigte Menschen, um den Klimaschutz, selbstverständlich um Friedensarbeit und bei all dem eben auch darum, welche Rolle Diplomat*innen und religiöse Führungspersönlichkeiten dabei spielen, und wie sie interagieren können. Und es waren alte und junge Menschen, Senioren und Jugendliche darunter, und der römisch-katholische Kardinal aus Abuja in Nigeria, von dem das Zitat oben stammt, sagte dazu, dass die Jugend heute länger dauere, so bis zum Ende des Studiums, während in seinen jungen Jahren selbst Kinder schon erwerbstätig sein mussten und somit schon fast als Erwachsene galten.

Ich weiß gar nicht, wie viele Religionen bei dieser hybriden Tagung vertreten waren. Selbstverständlich die üblichen großen wie Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Judentum und Bahá’í, aber auch indigene Religionen, die jede für sich weitaus weniger Mitglieder haben. Die Stars, zumindest wenn man das daran bemisst, wer sich alles mit ihnen fotografieren lassen wollte, waren sicher Großvater Dominique und Großmutter Marie-Josée Rankin vom Volk der Anicinape (Algonquin) in Quebéc, und das sicher nicht nur wegen seines schöne Federschmucks, sondern auch weil sie eine Weisheit der Naturverbundenheit repräsentierten.


Margot Käßmann, Marie-Josée Rankin, Dominique Rankin und Fatima Hallal bei der Ringzeremonie. Foto: Michael A. Schmiedel

Aber auch junge Leute waren Stars, als sie erzählten, wie sie in ihren Heimatländern für Menschen, die wegen des Covid-Lockdowns nicht arbeiten durften, Lebensmittel, Schutzmasken, Seife und anderes organisierten oder wie sie Bäume pflanzten, um den Klimawandel zu bekämpfen, und das jeweils in interreligiöser Zusammenarbeit. Andere erzählten von interreligiösen Dialogen, die die Unkenntnis übereinander minimierten. Mal wurden die Aktionen von staatlichen Stellen unterstützt, mal nicht. Gerade in Bezug auf den Schutz des Regenwaldes wurde es deutlich, dass es ohne staatliche Hilfe nicht geht, denn mit dem Regenwald sind auch die dort lebenden indigenen Völker gefährdet, auf deren Naturwissen man aber auch angewiesen ist.

Diese Tagung war ja eine Folgetagung der großen Weltversammlung 2019, auch in Lindau, und auf deutscher Ebene haben sich damals drei Arbeitsgruppen gebildet, die sich auch jetzt trafen und von ihren Aktionen berichteten, und zwar eine zum interreligiösen Klimaschutz, eine zum interreligiösen Lernen und eine zur Kartographie interreligiöser Organisationen in Deutschland. Für die Öffentlichkeit ist sicher die erstgenannte zunächst am interessantesten, da sie zum Beispiel am 31.10.2021 ein Klimafestival veranstalten, worauf ich noch extra hinweisen werde.

Also mir machte diese Tagung Mut für meine interreligiöse Arbeit. Aber es kamen auch Probleme zur Sprache, wenn auch manche eher bei den Pausengesprächen, so     Ausgrenzungen von Religionsgemeinschaften durch andere, oft innerhalb einer Religion, wie der Ahmadiyya durch andere Muslim*innen oder der Gülen-Anhänger*innen durch andere türkische Muslim*innen. Aber selbst die Generalsekretärin von Religions for Peace International Azza Karam fragte in einer Sitzung kritisch, ob man alle Religionsgemeinschaften zur Mitgestaltung der Gesellschaft einladen solle, wohl wissend, dass es auch sehr exklusivistische gibt, die nur ihre eigene Sichtweise durchsetzen wollen, worauf Irmgard-Maria Fellner vom Auswärtigen Amt meinte, man höre sich alle an, grenze niemanden von vornherein aus, und dann sehe man, was man miteinander machen könne.

Ein anderes Problem erschien mir die immer wieder mal zu hörende Meinung zu sein, religiöse Menschen seien besser geeignet, die Krisen der Welt zu meistern. So gab es auch eine Diskussion darüber, ob religiöse Akteure bei der Covid-Krise einzigartige Hilfe geleistet hätten, wobei je zwei Vertreter*innen pro und contra diskutierten, und vor und nach der Diskussion die Anwesenden nach ihren Meinungen dazu befragt wurden, wobei wiederum vor der Diskussion die Mehrheit die These bejahte, sie nach der Diskussion aber verneinte. Mir schien indes die Fragestellung zu verallgemeinernd, denn es gibt ja religiöse Akteure, die sehr hilfreich waren und solche, die die Lage noch verschlimmerten, und bei nichtreligiösen Akteuren ist es genau so, so dass man diesbezüglich gar nicht zwischen religiösen und nichtreligiösen Akteuren unterscheiden kann. Das hängt von vielen Faktoren ab, wie sich ein Mensch, sei er religiös oder nicht, in Bezug auf Corona positioniert. Azza Karam bestärkte meinen diesbezüglichen Aufruf auch noch, in dem sie klar machte, dass religiöse Menschen nicht per se bessere Menschen seien als nichtreligiöse.

 

House of One

Das mag jetzt erstmal zu dieser Tagung genügen, aber ich möchte noch auf ein anderes Ereignis im Laufes Jahres eingehen, nämlich die Grundsteinlegung des House of One am 27.05,2021, der ich online beiwohnte. Da haben sich Vertreter*innen des Christentums, des Judentums und des Islam zusammengetan, um ein interreligiöses Gebetshaus zu bauen, mit einer Kirche, einer Synagoge und einer Moschee, sowie einem Raum für andere Religionen, aber auch andere Zwecke zu bauen. Bei zwei Informationsveranstaltungen dazu fragte ich auch, ob es exklusiv ein Haus für die drei großen monotheistischen Religionen sein solle, was ausdrücklich verneint wurde. Das Haus sei eine Initiative von ganz konkreten Akteuren, also auch nicht von „den drei Religionen“, aber es solle allen offen stehen. Hätte man aber schon bei der Gründung versucht, Vertreter*innen aller Religionen mit ins Boot zu holen, würde das Haus auch immer teurer werden und vielleicht unmöglich werden. Gegenwind gebe es ja auch eh genug, auch aus diesen drei Religionen.

Ich lasse es jetzt mal genug sein, obwohl mir noch Themen auf der Seele brennen, aber ich will diesen Rundbrief nicht überfrachten.

Zum Abschluss noch ein Gedächtniszitat von der Tagung in Lindau:

 

„Wir müssen mit beiden Füßen auf der Erde stehen. Am besten barfuß.“

Großvater Dominique Rankin


                                            Foto: Michael A. Schmiedel

 

Wer jetzt noch mehr lesen, sehen und hören möchte:

Religions for Peace:
https://www.rfp.org/
https://religionsforpeace-deutschland.de/

Ring for Peace:
https://de.ringforpeace.org/ (Vor allem dort viel PR zur Tagung.)
https://vimeo.com/ringforpeace(Videos von der Tagung.)

Auswärtiges Amt:
https://www.auswaertiges-amt.de
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/themen/kulturdialog/religion-aussenpolitik/212814
https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2239074/b97244399c2026e963d1336d0aba1abf/religion-und-aussenpolitik-data.pdf(Religion und Außenpolitik)

Christian Röther. Religions for Peace – Interreligiöser Generationendialog am Bodensee. In: Deutschlandfunk. Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft am 05.10.2021:

https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2021/10/05/religions_for_peace_interreligioeser_generationendialog_dlf_20211005_0947_a4910ff8.mp3  

 

Interreligiöses Klimafestival:
https://greenfaith.org/klimafestival/?lang=de

 

House of One:
https://house-of-one.org/de


Christian Röther.
Grundsteinlegung des „House of One“ in Berlin – ein Haus für drei Religionen. In: Deutschlandfunk. Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft am 27.05.2021:
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2021/05/27/grundsteinlegung_des_house_of_one_in_berlin_ein_haus_dlf_20210527_0936_83d51296.mp3

 (Alle Links geöffnet am 8.10.2021.)

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer
Michael A. Schmiedel

 

                                            Foto: Hamideh Mohagheghi

(Geschrieben am 7.10.2021 im RE zwischen Lindau und Ulm, ergänzt am 8.10.2021 zu Hause, ein Tippfehler korrigiert am 15.10.2021.)

interreligioeser-rundbrief.blogspot.com

 


Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2022-1 (13.03.2022)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2022-1

(13.03.2022)

Das eine möchte ich Euch allen ans Herz legen:
Leben und Tod sind eine ernste Sache.
Darum seid stets achtsam,
Niemals achtlos,
Niemals nachlässig!

Abendruf aus dem Zen-Buddhismus[1]

 

 

„Auf dem Friedhof in Hangelar, einem Ort dicht an Bonn, in dem ich lebe, liegen zwei besondere Gräber dicht nebeneinander. Im einen ruht ein Mann, der 100 Jahre alt wurde. Im anderen ein Kind, am Tag seiner Geburt verstorben.“[2]

 

Liebe Lesende meines interreligiösen Rundbriefs,

 

das, was Georg Schwikart in seinem neuen Buch beschreibt, erlebte ich auch neulich auf dem Koblenzer Zentralfriedhof: Gräber sogenannter Sternenkinder, die vor ihrer oder am Tag ihrer Geburt gestorben sind. Und auf der andern Seite Gräber von Menschen, in im hohen Alter von uns gingen. An dem Tag bestatteten wir meinen Onkel Hans, der, so wie auch die interreligiösen und religionswissenschaftlichen Persönlichkeiten, deren Nachrufe ich in den letzten zwei Monaten rundschickte, also Ernst-Wolf Kleinwächter (21.06.1929-11.01.2022)[3], Hans-Jürgen Greschat (03.03.1927-13.01.2022)[4], und Thich Nhat Hanh (11.10.1926.-22.01.2022)[5] ein langes, erfülltes Leben hatte, das 95 Jahre währte. Er war für mich ein sehr wichtiger Mensch. In den 1970ern bis 1990ern haben wir viele schöne Wanderungen miteinander gemacht, an Rhein, Mosel, Lahn und auch an der Weser, so manchen Schoppen Wein miteinander geleert und zusammen irische Musik gehört. Seine letzten zwei Lebensjahrzehnte waren von Blindheit durch einen Grauen Star beeinträchtigt, was ihn nicht von einem weiteren Thema abbringen konnte, dem Basteln, wie er es bescheiden nannte, von kleinen Truhen, Schachteln, Kästen mit Intarsien darauf. Dabei muss man wissen, dass er ohne Augenlicht die verschiedenen Hölzer mit den Fingern tastend auseinanderhalten konnte. So entstanden wahre Kunstwerke, deren mir liebstes eine Truhe ist, die er noch sehend anfertige, mit vielen kleinen Schubladen, auf deren jeder eine mittelrheinische Burg gut erkennbar abgebildet ist und auf einer er selbst, wie er mit seiner Baskenmütze auf dem Kopf durch die Landschaft wandert, ähnlich wie auf diesem Foto:

 

„Wem Gott will rechte Gunst erweisen“. Mein Onkel Hans am 22.03.1985 auf der Koblenzer Karthause.

Nun wäre er beinahe gar nicht so alt geworden, nicht weil seine Geburt schwierig gewesen wäre, sondern weil er als junger Mann, so mit 17-18 Jahren, zur Wehrmacht eingezogen und im Krieg von einem amerikanischen Geschoss schwer verwundet worden war. Mein Vater, zwölf Jahre älter als sein Schwager, war zu der Zeit Berufssoldat in eben dieser Wehrmacht, die einen Angriffskrieg führte. Er war vorgeschobener Beobachter bei der Artillerie. Seine Aufgabe war es, Feindziele auszumachen, die Art des Ziels und seine Koordinaten an die Feuerleitstelle weiterzugeben, die dann das Ganze in Teilring, Rohrerhöhung, Pulverstärke und Geschossart umrechnete, dass an die Geschützmannschaften weitergab, die darauf hin das Ziel beschossen: „Ganze Batterie, Feuer!“ Woher ich das so genau weiß? Aus den Erzählungen meines Vaters? Nein. Ich hatte den gleichen Job in den 1980ern bei der Bundeswehr. Aber mein Vater erzählte mir was anderes: Er hatte einmal in Russland ein Dorf beschießen lassen, in welchem sich russische Soldaten verbarrikadiert hatten (oder auch nicht). Und anschließend ritt er durch das Dorf, vorbei an einem alten Mütterchen, das am Straßenrand hockte und dessen Haus er gerade zerstört hatte. Ich habe dieses Bild seit Kindertagen vor meinen Augen und hoffte immer, nie in eine solche Situation zu kommen. Er wurde dann auch beschossen, von einem russischen Soldaten mit einer Maschinenpistole, schoss zurück, tötete den Russen, war selbst nur an der Hand verwundet. Später kämpfte er in Frankreich, wo ein amerikanischer Tiefflieger ihm sein Pferd unterm Hintern erschoss. Die russische Maschinenpistolenkugel trug er immer als Talisman in seinem Portemonnaie. Eines Tages hatte er sie verloren. Kurz darauf starb er mit 78 Jahren.

Das Verhältnis zum Militär war bei meinem Vater und bei meinem Onkel zeitlebens verschieden. Während ersterer sich immer wieder mit seinen Regimentskameraden traf, war letzterer überzeugter Antimilitarist und Antiamerikaner. Und ich suchte meinen Weg zwischen beiden. Bei der Bundeswehr war ich, weil ich an das Prinzip der Abschreckung bei gleichzeitiger politischer Entspannungspolitik glaubte. Und meines Erachtens wirkte das. Bis 1989. 1989 und die folgenden waren Jahre der Hochstimmung und der Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden. Der kalte Krieg war beendet. Ich hatte nicht auf meine Cousins in der NVA schießen müssen. Glück pur!

Allerdings kam ein neues Feindbild auf: Islamismus (ein umstrittenes Wort) oder vielleicht besser: eine politische Ideologie bisweilen verbunden mit Terrorismus von Menschen, die sich auf den Islam berufen. Es folgten Anschläge und Kriege. Russland spielte dabei keine Rolle. Oder doch? Na ja, wir wähnten sie auf unserer Seite gegen denselben Feind, auch als in Tschetschenien ein furchtbarer Krieg tobte. Das liegt doch auch in Europa, oder? Und in (Ex-)Jugoslawien in den 1990ern tobte ebenso ein furchtbares Gemetzel zwischen Serben, Kroaten, Bosniern, Kosovaren usw. Von dort kamen auch Geflüchtete nach Deutschland. Dann griff sogar die NATO ein, ohne UN-Mandat. Wo war nun der erhoffte und geglaubte Frieden?  Ob wohl der Arabische Frühling ihn brachte? Nein, im Gegenteil. Bis auf Tunesien setzte er sich nicht durch, und in Syrien herrscht Krieg seit elf Jahren – unter russischer Beteiligung gegen die Zivilbevölkerung. Auch der Abzug amerikanischer und alliierter Truppen aus Afghanistan brachte dort keinen Frieden, sondern die Herrschaft der Taliban.

Und doch, trotz all dieser Kriege, auch in Europa, waren wir geschockt, als am 24. Februar 2022 – für mich ein Datum, das eigentlich mit dem Geburtstag meines Patenkindes glücklich belegt ist – die Armee der Russischen Föderation die Ukraine angriff. Plötzlich fühlen wir den Krieg sehr nahe, weniger als 1000 km von unseren Wohnzimmern entfernt, wie ich es manches Mal formuliert las. Ja, es mag wohl die geringe Entfernung sein, die uns diesen Krieg gefährlicher erscheinen lässt als zum Beispiel der in Syrien. Und er Umstand, dass eine Atommacht daran beteiligt ist, die jedes Land, das die Ukraine unterstützt, mit einem Atomschlag bedroht. Deutlich wurde: Der Kalte Krieg war gar nicht vorbei, sondern schwelte immer wie ein Moorfeuer unter der Grasnarbe. Wladimir Putin lebt nach wie vor in der alten Zeit vor Gorbatschow. Oder in der noch älteren von Zarin Katharina der Großen und Zar Alexander III., deren erste, übrigens eine Deutsche, Russland erobernd vergrößerte und deren zweiter einen Geheimdienst erfand, der das russische Volk ausspionierte. Im Fernsehen kommen auch immer wieder Zitate von Putin die zeigen, dass wir es längst hätten wissen können, wie dieser Knallkopp tickt. Heute war im Siegburg aktuell Newsletter der Rückblick auf eine Lesung von Udo Lielischkies von 2019, in der es auch schon klar wurde.[6] Tja, man hätte … hätte, hätte Fahrradkette.

Wie nun damit umgehen?       

Ich lese viel, höre viel, rede viel, schreibe viel. Ich versuche, den richtigen Weg, die richtige Meinung, das richtige Verhalten zu finden.

Das 2002, kurz vor dem Irakkrieg gestartete Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit, das seit dem monatlich 15 Minuten auf dem Münsterplatz stattfindet und Passant*innen einlädt, sich zu beteiligen, hatte jetzt im März ca. 50 Teilnehmende. Normalerweise sind es 5-15, jeden ersten Dienstag im Monat, 17.30-17.45 Uhr. Einer hatte eine ukrainische Flagge dabei.

 
Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit auf dem Bonner Münsterplatz am 01.03.2022.

Das BIM – das Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen – stellt sich darauf ein, Geflüchteten zu helfen, so wie andere interkulturelle Vereine und auch viele Privatpersonen.[7]

Religions for Peace Europa bzw. das European Council of Religious Leaders schickte einen Brief an Patriarch Kyrill I. von Moskau, in der Hoffnung, dass er sich gegen den Krieg wendet. Religions for Peace International will nachhaken, wenn keine Antwort kommt. Es ist auch ein Treffen mit ihm in Planung. In der aktuellen ZEIT gibt es einen Text von Azza Karam, der Vorsitzenden von RfP International, über dieses Thema. (Dank an Johannes Lähnemann für den Hinweis.)[8]

Heute bei „Diesseits von Eden“ meinte der Ostkirchenfachmann Thomas Bremer, dass man weniger von einer Instrumentalisierung Kyrills durch Putin sprechen könne, sondern eher von gemeinsamen, einander unterstützenden Zielen. Und er meinte, Putin glaube eventuell wirklich daran, böse, nazisitsche Kräfte in der Ukraine zu bekämpfen. Und wer selbst daran glaubt, ist laut Definition kein Instrumentalisierer.[9]Aber wer schaut schon in seinen Kopf? Als Religionswissenschaftler habe ich keinen Blick auf Religionen als immer nur gute Einrichtungen. Und selbst wertend – als Religionswissenschaftler bin ich trainiert darin, zu sehen, wann ich werte – bewerte ich seine Religiosität als nationalistisch, sexistisch, homo- und transphob. Er macht aus diesem Krieg einen weltanschaulichen Kampf des Lichtes gegen die Finsternis.[10]Wahrscheinlich rekurriert er dabei auch auf Augustinus. Warum er die Finsternis nicht in Russland selbst sieht, wo – ein interessanter Begriff, den ich neulich las – eine Kleptokratie der Oligarchen herrscht, also das krasse Gegenteil vom Kommunismus, mit dem Putin aufgewachsen ist, mag einem schleierhaft erscheinen.

Letzten Sonntag sprachen wir auch im Stammtisch der Einzelmitglieder der Deutschen Buddhistischen Union, einem Online-Gesprächskreis, über diesen Krieg. Mit einem Teilnehmer, der auch russische Nachrichten sieht, begann beinahe ein Streit über die Rolle der NATO. Ein anderer Teilnehmer, Alexander, sagte sehr weise, wir wüssten doch beide nicht, was tatsächlich vor sich gehe, denn keiner von uns sei vor Ort und beide verließen wir uns auf Medien. Sehr richtig! Es ist meines Erachtens dabei aber auch eine Frage, welchen Medien man vertraut und welchen nicht. Einig waren wir uns jedenfalls darin, dass Friedfertigkeit die optimale Wahl ist. Ob und ab wann und in welchem Maße eine bewaffnete Verteidigung gerechtfertigt sei, darin waren wir unterschiedlicher Meinung. Dass man sich auch beim Verteidigen schuldig mache, wenn man einen Menschen tötet, darin waren wir uns wieder einig. Man sieht, die Diskussion, die in den christlichen Kirchen geführt wird, treibt auch Buddhist*innen um.

Dass ein militärisches Eingreifen der NATO einen dritten Weltkrieg provozieren würde, scheint klar. Und dann wären Menschen, die aus der Ukraine fliehen, auch in Polen, Tschechien und Deutschland nicht mehr sicher. Und wir haben noch nicht mal Bunker. Ein syrischer Junge, der bei Lioba von Lovenberg, die bei den GEBETen der Religionen die Quäker vertritt, zur Hausaufgabenhilfe ist, fragte sie, ob jetzt hier auch Krieg sei und ob sie hier jetzt nicht mehr sicher seien.

Das Team der GEBETe der Religionen in Bonn hatte neulich ein Organisationstreffen. Wir beteten miteinander, ohne Publikum, Adressat eines Gebetes ist für Gläubige ja auch nicht die Öffentlichkeit. Wobei ich wie Georg Schwikart auch nicht mehr den Glauben habe, dass dieser Adressat einfach so eingreift, wenn man ihn bittet.[11]Wenn, dann handelt er wohl doch eher durch Menschen. Und dennoch bete ich jeden Tag für ein Ende dieses Krieges und für eine Entmachtung der Schuldigen.

Als Hauptschuldigen mache ich hauptsächlich Putin verantwortlich. So wie bei uns damals Hitler könnte er das natürlich nicht alleine. Er braucht gläubige Gefolgsleute (warum auch immer sie ihm glauben), er braucht die Macht, unschuldige junge Leute in die Schlacht zu schicken, so wie damals meinen Onkel Hans, er braucht pflichtgetreue Berufssoldaten, so wie damals meinen Vater, er braucht Ideologen und Medienmacher, die das Volk in seinem Sinne beeinflussen usw. usf., und dennoch ist es meiner Meinung nach sein Krieg, nicht der Krieg der Russ*innen als Volk und Staat.

Und da komme ich noch zu einem letzten, aber auch sehr wichtigen Punkt dieses Rundbriefes: Russ*innen, Russlanddeutsche, russischsprachige Ukrainer*innen sind nicht die Schuldigen an diesem Krieg. Sie anzufeinden, weil sie russisch sprechen, ist eine dermaßen primitive Handlungsweise, so dass ich dazu aufrufen möchte, dagegen zu wirken, wo immer man das kann! Wer unter diesen Menschen Putin unterstützt, ist individuell dafür verantwortlich, aber nicht nur seiner*ihrer Sprache und Herkunft wegen. Putinunterstützer*innen gibt es unter unseren westlichen Quer(ulanten)denker*innen auch, ohne dass sie russisch wären. Die würde ich zum Querdenken ja gerne mal nach Russland schicken, dann könnten sie schauen, wie lange sie das dort tun dürfen. Das Fernsehen, dessen Bildern ich einigermaßen (!) vertraue, zeigt Demonstrationen in Russland und auch Verhaftungen von Demonstrierenden.

Zuletzt zitiere ich aus einer E-Mail meines Religions-for-Peace-Kollegen Achim Kockerols, der mit einem Konvoi unter dem Roten Kreuz Medikamente nach Kiew brachte:

Diese [die Ukrainer; MAS] halten in so einer beeindruckenden Weise zusammen! Meine Hochachtung! Ohne Hass auf die russische Bevölkerung (die ukrainischen Russen halten eng mit der ukrainischen Bevölkerung zusammen), in großer Wut auf Putin.“  

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer
Michael A. Schmiedel

 

PS: Wenn auch jetzt in den Fußnoten nicht dabei, so höre ich viel „Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft“ im Deutschlandfunk, wo es viele Beiträge zum Ukraine-Krieg und insbesondere der Rolle der Russisch-Orthodoxen Kirche dabei gibt: https://www.deutschlandfunk.de/aus-religion-und-gesellschaft-100.html(Geöffnet am 13.03.2022).

 
Ukrainische und nordrhein-westfälische Flagge auf Halbmast am 11.03.2022 vor dem Siegburger Finanzamt.


(Text und Fotos von Michael A. Schmiedel, Geschrieben am 13.03.2022 zu Hause.)

interreligioeser-rundbrief.blogspot.com

 



[1] Das haben wir manchmal im Rahmen der Zen-Mediation in der Sanbo-Kyodan-Zen-Gruppe, in der ich ein paar Jahre meditierte, gehört.

[2][2]Georg Schwikart. Requiem für meinen Glauben. Wie ich getrost begraben darf und dadurch an Leben gewinne. Würzburg (echter) 2022, S. 109. Siehe auch unter: https://www.echter.de/Requiem-fuer-meinen-Glauben/books/refme362370/(geöffnet am 13.03.2022)

[3] Vgl. Haus der Religionen. Nachruf auf Ernst-Wolfgang Kleinwächter, https://www.facebook.com/HdRHannover/photos/a.1449210195348853/3205865369683318/und Ali Faridi, Erinnerungen an Ernst-Wolf Kleinwächter https://religionsforpeace-deutschland.de/berichte/erinnerungen-an-ernst-wolf-kleinwaechter/ (beide geöffnet am 13.03.2022)

[4] Vgl. Bärbel Beinhaure-Köhler, Nachruf Prof. Dr. Hans-Jürgen Greschat(3. März192713. Januar2022), https://www.philos.uni-hannover.de/fileadmin/dvrw/Dateien/Nachruf_Hans-Juergen_Greschat.pdf(geöffnet am 13.03.2022)

[5]Vgl. Thích Nhất Hạnh. In: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%ADch_Nh%E1%BA%A5t_H%E1%BA%A1nh(geöffnet am 13.03.2022)

 

[6] Vgl. Siegburg aktuell vom 13.03.2022 https://siegburg.de/stadtleben-aktuelles/newsletter/020648/index.html, erster Beitrag oben. Darunter ein kleiner fotografisch-philosophischer Beitrag von mir (geöffnet am 13.03.2022).

[7] Vgl. MIGRApolis, https://migrapolis.de/ (geöffnet am 13.03.2022).

[8]Vgl. Religions for Peace International, https://www.rfp.org/ (etwas runter scrollen) (geöffnet am 13.03.2022). Und Azza Karam. Religions for Peace Ein Brief an Kyrill. Darum bitten wir den Patriarchen um ein Treffen. In: Dir Zeit, 9. März 2022, https://www.zeit.de/2022/11/religions-for-peace-brief-kyrill-ukraine-krieg?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.ecosia.org%2F(Geöffnet a, 13.03.2022)

[9] Vgl. Patriarch bei Putin. WDR5, Diesseits von Eden, https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-diesseits-von-eden/audio-patriarch-bei-putin-100.html(geöffnet am 13.03.2022).

[10] Vgl. Kirchen werden im Ukraine-Krieg zum Machfaktor. Der Papst vermittelt, doch verurteilt er auch?. In: Domradio, 07.03.2022, https://www.domradio.de/artikel/kirchen-werden-im-ukrainekrieg-zum-machtfaktor?_gb_c=90FEEDB5F6B84AB78C480C48DD3B0D5B&gb_clk=9-20220307130856-22873765-0-75805  und Ukrainer für Bruch von Kirche mit Moskauer Patriarchat. Protest gegen Kyrills Haltung zum Krieg. In: Domradio, 11.03.2022, https://www.domradio.de/artikel/ukrainer-fuer-bruch-von-kirche-mit-moskauer-patriarchat?_gb_c=90FEEDB5F6B84AB78C480C48DD3B0D5B&gb_clk=9-20220311105634-22873765-0-76141(beide geöffnet am 13.03.2022).

[11][11]Vgl. Georg Schwikart. Requiem für meinen Glauben (siehe Fußnote 2), S. 56-.63.

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2022-2 (28.-03.2022)

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Nachruf auf Rabbiner Tovia Ben-Chorin (1936-22.03.2022 cZ bzw. 5696-19. Adhar II 5728 jZ)

Liebe Mitglieder von Religions for Peace, liebe Freund*innen des interreligiösen Miteinanders,

 

gestern hatte ich mich sehr auf die Radiosendung „Diesseits von Eden“ gefreut, weil darin ein Interview mit Anna Karoline Brychcy von der Deutschen Buddhistischen Union über die Transformation von Rassismus aus buddhistischer Perspektive (ich hatte auf die gleichnamige Zoom-Veranstaltung letzten Donnerstag hingewiesen und daran teilgenommen) ausgestrahlt werden sollte. Das wurde es auch und war meines Erachtens sehr gut.

 

Auch ausgestrahlt wurde aber die Meldung vom Tode des Rabbiners Tovia Ben-Chorin (1936-22.03.2022 cZ bzw. 5696-19. Adhar II 5728 jZ). Diese Meldung traf mich sehr, da ich ihn kannte und sehr mochte. Und zwar kannte ich ihn von den „End of Life: Jewish Perspectives“-Tagungen in Bielefeld, Berlin und München, organisiert von Stephan Probst, Arzt in Bielefeld, den wiederum ich bei einer Exkursion mit meinen Studierenden zur Bielefelder Synagoge kennengerlernt hatte und woraus eine Freundschaft entstand.

Tovia Ben-Chorin erlebte ich als einen freundlichen, offenen, redegewandten, gerne singenden, tief denkenden und sehr humorvollen Menschen. Sein Humor zeigte sich zum Beispiel in dieser Geschichte: Die Sprecherin bei „Diesseits von Eden“ sagte, er sei oft mit Marcel Reich-Ranicki verwechselt worden. Ich habe ihn auch mal danach gefragt, ob ihm schon mal jemand gesagt habe, dass er ihm ähnlich sehe. Da erzählte er, eine Stewardess sei mal auf ihn zugekommen mit den Worten: „Herr Reich-Ranicki, darf ich Ihnen Wein einschenken?“, worauf er geantwortet habe: „Ich bin zwar nicht Marcel Reich-Ranicki, aber Sie dürften mit trotzdem Wein einschenken.“  Ein Kollege von mir sagte mal über Reich-Ranicki, er sei herzerfrischend. Das traf auf Tovia Ben-Chorin erst recht zu. Ich genoss sehr die Schabbat-Feiern mit ihm, wenn er nach dem Gottesdienst  beim Essen gar nicht aufhören wollte, zu singen. Es gibt eine große liturgische Freude am Schabbat, aber bei ihm war sie nicht nur liturgisch, sondern strahlte von innen heraus und steckte an.

Ich freute mich auch immer sehr, ihn zusammen mit seiner Frau Adina zu sehen und sagte ihnen auch mal, dass ich mir wünsche, mit meiner Frau auch in späten Jahren eine so liebe- und humorvoll Ehe zu führen.

Zuletzt traf ich ihn 2019 in Lindau auf der Weltversammlung von Religions for Peace, den Reden im Luitpoldpark lauschend und meinend, der interreligiöse Dialog brauche noch Zeit.

Die Zeit überlässt er nun uns, weitzumachen mit dem, woran er zeitlebens gearbeitet hat, an einem Miteinanderleben über die Grenzen hinweg, im einander Ernstnehmen und notfalls auch mal miteinander Tacheles zu reden.

 

Tovia Ben-Chorin am Samstag, 30.03.2019 in der Beth Schalom-Synagoge in München.
(2019.03.30Sa MAS CF M49-1395 IMG_9652)

 

 

Diesseits von Eden vom 27.03.2022:
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-diesseits-von-eden-ganze-sendung/audio-diesseits-von-eden-ganze-sendung--806.html

Sehr zu empfehlen ist der Nachruf seines Freundes Tom Kučera, Rabbiner in der Beth Schalom-Gemeinde in München:
Rabbiner Tom Kučera. Zum Tod von Rabbiner Tovia Ben Chorin. In: haGalil.com, Jüdisches Leben online:
https://www.hagalil.com/2022/03/tovia-ben-chorin/

Rabbiner Tovia Ben-Chorin ist tot. In: Jüdische Allgemeine, 28.03.2022:
https://www.juedische-allgemeine.de/religion/rabbiner-tovia-ben-chorin-ist-tot/

Tovia Ben-Chorin: In: Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tovia_Ben-Chorin

 

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
(Mo 28.03.2022)

 

Interreligiöser Rundbrief [...] Nr. 2022-3 (13.05.2022)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2022-3

(13.05.2022)

Einen großen Krieger du suchst? Kriege machen niemanden groß!                                                                                                                                                                                        Meister Yoda[1]

Nicht sicher ich mir bin, ob überhaupt gewinnen einen Krieg jemand kann. Dadurch, dass gekämpft wir haben, Blut vergossen wurde, bereits verloren wir haben.

Meister Yoda[2]

 

 

Liebe Leser*innen des interreligiösen Rundbriefes,

neulich war ich mit einem Freund in einer Vorstellung von „Star Wars in Concert“. Dabei wurde der Film „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ gezeigt, wobei die Filmmusik von einem Orchester live gespielt wurde, das unter der Leinwand saß. Es gab auch Gewandete in Kostümen des Films, zum Beispiel Sturmtruppen, Darth Vader und der Imperator höchst persönlich, die im Publikum für Fotos zur Verfügung standen. Es soll ja Leute geben, die die Star-Wars-Filme nicht kennen, so dass ich zu diesem Film der Serie ganz kurz erkläre: Das Imperium schickt sich an, das ganz Universum zu beherrschen, aber einige Rebellen leisten Widerstand. Unter ihnen auch Luke Skywalker, der letzte der Jedi-Ritter, einem alten Ritterorden, deren Mitglieder für das Gute gegen das Böse kämpfen und dazu eine intensive Ausbildung durchmachen. Ein wichtiger Ausbilder der Jedi ist der oben zitierte Meister Yoda. Der höchste Mitarbeiter des Imperators ist auch ehemaliger Jedi, der sich jedoch auf die dunkle Seite der Macht hat ziehen lassen, Darth Vader, ehedem Anakin Skywalker, Lukes Vater. In diesem Film gibt es eine Szene, in welcher Luke sich dem Imperator und Darth Vader stellt, um seinen Vater wieder auf die gute Seite zurückzuholen. Der Imperator zeigt ihm, dass die Rebellion verloren hat und Luke gut daran täte, seinen Widerstand aufzugeben und auf die dunkle Seite zu kommen. Er provoziert ihn, will Lukes Hass auf sich lenken, denn, so weiß er, sobald jemand seinem Hass freien Lauf lässt, hat die dunkle Seite ihn für sich gewonnen. Tatsächlich greift Luke zu seinem Lichtschwert, Darth Vader wirft sich dazwischen, um den Imperator zu schützen, es kommt zu einem heftigen Zweikampf, in welchem Luke seinen Vater entwaffnet und ihm die Schwerthand abtrennt. Der Imperator fordert nun Luke auf, Darth Vader zu töten und dann seinen Platz einzunehmen. Luke aber steckt sein Schwert ein, besiegt also seinen Hass und liebt ja auch trotz allem seinen Vater. Daraufhin beschließt der Imperator, Luke zu töten, der wiederum unter Stromstößen dem Tode nahe, seinen Vater um Hilfe fleht. Der beobachtet die Szene, es arbeitet in ihm, bis er schließlich auf den Imperator zugeht, ihn hochhebt und in einen tiefen Schacht des Todessterns, auf dem die Szene spielt, wirft, wodurch dieser umkommt. Anakin Skywalker hat den Darth Vader in sich besiegt und ist zur guten Seite zurückgekehrt, stirbt dann aber, indes friedlich in den Armen seines Sohnes. Die Rebellion hat dann letztlich auch Erfolg und der Krieg ist (vorläufig) beendet.



Star Wars in Concert in der Lanxess-Arena in Köln am 28.4.2022
Foto: Schmiedel, 2022.04.28Do MAS SD M472-295 DSC00191

 

Ich kenne diesen Film seit 1983, und auch die anderen Filme dieser Reihe, wenn auch nicht alles, was rund um Star Wars erschienen ist. Jedenfalls erscheint mir die Jedi-Ethik, für das Gute zu kämpfen, wenn es notwendig ist, aber friedlich zu leben, wenn der Frieden nicht bedroht ist, und dabei sowohl die Angst, als auch den Hass in einem harten Training zu überwinden, als eine vorbildliche Haltung.

Ihr ahnt/Sie ahnen es schon: Wir befinden uns eigentlich in einer ganz ähnlichen Situation. Es gibt einen Imperator, der mit Krieg seine Herrschaft ausbauen will. Es gibt Widerstand dagegen, gewissermaßen Rebellen gegen diesen Machtanspruch. Nur fehlen die Jedi-Ritter. Und wie in dieser Filmreihe, gibt es Politiker, die versuchen, den richtigen Weg zu finden, ohne zu viel Risiko eingehen zu müssen.



 

Deutsche, ukrainische und europäische Flagge auf dem Campus der Universität Bielefeld.
Foto: Schmiedel, 2022.04.20Mi MAS SD M470-85 DSC09221

Nun gibt es eine ethische Grundsatzdiskussion von der Ihr/Sie alle sicher gehört habt/haben. Es geht um die Frage, ob es besser ist, Putins Machtgelüsten nachzugeben, um das Leben der Ukrainer zu retten oder sich militärisch zu wehren, um die Freiheit der Ukraine und anderer Länder zu sichern. Die Befürworter der erstgenannten Taktik möchten Putin indes nicht alles überlassen, sondern einen Waffenstillstand herbeiführen, mit dem Putin und die Ukrainer*innen leben können. Sie vertrauen darauf, dass das möglich ist, dass Putin sich dann auch daranhalten wird. Die Befürworter der zweitgenannten Taktik sehen die Gefahr, dass Putin ein Waffenstillstandsabkommen brechen und seine Eroberungen fortsetzen wird, auch über die Ukraine hinaus. Beide Seiten befürchten zudem einen Atomkrieg, erstere, wenn man Putin weiter Widerstand leistet, letztere, wenn man ihn nicht rechtzeitig ausschaltet. Ja das Ausschalten Putins oder die Zermürbung Russlands sind über die reine Verteidigung und Befreiung der Ukraine hinaus schon als Kriegsziele genannt worden.

Diese Diskussionen kann man im Fernsehen verfolgen. Ich verfolgte sie aber auch in interreligiösen Gesprächen via Zoom oder E-Mail-Listen. Ich merkte dabei, dass christliche, buddhistische und muslimische Positionen sehr pazifistisch formuliert wurden. Der Buddha habe die Landesverteidigung nicht erlaubt, ließ ich mir von Vertretern der Deutschen Buddhistischen Union sagen. Ich meinte, eine Stelle im Pali-Kanon in Erinnerung zu haben, in welcher er aber genau das tat, aber finde sie nicht. Vielleicht habe ich sie falsch in Erinnerung. Jesus habe die andere Wange hingehalten, las ich von einer Christin. Ein anderer Christ forderte dazu auf, den öffentlichen Brief an Bundeskanzler Scholz zu unterschreiben, der ihn ersucht, jede Waffenlieferung an die Ukraine zu unterlassen, da diese den Krieg und damit das Leid nur verlängere und den Atomkrieg provoziere. Und ein muslimischer Freund schrieb, er würde, wenn er so überfallen würde, dem Angreifer sagen, er solle sein Land nehmen, ihn zum Untertan machen, aber sein Leben und sein Haus schonen.   



 

Ukrainische Flaggen mit der Aufschrift „Refugees Welcome“ am Haus des Evangelischen Kirchenkreises in Bielefeld. Foto: Schmiedel, 2022.04.26Di MAS SD M472-52 DSC09946

Es gibt so viele Experten inzwischen, von denen jeder genau weiß, was zu tun ist, auch wenn sie darin ganz unterschiedliche Vorstellungen haben. Ähnlich war es auch schon beim Corona-Thema. Ich bin da kein Experte, sondern nur ein Mensch, der oft nicht weiß, wo ihm bei diesen Themen der Kopf steht.

Vom Herzen her bin ich Pazifist. Ich wünsche mir Frieden und weiß, dass man diesen nicht mit Waffengewalt herstellen kann, sondern nur mit beharrlichem Arbeiten an sich selbst, auch in brenzligen Situationen friedlich zu bleiben, innerlich und äußerlich. Ich meine aber, es gibt Situationen, in denen kostet das Friedlichbleiben unter Umständen anderes, was einem wertvoll ist, zum Beispiel die Freiheit. Es gibt Menschen, die kann man mit friedlichen Mitteln nicht aufhalten in ihrem Streben nach Macht. Das Britische Imperium hatte sich durch Gandhis Widerstand, der frei von physischer Gewalt war, beeindrucken lassen. Nun waren es aber auch noch andere Gründe, die die Briten dazu brachten, nach und nach ihre Kolonien in die Unabhängigkeit zu entlassen. Die chinesische Regierung jedenfalls lässt sich durch die Friedfertigkeit des Dalai Lama nicht beeindrucken. Man muss immer die genaue Situation betrachten, um zu entscheiden, welche Mittel der Reaktion auf Gewalt wirksam sein können.

Wenn wir nun unsere Meinung über die Frage, wie wir mit Putins Aggression umgehen sollen – abgesehen davon, dass wir die Entscheidungen, ob Waffen geliefert werden oder nicht, gar nicht fällen, sondern dazu Politiker*innen gewählt haben, die diese Entscheidung für uns treffen – dann sollten wir überlegen, welche Ziele wir damit verfolgen und welche Opfer wir bereit sind, dafür auf uns zu nehmen. Wir befinden uns im Dilemma, dass jede Entscheidung zur noch größeren Katastrophe führen kann, als wir sie zur Zeit schon haben, als da wären ein Einsatz von atomaren, chemischen oder biologischen Waffen, sei dieser kleinräumig oder global, eine Ausdehnung von Putins Herrschaft und ein Ende unserer Demokratie oder eine erneute Zementierung von Grenzen wie vor 1989 zwischen zwei verfeindeten Blöcken. Letzteres erscheint mir von diesen drei Möglichkeiten die am wenigsten schlimme, wenngleich ich damals heilfroh war, als sie vorbei war.

Wichtig ist natürlich auch für jede*n einzelne*n, welche Haltung man selbst in sich kultivieren will, einen radikalen Pazifismus, der jedes Sichwehren ablehnt, eine radikale Verteidigungsbereitschaft, die jedes Bevormundetwerden ablehnt, ein kluges Taktieren, das aber leicht zu Opportunismus führen kann und eben auch die Gefahr unkluger Irrtümer beinhaltet? Oder vielleicht eine Ethik wie die der Jedis, die aus innerem Frieden heraus weiß, dass Waffen keinen Frieden herbeiführen können, aber bisweilen vorläufig zum Einsatz kommen müssen?

Ich schließe diesen Rundbrief mit noch einem Zitat von Meister Yoda und überlasse ansonsten alle Entscheidungen der Weisheit und dem Mitgefühl eines*einer jeden von uns, bei allem Risiko, falsch zu entscheiden.


Möge die Macht mit Euch sein!
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel

Furcht ist der Pfad zur dunklen Seite. Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.
                                                                                                                      Meister Yoda
[3]

 

Noch ein paar Links zu interessanten Seiten:

Zu Star Wars:

Star Wars in Concert: A New Hope - Opening (Köln, 19.04.2018). In: Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=3sk0o38TLSk

STAR WARS in Concert: Die Rückkehr der Jedi-Ritter | Tour 2022. In: Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=naMlXBbdw_0

Stars Wars hat viele biblische Parallelen. (Fast) alles in der Bibel geklaut? 04.05.2022. In: Domradio: https://www.domradio.de/artikel/stars-wars-hat-viele-biblische-parallelen?_gb_c=90FEEDB5F6B84AB78C480C48DD3B0D5B&gb_clk=9-20220504093136-22873765-0-80259 

Religionswissenschaft Star Wars: Wie viel echte Religion steckt im Jedi-Orden? Stand: 08. Mai 2022, 05:00 Uhr. In: MDR: https://www.mdr.de/wissen/jediismus-jedi-orden-star-wars-echte-religion-einfluesse-100.html

Jedi Church: https://www.jedichurch.org/
(Nein, ich bin kein Mitglied dieser Religionsgemeinschaft)

Jediismus. In: Wikipedia, https://en.wikipedia.org/wiki/Jediism

 

Zum Krieg in der Ukraine:

Sebastian Rimestad. The Orthodox Church and the War in Ukraine. In: Globalization Dynamics. Blog of the Leipzig Research Centre Global Dynamics. 8./20.3.2022: https://recentglobe.hypotheses.org/1303

Christiane Florin. Entscheidungen in KriegszeitenEthiker Dabrock: Politik muss die Zivilgesellschaft mitnehmen. In: Deutschlandfunk. Tag für Tag, aus Religion und Gesellschaft, Florin, Christiane | 03. Mai 2022, 09:36 Uhr: https://www.deutschlandfunk.de/krieg-angst-eskalation-ethiker-peter-dabrock-ueber-gute-entscheidungsfindung-dlf-6ef37e12-100.html 

Markus Lanz vom 5. Mai 2022. Zu Gast: Politiker Hubertus Heil, Journalistin Golineh Atai, Politologe Wolfgang Merkel und Zukunftsforscher Matthias Horx. In: ZDF, Markus Lanz:
https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-5-mai-2022-102.html

Hubertus Heil, Politiker
Der Bundesarbeitsminister (SPD) äußert sich zu den Waffenlieferungen an die Ukraine, dem Agieren von Kanzler Scholz und zur Debatte um Energie-Embargos gegen Russland.
Golineh Atai, Journalistin
Die Russlandexpertin spricht über den gesellschaftlichen und politischen Wandel der ehemaligen Sowjetunion unter der Präsidentschaft Putins.
Wolfgang Merkel, Politologe
Er gehört zu den Unterzeichnern eines von Alice Schwarzer initiierten offenen Briefes an Olaf Scholz, als Protest gegen den Kurs der Bundesregierung während des Ukraine-Krieges.

Matthias Horx, Zukunftsforscher
Für die Zeit nach dem Krieg in Osteuropa hat er ein Gedankenspiel entwickelt und skizziert verschiedene Zukunftsszenarien für die Ukraine, Russland und die europäische Friedensordnung.
https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-5-mai-2022-102.html

Gegen die Waffenlieferung an die Ukraine:
Offener Brief an Bundeskanzler Scholz. In: Change.org
https://www.change.org/p/offener-brief-an-bundeskanzler-scholz?recruiter=888716100&utm_source=share_petition&utm_medium=email&utm_campaign=psf_combo_share_initial&utm_term=0ddb524131ab4b5b8f482573ffdea0ea&recruited_by_id=6f7003d0-8550-11e8-b298-59a077a35d10

Für die Waffenlieferung an die Ukraine:
Waffenlieferung an die Ukraine. Offener Brief. In: Die Zeit, 4.
Mail 2022:
 
https://www.zeit.de/2022/19/waffenlieferung-ukraine-offener-brief-olaf-scholz

Team der GEBETe der Religionen Bonn/Rhein-Sieg. GEBETe der Religionen für den Frieden am Mo18 04 2022. In: Youtube, https://www.youtube.com/watch?v=-64pKegg0qI&t=1421s

(Alle Seiten geöffnet am 13.05.2022.)

 



 

Friedenstaube auf ukrainischer Flagge in einem Schaukasten auf dem Siegburger Nordfriedhof. Foto: Schmiedel, 2022.05.08So MAS CF M83-nnn _MG_5292

 

(Geschrieben am 06.05.2022, mit Fotos und Links versehen am 13.05.2022 zu Hause in Siegburg.)

interreligioeser-rundbrief.blogspot.com

 



[1] Zitat aus dem Film „Star Wars: Episode V - Das Imperium schlägt zurück“ - Gefunden auf: https://www.myzitate.de/yoda/(geöffnet am 12.05.2022).

[2] Zitat aus dem Film „Star Wars: The Clone Wars, Staffel 6 Episode 13“ - Gefunden auf: https://www.myzitate.de/yoda/(geöffnet am 12.05.2022).

[3] Zitat aus dem Film „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“, Gefunden auf: https://www.myzitate.de/yoda/ (geöffnet am 06.05.2022)

Interreligiöser Rundbrief [...] Nr. 2022-4 (17.06.2022)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2022-4

(17.06.2022)

„Damit begann ein ungleicher Kampf, den die Abgeordneten – darunter Mullahs, die ihr Entsetzen über den Beschuss nicht verbargen – unmöglich gewinnen konnten. Trotz ihrer Unterlegenheit hinsichtlich der Zahl und der Ausrüstung lieferten sich einige Konstitutionalisten einen furchtlosen Kampf mit den Kosaken, feuerten von den Minaretten auf sie und setzten drei Geschütze außer Gefecht. Damit verfügten die Kosaken aber weiterhin über drei Geschütze, mit denen sie Schrapnelle auf die Verteidiger feuerten, das Dach des Parlamentsgebäudes beschädigten und Löcher in die rückwertige Seite schossen. Der Kampf dauerte nicht länger als vier Stunden und forderte einige Hundert Menschenleben – letztlich ein bescheidener Blutzoll für eine Tragödie, die in der gesamten modernen Geschichte des Iran nachhallen sollte.“

                                                                                                          Christopher de Bellaigue[1]

 

Liebe Leser*innen des interreligiösen Rundbriefes,

 

auf den Interrel. Rundbrief Nr. 2022-3 gab es zwei Leser*innenbriefe, deren einer zur Veröffentlichung gedacht ist:

Hallo Herr Schmiedel,

was für eine beeindruckende Sammlung!

Auf jeden Fall teile ich die implizite Auffassung, dass Oper und Theater inklusive der neueren Formate, wie Kino, in künstlerischer Verdichtung das analysieren, was die historischen Menschen und uns bewegt. Auf keinen Fall darf man hier diese Parsifal-Inszenierung vergessen, deren Klage über die Gottlosigkeit der Gegenwart mir nach Jahrzehnten des positiven Genusses den maximalen, zu Tränen gerührten Respekt des Negativen abgenötigt hat, und die die Schlingensief Inszenierung darin noch übertrifft.

Was produziert die Kunst hier eigentlich? Es ist die Information, die Vergleichsbasis, die uns die Möglichkeit eröffnet, dass wir es im wahren Leben anders und vielleicht besser machen. Zusätzlich trösten die Vorbilder in den Fällen, in denen wir doch scheitern. Der Unterschied zum Religionsgründer ist gering.

Obwohl Sie die eigene Entscheidungsschwäche darstellen, tragen Sie doch Kriterien zusammen. Genau das ist die Aufgabe in der Zeit der Unschärfe, die für Sie und mich und andere vorliegt, solange wir nicht zum Handeln gezwungen sind. Die Beweissicherung und -auswertung kommt vor dem Gericht, das auch erst ganz am Ende entscheidet.

Herzliche Grüße
Harald Bergmann“

Der andere Leser*innenbrief war nur an mich gerichtet und kritisierte meinen Vergleich zwischen dem Krieg in der Ukraine und der Star-Wars-Filmreihe und trat für einen strikten Verzicht auf die Lieferung von Waffen ein.

Danke für beide Rückmeldungen! Praktisch wäre es für mich, immer direkt zu erfahren, ob ein Leser*innenbrief nur für mich oder für alle Leser*innen gedacht ist. Notfalls frage ich nach. Lustigerweise erhalte ich auf Rückfragen dann meistens Antworten wie: „Wenn ich nichts dazu schreibe ist es privat“ oder „Wenn ich nichts dazu schreibe, ist es zur Veröffentlichung gedacht.“


Zum Zitat über dem Rundbrief:

Das Zitat zu Beginn dieses Rundbriefes handelt vom Iran zu Beginn des 20. Jahrhunderts, genauer vom 23. Juni 1908. Damals hatten sich die Iraner ein nationales Parlament gewählt, das dann aber Entscheidungen traf, die den russischen und britischen Interessen am Iran wegen seiner Rohstoffe und seiner strategischen Lage widersprachen, woraufhin die Russen von Norden und die Briten von Süden einmarschierten, da Teheran im Norden liegt, die Russen das Parlament beschossen und auflösten und ein den Großmächten genehmer Schah eingesetzt wurde. Diese und andere ähnliche Erlebnisse führten letztlich auch zu dem Mullahregime, das seit 1979 den Iran beherrscht, denn ein Land, das über Jahrzehnte versuchte, einen Weg zwischen Tradition und Moderne zu finden und dabei von den für die Modernisierung zu Vorbildern gewählten europäischen Staaten immer wieder übers Ohr gehauen und unterdrückt wurde, verliert irgendwann sein Vertrauen in diese Vorbilder und wandelt sie zu Feindbildern. Nicht viel anders erging es dem Osmanischen Reich und den arabischen Ländern. Den Hass auf „den Westen“ haben die damaligen Großmächte großenteils selbst zu Verantworten.


Nochmal zum Krieg in der Ukraine

Hier folgt nun ein Text, den ich schon früher verfasst und mit drei Kolleg*innen diskutiert habe, so dass er letztlich zu einer Teamwork wurde:

*

Gedächtnisnotizen zu Im Namen des Herrn? Kirchen und Religion im Ukrainekrieg

Plakat der Veranstaltung
2022.05.18Mi MAS SD M476-1 DSC00001

Hier zunächst die Liste der Mitwirkenden gemäß der Einladung auf
https://www.uni-bielefeld.de/(de)/ZiF/OeV/2022/05-18-Epple.html:

 

Datum: 18. Mai 2022, 19 Uhr
Leitung: Leif-Hagen Seibert (Bielefeld, GER)

Grußworte:
Prof. Dr. Angelika Epple, Prorektorin für Forschung und Internationales, Univ. Bielefeld
Prof. Dr. Véronique Zanetti, Geschäftsführende Direktorin des ZiF (die Zeile ist gegenüber der Einladung korrigiert)

Einführung in das Thema:
Prof. Dr. Heinrich Schäfer (Theologie, Bielefeld, GER)

Auf dem Podium:
Dr. Sergii Bortnyk (Theologie, Kyjiw, UKR),
Prof. Dr. Thomas Bremer (Ökumenik, Ostkirchenkunde und Friedensforschung, Münster, GER),
Prof. Dr. Julia Herzberg (Geschichte Ostmitteleuropas, München, GER),
PD Dr. Sebastian Rimestad (Religionswissenschaft, Leipzig, GER), (hier ist auch eine Korrektur gegenüber der Einladung)
Dr. Natalia Sinkevych (Geschichte Ost- und Südosteuropas, München, GER)

Moderation:
Dr. Leif-Hagen Seibert (Theologie, Bielefeld, GER)




Das Podium mit Natalia Sinkevych, Julia Herzberg, Leif Hagen Seibert, Sebastian Rimestad+++, Thomas Bremer, auf der Leinwand Sergji Bortnyk und rechts Heinrich Schäfer.
2022.05.18Mi MAS SD M476-38 DSC00039


Und jetzt meine Gedächtnisnotizen, mithilfe von Korrekturen und Ergänzungen durch Leif Hagen Seibert und Sebastian Rimestad:

-          Der Ukraine-Krieg ist kein Religionskrieg. Religion spielt nur eine untergeordnete Rolle, insofern Patriarch Kyrill I. die Russ.-Orth. Kirche vom Patriarchat von Moskau (ROK) Putin ideologisch unterstützt und aus diesem politischen Machtkampf als einen Krieg des Guten und des Lichtes gegen das Böse und die Finsternis erklärt. Das Böse oder die Finsternis wird für ihn vom Westen, von den USA verkörpert. Im Westen herrschen seiner Auffassung nach Dekadenz, Unkultur, Religionslosigkeit, was man vor allem an der dort verbreiteten Homosexualität und Genderbewegung sehe.

-          „In der Ukraine gibt es zwei orthodoxe Kirchen“:
Bis 2018 war nur „die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK), die traditionell dem Moskauer Patriarchat (MP) der Russisch-Orthodoxen Kirche zugeordnet ist und unter ihre Befugnis fällt“, von der Welt-Orthodoxie anerkannt.
Zum anderen „die Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU): „Sie entstand 2018/19 durch die ‚Fusion‘ der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats“ (UOK-KP) (in den 1990ern von der UOK-MP abgespalten“, aber von der Welt-Orthodoxie nicht anerkannt) „und der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche“ (die in den 1920ern gegründet worden war und vor allem in Nordamerika die Sowjetzeit überlebte, aber von keiner anderen Orthodoxen Kirche legitimiert). „Mit der Anerkennung der OKU durch Bartholomäus I., dem Ökumenischen Patriarch von Konstantinopel, löste sie sich aus dem postsowjetischen Bezug und distanzierte sich von der Russisch-orthodoxen Kirche“ (ROK), die sie auch nicht anerkennt.
(Dieser Absatz verwendet Formulierungen aus Universität Bielefeld, Forschung/Story, „Putin und Kyrill profitieren beidseitig von Legitimation“, 12. Mai 2022, Autor*in: Moritz Schmidt-Degenhard,
https://aktuell.uni-bielefeld.de/2022/05/12/putin-und-kyrill-profitieren-von-beidseitiger-legitimation/, aufgerufen am 01.06.2022, die in Anführungsstriche gesetzt sind)

-          Außerdem gibt es Griechische Katholiken, Römische Katholiken, Protestanten, wobei diese Kirchen allesamt Minderheitenkirchen sind, Juden und Muslime. Weitere Religionen wurden nicht genannt. Das Besondere an der Griechisch-Katholischen Kirche ist, dass sie nach griechischem Ritus feiert, aber den Papst als Oberhaupt anerkennt und ihr Verhältnis sowohl zu den Orthodoxen Kirchen, als auch zur Römisch-Katholischen Kirche sehr problematisch ist.

-          Die Russisch-Orthodoxe Kirche (ROK) ist die größte Orthodoxe Kirche weltweit, wobei 1/3 der Gemeinden dieser Kirche, die zudem die reichsten sind, sich in der Ukraine befinden (UOK-MP). Demzufolge wäre der Verlust dieser Gemeinden für die ROK ein schwerer Schlag. Kyrill sieht auch deshalb Russland, Belarus und die Ukraine als eine kirchlich-politische Einheit mit Wurzeln in der Kiewer Rus. (Anmerkung von Leif Hagen Seibert: Das ist korrekt, ich würde aber trotzdem anmerken wollen, dass sich das intellektuelle Zentrum der östlichen Orthodoxie im Laufe der Jahrhunderte mehrfach verschoben hat. Es liegt jetzt zwar wieder in Kiew, wo es im 9./10. Jh. schon einmal war, aber die Kontinuität, die da gezeichnet wird, scheint mir in der orthodoxen Ökumene deutlich strittiger zu sein als unter den Ukraine-Experten.)

-          Es gibt einen Streit zwischen den Patriarchaten von Moskau und von Konstantinopel, wobei beide ihren Einfluss auf die Ukraine geltend machen, oft über die Köpfe der Ukrainer hinweg.

-          Die Autokephalie der Orthodoxen Kirchen in enger Verbindung mit der jeweiligen weltlichen Herrschaft des Staates hat sich nach dem Ende des Osmanischen Reiches bzw. auch schon während der Unabhängigkeitskriege in Südosteuropa entwickelt. Der im 19. Jh. entstandene Nationalismus verband sich mit der Autokephalie. Dabei unterscheidet sich aber das Selbstverständnis der ROK, die schon im 15./16. Jh., lange bevor das Konzept des modernen Nationalstaats zur Debatte stand, unabhängig wurde, von dem der anderen orth. Kirchen, insofern diese sich nicht nur als nationale, sondern als imperiale Kirche, als die Kirche des 3. Rom sieht. Sebastian Rimestad ergänzt hier, dass jede Orthodoxe Kirche einen Alleinvertretungsanspruch für ihre Nation hat, also keine Pluralität der Denominationen anerkennt.

-          Wichtiger als die Religionszugehörigkeit ist aber die nationale Identität. Über die Grenzen der Religionszugehörigkeiten hinweg fühlen sich die Menschen der Ukraine entweder sehr als Ukrainer oder als was anderes bzw. ihre Bindung an die ukrainische Nationalität ist unterschiedlich stark.

-          Die Muslime teilen sich vor allem in Krimtataren, die sich als Ukrainer sehen, und solche aus Russland oder anderen GUS-Staaten auf, die sich nicht so sehr als Ukrainer sehen.

-          Die Juden sehen sich in erster Linie als Ukrainer und in zweiter Linie als Juden. Viele haben internationale Vernetzungen z.B. nach Israel und können über diese an Hilfsgüter gelangen, die sie dann nicht nur an Juden, sondern an alle Ukrainer verteilen.

-          Der Papst im Vatikan verurteilt zwar den Krieg, nennt aber keinen Schuldigen und versucht diplomatisch, Kyrill zu beeinflussen, der das aber so hinstellt, als stünde der Papst hinter ihm.

-          Die Religionsgemeinschaften werden den Krieg nicht beenden können, dazu fehlt es ihnen an Macht und Einfluss und im Falle der ROK und der UOK-MP auch am Willen. Aber auch wenn Kyrill seine Meinung ändern würde, würde sich Putin wohl kaum von ihm beeinflussen lassen, sondern ehr der ROK und der UOK-MP Privilegien nehmen und ihnen schaden.

-          Eine wichtige Rolle können die Religionsgemeinschaften aber spielen, wenn der Krieg einmal vorbei ist, und zwar beim Wiederaufbau der Zivilgesellschaft und der Stabilisierung des Friedens zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung der Ukraine und vielleicht auch zwischen der Ukraine und Russland.

-          Hier noch eine Einschätzung des inner-orthodoxen Konfliktes von Sebastian Rimestad: Es ist ein Konflikt auf kirchenadministrativer Ebene, bei dem die Gläubigen wenig konkretes Interesse aufzeigen. Allerdings wächst dieses Interesse durch den Krieg, da sie sich fragen, wie es denn sein kann, dass ihr offizielles Kirchenoberhaupt - Patriarch Kyrill von Moskau - den blutigen Krieg immer noch gutheißen kann. Ob und wie die Orthodoxie in der Ukraine überleben kann und wird, bleibt aber immer noch offen.

 

Soweit meine Gedächtnisnotizen, ohne zu berücksichtigen, wer was gesagt hat. Vieles fehlt, aber ich hoffe, das Wichtigste erfasst zu haben. Danke an Leif Hagen Seibert und Sebastian Rimestad für ihre Ergänzungen und Korrekturen, die ich nicht immer namentlich gekennzeichnet habe und auch an Ramona Bullik für eine Korrektur bei den Namen der Grußwortsprecher*innen.

 

Thomas Bremer wurde am 25.05.2022 später von Christian Röther in der Sendung „Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft“ im Deutschlandfunkt zu diesem Thema interviewt mit dem Schwerpunkt auf der 1917 gegründeten Russisch-Orthodoxen Kirche im Ausland:
https://www.deutschlandfunk.de/die-russische-orthodoxe-kirche-im-ausland-im-gespraech-mit-thomas-bremer-dlf-915558d6-100.html, aufgerufen am 30.5.2022.

 

Michael A. Schmiedel, Siegburg bzw. im IC zwischen Köln und Bielefeld oder umgekehrt, 20./30./31.5./1./3.6.2022

*

Soweit also das Gedächtnisprotokoll mit einigen Ergänzungen. Vielleicht bringt es auch Euch/Ihnen etwas Licht in die komplizierten Zusammenhänge der Orthodoxen Kirchen in der Ukraine und ihrer Rolle in diesem Krieg.

Ich beende damit auch schon diesen Rundbrief mit einem Zitat, das aus einer ganz anderen Literaturgattung stammt und positive Stimmung ins Gemüt zaubern soll:

„Er öffnete das Fenster. Der herrliche Morgen lag draußen wie eine Verklärung über dem Lande und wußte nichts von den menschlichen Wirren, nur von rüstigem Tun, Freudigkeit und Frieden. Friedrich spürte sich durch den Anblick innerlichst genesen, und der Glaube an die ewige Gewalt der Wahrheit und des festen religiösen Willens wurde wieder stark in ihm. Der Gedanke, zu retten, was noch zu retten war, erhob seine Seele, und er beschloß, nach der Residenz abzureisen.“

Und:
„[…] die Weihe großer Gedanken für den Tag zu empfangen […]“

Joseph von Eichendorff[2]

 

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel

(Geschrieben am 15.06.2022 im RXX von Hamm nach Köln und mit Fotos und Links versehen zu Hause in Siegburg am 17.06.2022 (dem ehem. Tag der deutschen Einheit).)

interreligioeser-rundbrief.blogspot.com

 

 



[1]Christopher de Bellaigue. Die islamische Aufklärung. Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft. 1798 bis heute Frankfurt a.M. (Fischer) 2018, S. 148f. (Übersetzt aus dem Englischen von Michael Bischoff).

[2] Joseph von Eichendorff. Ahnung und Gegenwart. In: Erzählende Dichtungen = Romantiker (ein Band von sechs, ohne Nummerierung) Augsburg (Weltbild Bücherdienst) o.J. (ca. 1985), S. 108 und S. 125. (Erstausgabe: Nürnberg (Johann Leonhard Schrag) 1815.)

Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2023-1 - Teil 1

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2023-1 – Teil 1

(09.02.2023)

„Ja, ich glaube, dass die Haltung, mit der wir in ein Gespräch hineingehen, viel wichtiger ist, als wir denken. Herr Bolz, Sie haben gerade gesagt, dass man am andren seine Argumente schärft. Das stimmt, aber mir geht es erst einmal um die Neugierde darauf, wie der andere die Welt sieht und wahrnimmt – auch in der Hoffnung, meine Weltwahrnehmung dadurch zu erweitern.“  Mithu Sanyal[1]

 

Liebe Leser*innen des interreligiösen Rundbriefes,

der erste Interreligiöse Rundbrief in 2023 ist etwas ungewöhnlich, denn er besteht im Wesentlichen aus zwei E-Mail-Wechseln. In meinem Gruß zu Epiphanias und zum orthodoxen Weihnachtsfest nach julianischem Kalender hatte ich noch einen Weihnachtsgruß nach gregorianischem Kalender von Hossein Pur Khassalian eingebaut, den ich hier nochmal wiedergebe:

 

Lieber Michael

meine lieben Freund*innen

Kurze Zeit, nach meiner Ankunft in Deutschland, als ich in einer Fabrik arbeitete, sprach mich ein Arbeiter an und da ich sehr wenig Deutsch konnte, versuchte er mir verständlich zu machen, dass es bald „weihnachtet“. Mit Fingerbewegung und ziehen an meine Haare machte er mich aufmerksam, dass ich zum Friseur gehen muss. Ich habe seinen Hinweis ernst genommen, um meinen Willen zur Integration zu zeigen. Heute, 65 Jahre danach, frage ich mich, ob der Sinn von Weihnachten nur daran liegt „ordentlich“ auszusehen oder die Christi-Geburt die Botschaft hat, dass die Menschen sich für Frieden einsetzen. Heute frage ich mich, ob die Menschen, die Krieg führen, Waffen herstellen und Waffen verkaufen, Waffen spenden und Waffen einsetzen auch „Christen“ sind.  Heute erinnere mich an das Buch, das ich als Gymnasiast mit Freude gelesen hatte; Nieder mit der Waffe“ von Ernest Hemingway. Nach diesem Vorwort wünsche ich allen Menschen, ob Christ, ob Moslem, ob…. Frieden. Natürlich wünsche ich Ihnen und Ihre Gemeinde auch fröhliche, gesegnete Festtage.

Hossein Pur Khassalian

 

Einfuhrung

Auf diesen Weihnachtsgruß erhielt ich zwei Leserinnenbriefe, einer von Corinna Mühlstedt und einer von Robin Pope, aus denen sich je ein E-Wechsel ergeben hat, den zu veröffentlichen wir dann jeweils verabredet haben. Sie scheinen zunächst nicht miteinander in Verbindung stehende Gespräche zu sein.  Aber dann, danach Worte von mir im Zusammenhang mit ihre eingeladenen Schlussbemerkungen.  Die Konversation ist zu einem Dreiergespräch geworden und offenbart eine scharfe Meinungsverschiedenheit über die Frage von Hossein Pur-Khassalian, ob die Arbeit für den Frieden in Europa Waffenlieferungen an die Ukraine ausschließt und die Suche nach Vermittlung beinhaltet.[2] Wer mag, lese beide einfach selbst und bilde sich seine eigene Meinung.  Vielleicht nur der der Tipp, die Texte im Sinne des obigen Zitates von Mithu Sanyal zu lesen.

1.          E-Mail-Wechsel von Corinna Mühlstedt mit Michael A. Schmiedel

 

Corinna Mühlstedt (CM)

Freitag, 6. Januar 2023

Vielen Dank, lieber Michael Schmiedel und Hossein Pur-Khassalian für Eure Worte.

Ein iranischer Sufi sagte mir einmal zu Weihnachten: "Ich wünsche Euch, dass Christus IN Euch geboren wird!"
Das ist der entscheidende Punkt. In allen Religionen: Wenn wir eine friedlichere Welt wollen, müssen, der Frieden und die Mitmenschlichkeit IN uns geboren werden und nach außen strahlen. Weihnachten zeigt den Weg.

In diesem Sinn:  Alle guten Wünsche für die Festtage und das neue Jahr!
Eure Corinna Mühlstedt

Antwort von Michael A. Schmiedel (MAS)
 
Freitag, 6. Januar 2023

Liebe Corinna Mühlstedt,

vielen Dank! Ich nehme Hossein mit ins Cc,

Die Aussage des iranischen Sufi erinnert mich an eine Predigt von Meister Eckhart, der es ganz ähnlich formulierte. Um Jesus in uns geboren werden zu lassen, müssten wir uns ihm zufolge zuerst entleeren und rein werden wie eine Jungfrau, was heiße, wir müssten uns aller Vorstellungen von Gott entleeren, damit Gott in uns geboren werden kann.

Spannend, gell?

Michael A. Schmiedel

 

CM

Samstag, 7. Januar 2023

Lieber Michael Schmiedel,

Danke für Deinen treffenden Kommentar. Weil ich das genauso sehe, und weil viele Elemente der Mystik die Religionen in der Tat verbinden, habe ich letztes Jahr zusammen mit Abt Notker Wolf bei Herder ein schönes ökumenisches und stark interreligiös geprägtes Buch dazu geschrieben: "Öffne Deine Augen - Jeder kann Mystiker werden!"
Ist auf sehr positive Resonanz gestoßen, aber noch in die Zeit des Lockdown gefallen, was uns nur wenig Veranstaltungen ermöglichte. Vielleicht magst Du ja unsere Korrespondenz in Deine Rundmails aufnehmen, damit wir noch mehr interreligiöse Freunde der Mystik erreichen.


LG Corinna



Antwort von MAS :
Samstag, 7. Januar 2023

Liebe Corinna,

 das ist ja interessant. Ja, das kann ich gerne mal zusammen rundschicken.

Wie bist Du denn an Notker Wolf gekommen?

Liebe Grüße,
Michael

 

CM

Samstag, 7&17. Januar 2023

Lieber Michael,

mit Sankt Ottilien und NW arbeite ich seit über 30 Jahren zusammen. Schon in den 90er-Jahren, als er von seinen damaligen China-Reisen zurück kam, habe ich ihn immer für den BR oder DLF interviewt. Ich bin lutherische Theologin, als freie ARD-Journalistin in Rom und auf Ökumene, Dialog und Weltkirche spezialisiert. Das passte. Daraus hat sich dann eine gute Zusammenarbeit entwickelt, viele Rundfunksendungen und drei Bücher...

Ich hoffe, auch wir beide lernen uns irgendwann mal kennen. Da es weder in Lindau noch in Karlsruhe geklappt hat, sollte sich irgendwann eine dritte Chance ergeben
😉

Unser Buch wurde noch vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs geschrieben (2021) und nimmt daher keinen direkte Bezug auf diesen Teil der aktuellen Situation. Aber indirekt bezieht es - wenn man so will - doch Stellung. Denn es spricht von kleinen und großen Erfahrungen des Göttlichen, von dem Bewusstsein: Gott ist da, ist hier, in mir, in dir... und von den Konsequenzen, die sich daraus ergeben.

„Gott muss sich in jedem noch so kleinen Vollzug unseres Lebens ausdrücken.“ forderte der Pazifist und indische Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi: Eine mystische Gotteserfahrung, so Gandhi, werde in der „Verwandlung“ konkret, die sich im Charakter eines Menschen vollzieht.

Auch Jesus war ein Mystiker, und er hat seine Schüler gelehrt: „Steck dein Schwert in die Scheide“. Viele behaupten, das sei nicht praktikabel. Aber als Christen kommen wir nicht umhin zu sehen, dass er uns genau dieses Beispiel vorgelebt hat - auf seinem Weg über das Kreuz zur Auferstehung - und kein anderes.

Wenn Menschen (in West und Ost!) sich wieder stärker an solchen Vorbildern orientieren würden, wäre viel gewonnen.

 

frohe Sonntagsgrüsse aus Rom
Corinna

 

MAS: Sonnstag, 7. Januar 2023
Liebe Corinna,

 das klingt alles sehr spannend.

 Ich mache aber folgenden Vorschlag: Ich binde unseren Mailwechsel mal in einen interrel. Rundbrief ein, zusammen mit einem anderen Mailwechsel, der sich auch aus derselben Feiertagsgrußmail ergab. Wenn ich den fertig habe, schicke ich Dir unsern gemeinsamen Teil vor dem Rundschicken nochmal zu. Okay?

Liebe Grüße,
Michael

 

 

CM

Sonnstag, 8. Januar 2023

Absolut ok
Gute Nacht!
Corinna

 

2.          E-Mail-Wechsel Robin Pope mit Michael A. Schmiedel

 

Robin Pope (RP)

Freitag, 6. Januar 2023

Lieber Michael,
danke, dass du uns den Weihnachtsgruß von Hossein Pur-Khassalian übermittelst.  Bitte leite auch diesen meinen Epiphanius-Gruß an alle weiter.

Bei der Erreichung des Friedens in der Ukraine stehen die Verbrecher nicht nur auf der russischen Seite.  Hossein Pur-Khassalian erinnert an die Profite aus dem Krieg (und die größten Waffenproduzenten sind im Westen).   Die jüdische Sozialanalytikerin Naomi Klein hat in ihrem 2007 erschienenen Buch The Shock Doctrine: The Rise of Disaster Capitalism enthält ein erschreckendes Kapitel über die verbrecherische Zerstörung der Demokratie in Russland 1989-1992 durch den Westen.  Der jüdische Wirtschaftswissenschaftler Jeff Sachs von der Universität Kolumbien hält sich an Jesus von Nazareth in Matthäus 7:5 

Zieh den Holzbalken aus deinem eigenen Auge, bevor du dich um den Splitter im Auge eines anderen kümmerst. https://www.ncronline.org/news/jewish-economist-says-catholic-social-teaching-his-moral-compass.  Indem er sich an den Demutsrat Jesu hält, stellt Sachs den kriminellen und verheißungswidrigen Weg unserer Seite, des Westens über die Nato seit 1989, als Teil der Friedensvermittlung dar.  Sowohl Papst Franziskus als auch Justin Welby als anglikanisches Oberhaupt haben sich in ihren Neujahrsansprachen für den Frieden über den zweiseitigen Vermittlungsweg ausgesprochen.  Der muslimische Führer der Türkei bietet sich weiterhin als Vermittler an.  Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage in Deutschland wünschen sich die meisten Deutschen mehr Bemühungen um den Weg der Vermittlung.

Ich bitte darum, dass unsere Organisation "Religionen für den Frieden" und alle Gemeinden meiner eigenen anglikanischen Gemeinschaft und jede andere Glaubensgemeinschaft die von Jesus von Nazareth geforderte Demut, Selbstreflexion und Selbstkritik praktizieren.  Diese Praxis erfordert das Lesen von Büchern, Artikeln und das Hören von U-Tubes, die uns über die westlichen Verbrechen gegen Russland informieren.  Wenn wir informiert sind, können wir über die gefährlichen Journalisten hinausgehen, die uns in Hysterie über despotische andere aufpeitschen, während wir blind dafür sind, wie wir Despoten auf unserer eigenen Seite erlauben, unsere eigene Gesundheit und den Planeten zu zerstören.  

Anstelle von unqualifizierten Kommentaren wie 

"Was die Ukraine betrifft, so hängt das wohl von dem Despoten in Moskau ab".

Halten wir uns an Matthäus 7,5 und nennen wir jedes Mal, wenn wir eine russische Gräueltat erwähnen, mindestens eine Sünde, die von unserer eigenen westlichen Seite begangen wurde.  Wenn wir uns auf diese Weise an Matthäus 7,5 halten, kann dies den Erfolg der Mediation erleichtern - anstelle eines Weges der Zerstörung des Planeten, des Risikos eines Dritten Weltkriegs und sogar eines nuklearen Holocausts.

Lassen Sie das Licht der Epiphanie auf uns alle scheinen, wenn an diesem Wochenende in Bonn eine ökumenische Epiphaniefeier stattfindet. Sie beginnt am 7. Januar 2022 um 18.00 Uhr im römisch-katholischen Bonner Münster, geht weiter zur evangelischen Kreuzkirche, und dann ziehen die Laternen zur altkatholischen St. Cyprianskirche, um die English Singers zu hören und danach im dortigen Gemeindesaal Gemeinschaft zu haben.

Robin Pope

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

 

MAS
Samstag, 7. Januar 2023

Liebe Robin,

 ich soll tatsächlich eine Mail rundschicken, in der Du meinen Satz als „unqualifiziert“ bezeichnest? 

Ich denke, es würde daraus eine politische oder ethische Grundsatzdiskussion erwachsen, die zu Streit führen würde. Deswegen lasse ich das lieber sein.

Oder wir müssen ein anderes Format dafür (er)finden. 

Liebe Grüße,
Michael

 

RP

Samstag, 7&26. Januar 2023

Lieber Michael

Du hast nur Putin beschuldigt in Konflikt mit dem Ideal in der Wissenschaft und Matthäus 7: 3-5, durch demütige Offenheit zu Wahrheiten zu gelangen, indem man a) und b) kombiniert

a) Anklagen gegen die bösen anderen

b) Selbstkritik, die oft zu Selbstanklagen führt, weil wir zugeben, dass auch wir Sünder sind. 

Du hast einen wissenschaftlichen Posten und leisten eine fantastische Arbeit für unser Netzwerk der Religionen des Friedens, in dem Mitglieder der abrahamitischen Religionen (Juden, Christen und Muslime) betonen, dass wir alle falsch liegen und sündigen können. Warum mache so eine große Sache daraus?  Ich habe von dich erwartet: "Ich habe den Konflikt nicht bemerkt."  Bitte leite einfach meine E-Mail weiter, in der Du nicht einmal als Absender genannt bist, und ermutige die Mitglieder von Religionen für den Frieden ermutigen, selbstkritisch zu sein, nicht nur Putin gegenüber kritisch.  Ansonsten bin ich schockiert. 

Beachte auch, wen Du meine kontroverse ethische und politische Themen versteckt halten, wie rechtfertige was Du schon zirkuliert hast – nämlich den damit zusammenhängenden ethisch und politisch kontroversen Aufruf von Hossein Dr. Pur Khassalian dem Konflikt zwischen 1) und 2)

1) die Bedeutung von Weihnachten als Arbeit für den Frieden, aber

2) [Deutschland] aufzufordern, Waffen herzustellen und zu spenden, also für den Krieg zu arbeiten

Herzlichst
Robin

 

MAS
Samstag, 7. Januar 2023

Liebe Robin,

zwar habe ich Deine Mail nicht an den ganzen aus 4 Verteilern bestehenden Verteiler für die Feiertagsgrußmails weitergeleitet, aber unseren Mailwechsel an den Vorstand von RfP Deutschland. Von da bekam ich aber noch keine Antwort. 

Ich mache aber folgenden Vorschlag: Ich binde Deine Mail oder Mails mal in einen interrel. Rundbrief ein, zusammen mit einem anderen Mailwechsel, der sich auch aus derselben Feiertagsgrußmail ergab. Wenn ich den fertig habe, schicke ich Dir unsern gemeinsamen Teil vor dem Rundschicken nochmal zu. Okay?

LG, Michael



RP

Samstag, 9&26. Januar 2023

Lieber Michael

vielen Dank, dass Du mein Anliegen weiterverfolgst.  Ich freue mich auf deinen Entwurf unserer Diskussion zur Weitergabe.

Alles, was Du in deiner ersten E-Mail an mich gegen Putin und Russland gesagst, ist wahr.  Meine große Sorge ist, dass das Reden nur gegen Putin und Russland uns zu Gewalt anstachelt, die den Planeten zerstört und sogar einen nuklearen Holocaust riskiert.

Um dem entgegenzuwirken, bemühe ich mich um eine Übereinstimmung mit Matthäus 7,3-5: Wann immer wir die Verbrechen Putins/Russlands beklagen, sollten wir dies mit dem Beklagen unserer westlichen Verbrechen gegen Russland und gegen die hauptsächlich russischsprachigen Regionen der Ukraine verbinden.  Wenn wir unsere eigenen grotesken westlichen Verbrechen sehen und beklagen, verstummt die Gewalt, die in uns, dem Westen, steckt, und öffnet uns, dem Westen, die Möglichkeit, Kompromisse als gerecht zu betrachten und hart an der Vermittlung zu arbeiten, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Herzlichst

robin

 

MAS
Montag, 9. Januar 2023

Alles klar, liebe Robin,

ich denke, so verschieden denken wir gar nicht.

Ich mache im Laufe der Woche mal einen Entwurf, den ich Dir mal zuschicke. dann sehen wir weiter.

LG, Michael

 

RP

Samstag, 9. Januar 2023

Ich lächele lieber Michael

Robin

 

Die farbliche Unterlegung der einzelnen Beiträge schuf Robin Pope. Danke dafür!

 

Nach diesen beiden E-Mail-Wechseln ging es zuerst jeweils bilateral, dann zu dritt weiter. Ich bat beide noch um ein Schlusswort, aber aus dem von mir geplanten Schlusswort entwickelte wurde noch ein längerer Beitrag von Robin Pope.


Es wird statt des Schlusswortes hier noch ei zweiter Teil kommen, den ich aber noch bearbeiten muss. Ich bitte um Geduld.

 

Das Schlusswort für diesen Teil 1 überlasse ich also Norbert Bolz, denn das passt sehr gut zu dem, was drei weiter machten: Wir kommunizierten, kamen an die Grenzen des gegenseitigen Verstehens, machten aber weiter.

 

In diesem Sinne, herzliche Grüße, auch im Namen von Corinna Mühlstedt und Robin Pope,

Ihr/Euer Michael A. Schmiedel

 

„Luhmann hat gesagt: Das Verstehen muss immer unklar bleiben. Daher setzen wir auf Anschlusskommunikation. Wenn weiter kommuniziert wird, ist alles gut.“  Norbert Bolz[3]



[1]Mithu Sanyal in dem Dossiere: Kannst du mich verstehen? Braucht Verstehen Empathie?. Interview von Svenja Flaßpöhler mit Mithu Sanyal und Norbert Bolz. In: Philosophie Magazin. Kannst Du mich verstehen? Nr. 01/2023 Dezember/Januar, S. 60-65, Zitat S. 62

[2]Aus Gründen der Kürze, der Klarheit und zur Korrektur von Unklarheiten und Fehlern bei der Übersetzung von Robins Texten ins Deutsche (bei der uns deepL dankenswerterweise geholfen hat), wurden einige der E-Mails geändert und zeitlich neu eingeordnet.  Unsere letzte Runde des Austauschs findet auf Englisch statt, da die Übersetzung für Robin zu viel war.

[3]Norbert Bolz. in dem Dossiere: Kannst du mich verstehen? Braucht Verstehen Empathie?. Interview von Svenja Flaßpöhler mit Mithu Sanyal und Norbert Bolz. In: Philosophie Magazin. Kannst Du mich verstehen? Nr. 01/2023 Dezember/Januar, S. 60-65, Zitat S. 65.

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2023-1 - Teil 2

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2023-1 – Teil 2

(12.02.2023)

„Das Wichtigste ist, dass ich aufhöre. Da s ist eines meiner Lieblingswörter – aufhören. Und das hörende Herz passt da gut dazu. Einerseits meint dieses großartige Wort >aufhören< anhalten, stoppen. Andererseits heißt das Wort auf-hören, dass ich, während ich am Abarbeiten der To-do-Liste bin, mich im Hamsterrad, im rasenden Stillstand verausgabe, aufwärts höre, nach außen lausche, mich anrufen und erreichen lasse von etwas anderem, von einer anderen Stimme, die etwas anderes sagt als das, was auf meiner To-do-Liste steht und was sowieso erwartbar ist und sozusagen im funktionalen Austausch besteht.“[1]



Liebe Leser*innen des interreligiösen Rundbriefes,

hier folgt nun der zweite Teil des IR Nr. 2023-1. Das ist für mich nicht so einfach, ihn zu gestalten, da es noch sehr viel Konversation zwischen Corinna Mühlstedt, Robin Pope und mir gab, sowohl bi-, als auch trilateral, die auch mit Corinna Mühlstedt in eine Diskussion über ging. Das war allerdings nicht alles zur Veröffentlichung gedacht. Robin Pope hatte den bilateralen Austausch zwischen ihr und mir und den trilateralen auf schöne Weise zusammengestellt, hatte den bilateralen zwischen Corina Mühlstedt und mir aber nicht vorliegen. Aber auch ohne diesen wäre es zu lang, selbst für interessierte Leser*innen geworden.

Deshalb verfahre ich jetzt so: Ich hatte selbst ein Schlusswort geschrieben und die beiden auch um je eines gebeten. Diese drei Schlussworte gebe ich nun zuerst wieder, nicht aber alles, was davor und danach noch hin und her geschrieben wurde.

Danach gebe ich noch zwei Beiträge des bilateralen Austauschs zwischen Corinna Mühlstedt und mir wieder, welcher zeigt, wie sehr die jeweilige Biographie die Einstellung eines Menschen beeinflusst. Darauf kamen wir, als wir uns in der Diskussion festgefahren hatten. Mich interessiert an diesem Austausch zu zweit und zu dritt nämlich nicht nur das Krieg- und Friedenthema, sondern auch die Metaebene des Nachdenkens über Kommunikation. Im interreligiösen Dialog geht es ja eben darum, miteinander zu kommunizieren und voneinander zu lernen. Dazu muss man auch schauen, wie man das Gespräch am Laufen hält oder eben auch wieder in Gang bringt. Vordergründig mag dieser E-Mail-Wechsel zwischen drei christlich sozialisierten Menschen nicht interreligiös sein, aber wenn man genau hinschaut, ist es das doch, nämlich zwischen unterschiedlichen Weisen der Religiosität oder Spiritualität, selbst wenn wir uns sehr ähnlich und grundsätzlich alle drei mystisch und pazifistisch eingestellt sind. Aber wir wissen ja inzwischen, dass die Verwerfungslinien im interreligiösen Dialog nicht so sehr zwischen den Religionen verlaufen, als zwischen den Weisen, die vermeintlich selbe Religion zu interpretieren und zu praktizieren. Und durch eine so wichtige Frage, wie man mit Krieg umgeht, können selbst innerhalb einer interreligiösen Friedensorganisation wie Religions for Peace solche Verwerfungen entstehen. Corinna Mühlstedt ist nämlich Vorstandsmitglied von Religions for Peace Italien, so wie ich von RfP Deutschland. Robin Pope war des Öfteren Teilnehmerin beim interreligiösen Gesprächskreis von Religions for Peace Bonn/Köln.  Und gerade da heißt es: Im Gespräch bleiben, im gegenseitigen Respekt und im Ringen um eine Wahrheit, mit der beide bzw. alle gut leben können. Ob uns das gelungen ist? Lesen Sie/Lest selbst:

 

*

 

 

Farbunterlegung der Gesprächsteilnehmer*innen

Michael A. Schmiedel (MAS)

Corinna Mühlstedt

(CM)

Robin Pope

(RP)

 

MAS

Mittwoch , 17. Januar 2023

Nun noch ein paar Worte von mir:

Es mag verständlich sein, dass mit der E-Mail-Wechsel mit Corinna Mühlstedt angenehmer war, denn er war konfliktfrei. Wir waren schnell auf einer gemeinsamen mystischen Wellenlänge.

Der E-Mail-Wechsel mit Robin Pope war dagegen durch einen Konflikt geprägt. Es ging um Religion und Politik gleichermaßen und um unterschiedliche Zugänge zu beidem. Ich fühlte mich durch das Wort „unqualifiziert“ angegriffen, und man merkt sicher im weiteren Verlauf, dass Robin Popes und mein Zugang zum Ukraine-Thema sehr verschieden war. Ich kenne Robin nun aber auch persönlich und schätze sie sehr, so dass ich mich entschloss, nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen, sondern einerseits offen zu argumentieren und anderseits zu versuchen, ihren Zugang zu verstehen.

Die von ihr angeführte Bibelstelle bei Matthäus 7,5 lautet übrigens: „Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; darnach siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst!“[2]

Ich argumentierte indes weniger mit der Bibel als mit deutscher Geschichte und verglich diesen Angriff Russlands auf die Ukraine mit dem Angriff Deutschlands auf die Tschechoslowakei und Polen.

Es ging mir nur um diesen konkreten Krieg und die Frage, wer ihn beenden kann. Und das ist nach meinen Kenntnissen Putin. Er hat die Macht, das zu tun. Tut er es, opfert er russische Expansionsinteressen, aber nicht die Integrität seines Landes. Beendet dagegen die ukrainische Regierung diesen Krieg durch Kapitulation oder Waffenstillstand mit Gebietszugeständnissen an Russland, opfert sie ihr Land und die Freiheit seiner Bevölkerung. Wer würde also mehr verlieren, wenn er jetzt einfach aufhören würde, zu kämpfen?

Robin Pope ging es auch um die Schuld der USA oder des Kapitalismus. Vor allem letzteren kritisiere ich auch immer wieder. Und auch erstere hin und wieder. Aber so weit wollte ich gar nicht ausholen. Darüber können wir uns aber gerne weiter austauschen und ich meine, wir kommen schnell zu gemeinsamen Ansichten.

Ich bitte jetzt Corinna Mühlstedt und Robin Pope noch um je ein paar Worte und schließe den Rundbrief mit noch einem Zitat auf dem Interview im Philosophie Magazin, diesmal aber von dem anderen Interviewpartner.

Michael A. Schmiedel

PS: Das Zitat aus dem Philosophie Magazin war schon in Teil 1.

 

Donnerstag , 18. Januar 2023

CM:

Liebe Hossein Pur-Khassalian, Michael, Robin und Alle

Zu den Einzelheiten der Diskussion zwischen Dir, Michael, und Robin möchte ich mich nicht äußern, das würde zu lang werden. Aber zur praktischen Seite des Friedens in der Ukraine lass mich aus römischer Sicht - ich bin derzeit in Rom - sagen: Das Ganze ist komplizierter als in Deutschland viele meinen:

Papst Franziskus warnt seit Jahren vor dem dritten Weltkrieg (in Stücken). Und hier in Italien sehen die meisten den Ukraine-Krieg als Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA, bei dem vor allem einer verdient: die Rüstungsindustrie. (Wie bei den Kriegen in Syrien, Jemen, Myanmar und anderenorts auch.)

Die Ukraine ist in jedem Fall ein Opfer. Nur wenn die Megastaaten sich friedlich einigen, hat sie eine Zukunft. Macron war nicht umsonst im Oktober hier in Rom und hat den Papst gebeten, zwischen Putin und Biden zu vermitteln....

Bleibt die Frage, ob die Religionsgemeinschaften derzeit etwas tun können? Mir scheint nur auf dem Weg, den Jesus gewiesen hat: Es wollte die Herzen der Menschen verändern, durch Dialog, Gebet und Liebe... Er wusste, dass die Politik nie das letzte Wort haben wird, sondern Gott.

Corinna Mühlstedt

Samstagtag , 18&30. Januar 2023

 

Liebe Hossein Pur-Khassalian, Michael, Corinna und Alle

Danke Corinna, dass du uns aufforderst, Mystiker zu werden und uns an Jesus von Nazareths "Steck dein Schwert in die Scheide" zu erinnern.  

Danke, Michael.  Eine der vielen Früchte deines Netzwerks "Religionen für den Frieden" war meine Teilnahme am Bonner Vortrag über die holländisch-jüdische Mystikerin Etty Hillesum aus der Hitlerzeit.

Dr. Hossein Pur Khassalian begann unseren E-Mail-Austausch mit:

‚Heute frage ich mich, ob die Menschen, die Krieg führen, Waffen herstellen und Waffen verkaufen, Waffen spenden und Waffen einsetzen auch „Christen“ sind.‘

Die schreckliche „ja“ Antwort lautete 1995: Der Stadthistoriker Martin Stankowski und der Kabarettist Rainer Paus erinnern in "Tod im Rheinland" daran, dass die ersten Christen pazifistisch waren, nicht mehr.  1992 bestätigte das deutsche Bundesverfassungsgericht das Urteil, dass der pazifistische Nobelpreisträger Carl von Ossietzky Hochverrat begangen hat.  Eine anhaltende paramilitärische Kultur hilft einer Perversion - der Umdeutung der Definition von Frieden als gewaltsam errungener Sieg. 

Als der russisch-ukrainische Krieg 2022 ausbrach, war diese Perversion dessen, was "Frieden" bedeutet, bei vielen Christen schockierend offensichtlich, wie Dr. Hossein Pur Khassalians "Verwunderung" zeigt. 

"Steck dein Schwert in die Scheide" Stimmen.  Der römisch-katholische Franziskus I. und der Anglikaner Welby bitten um Vermittlung zur Beendigung des Russland-Ukraine-Krieges.  Als Jude, der seinen moralischen Kompass von Jesus von Nazareth hat, lieferte Sachs, Präsident des UN Sustainable Development Solutions Network, einer führenden Finanzzeitschrift der Welt die Umrisse einer Mediation, deren Vereinbarungen durchsetzbar sind: https://www.economist.com/by-invitation/2023/01/18/jeffrey-sachs-on-why-neutral-countries-should-mediate-between-russia-and-ukraine

 

Neu denken

Seien Sie kein Narr: Berechne, wann du deine Entscheidung rückgängig machen solltest, riet Jesus

Wenn Sie den Krieg mit Waffen, die der Ukraine gespendet wurden, als den Weg von Jesus von Nazareth betrachten, sollten Sie sich an seine Aufforderung halten, dass seine Anhänger weise Entscheidungen treffen:

Seid also klug wie die Schlangen
und
harmlos wie die Tauben, Matthäus 10: 16.

Zu der Frage, was klug bedeutet, gibt Jesus ein Beispiel dafür, wie man die Logik auf die Beweise anwendet, um abzuschätzen, ob das, was man vorhat, plausibel zum Ziel führt, und wenn nicht, das, was man in Gang gesetzt hat, wieder rückgängig zu machen.  In Lukas 14, 31-32 beschreibt Jesus weise Könige.  Er fragt, welcher König ein solcher Idiot wäre, wenn er, nachdem er die hohen Kosten und Risiken eines ausbleibenden Sieges kalkuliert hat, seinen Drang, Krieg zu führen, nicht zurücknimmt, seinen Fehler eingesteht und den Weg der Vermittlung einschlägt. 

Angenommen, ein König will gegen einen anderen König in den Krieg ziehen. Wird er sich nicht zuerst hinsetzen und ausrechnen, ob er gewinnen kann? 

Wenn nicht, schickt er eine Delegation, während der andere noch weit weg ist, um Frieden zu schließen

[er wählt den Weg der Mediation].

Lukas14: 31-32

Warum haben die Christen, die Deutschland dazu drängen, Waffen an die Ukraine zu liefern, keine klugen Berechnungen angestellt, bevor sie sich in den Krieg stürzen, wie Jesus es von seinen Nachfolgern verlangt?  Wo sind ihre Prognosen des Siegesdatums und vor dem Sieg der täglichen menschlichen Todesfälle, der zerstörten Infrastruktur, der unwiderruflichen Erwärmung des Planeten, der Risiken eines 3. Weltkriegs oder eines nuklearen Holocausts - alle veröffentlicht und dann demütig von Tag zu Tag überprüft, ob ihre Prognosen verifiziert sind oder Fantasie? 

Warum rechnen sie nicht, wie es die Klugheit und Jesus verlangen?  Berechnen und Voraussagen erfordern Gelassenheit.  Die Christen, die zu den Waffenspenden eilen, sind nicht ruhig genug, um dies zu tun: Sie wurden von den Massenmedien in den Wahnsinn getrieben, die sie wegen Putins Bosheit in einen Schlaganfall versetzten

 

Selbstkritik, um ruhig genug zu sein, um weise zu sein

Jesus von Nazareth verstand sehr gut, wie wir Menschen wahnsinnig werden, in einem Anfall von Apoplexie über die Verbrechen des anderen.  Er spricht dies in Matthäus 7,3-5 an. Um weise zu sein und dem wissenschaftlichen Ideal der Anwendung von Logik auf Beweise zu folgen, bedarf es der Demut, einen Schritt zurückzutreten und durch Selbstkritik objektiv zu sein - den Balken in unserem eigenen Auge zu sehen und ihn zuerst herauszuziehen. 

Wissen ist notwendig für die Selbstkritik unseres Westens 

 

Wilhelm Maucher Alfters Friedensweg als Ausdruck für Frieden und gegen Gewalt und Unrecht: Gebots Stein 6

 

Ergänzen Sie die massenmediale Diät des Sieges des Westens mit Wappen und des Geschreis über das böse Russland/Putin mit Informationen über:

§  Bösen Dinge, die Deutschland oder andere westliche Länder im Westen an Russland begangen haben, die Planken in unserem westlichen Auge,

§  Weise Wege, um die Balken aus unseren Augen zu entfernen, die uns davon abhalten, wieder straffällig zu werden, und die uns befähigen, unsere Sünden vor Russland zu entschuldigen

§  Errungenschaften derjenigen, die gewaltfreie Techniken anwenden, und über die vielen pazifistischen Helden Deutschlands wie auch über die pazifistischen Helden und Heldinnen in anderen Ländern.  

§  Wege, um den Splitter aus dem Auge von Bruder Russland zu ziehen - Vermittlung, gewaltloser Widerstand, Pazifismus.  Bei diesen Methoden wird niemand getötet, keine Infrastrukturen und Welterbestätten werden zerstört, und sie können schnell, effizient und billig sein.  Sie stehen im Gegensatz zu der gewaltsamen Methode, die der Westen zwei Jahrzehnte lang gegen Afghanistan angewandt hat und dann besiegt zurückgezogen hat.

Ressourcen für Wissen, also weise Entscheidungen

In unserer eigenen Großregion Bonn können wir:

§  die Argumente von Karl Barth, der 1934 seines Lehrstuhls für evangelische Theologie an der Universität Bonn enthoben wurde, gegen die Wiederaufnahme des Militärs in Deutschland Mitte der 1950er Jahre lesen. 

§  sich von Wilhelm Maucher inspirieren lassen, dem kühnen römisch-katholischen Pazifisten der Hitler-Ära in Alfter, der sich wie Barth Mitte der 1950er Jahre gegen die deutsche Wiederbewaffnung aussprach. 

 

Eine Frucht von Michaels Religionen für den Frieden Netzwerk ist, dass ich Maucher entdeckte, als ich an der Wanderung von Ven B Samiddhi vom Samadhi Buddhistisches Meditationszentrum zwischen den fesselnden Befehlstafeln auf dem exquisiten Alfterer Friedensweg teilnahm, die Maucher 1978 errichtet hatte. 

Günter Benz ist es zu verdanken, dass der Friedens-Motorrad-Club "Kuhle Wampe" die Zerstörung des Friedensweges 2009-2012 verhindern konnte, um ihn dann für uns heute zu erhalten, damit wir ihn gehen können, http://www.heimatfreunde-roisdorf.com/landschaft/der-friedensweg-des-rebellen-vom-vorgebirge/index.html.  Es ist Günter Benz, der mir beides geschenkt hat.

 



Maucher’s inspiring pithy booklet 1978  + 1983 postlude

The Alfter Historical Society’s 2011 book

Jede Kirchengemeinde und jede Schule in unserem Bonner Großraum möge sich ein Exemplar von beidem beim Alfterer Geschichtsverein kaufen und auf dem Alfterer Friedensweg pilgern, um Wissen zu erwerben und dabei einen Mini-Berg zu besteigen und sich an der Natur zu erfreuen.


 


Anfang des Friedensweges Friedensweg am 22.05.2016. Foto: Günter Benz

 

Kirchenführer können Experten beauftragen, ihre Schäfchen mit der reichhaltigen Literatur vertraut zu machen über

§  Selbstkritik - Analysen von Ökonomen, Politikwissenschaftlern, Soziologen, Psychologen und Theologen über das Unrecht, das Deutschland und der Westen an Russland begangen haben, und wie man es wiedergutmachen kann

§  Gewaltfreie Wege zur Suche nach Reformen im In- und Ausland nach dem Vorbild von Jesus von Nazareth, Mahatma Gandhi und vielen anderen

Aktivitäten wie Friedenswanderungen, die Lektüre von Heldenbiographien mutiger Friedensaktivisten, das Lernen über unsere Verbrechen gegen Russland und gewaltfreie Wege zur Beendigung von Kriegen und zur Reform der Nationen sind ein Gegengewicht zu den Massenmedien.  Dadurch können diejenigen Christen, die derzeit Waffen für die Ukraine spenden wollen, umkehren und sich um Vermittlung bemühen, statt Krieg zu führen.  Es kann eine neue Antwort auf die Frage von Dr. Hossein Pur Khassalian geben, dass er vielen weiteren Christen geholfen hat, Licht und Salz für die Welt zu sein - für eine Vermittlung zur Beendigung des Krieges zwischen der Ukraine und Russland.

Ich habe als Christ über die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine gesprochen, denn es waren Christen, die Dr. Hossein Pur Khassalian in seinem Weihnachtsgruß herausforderte.  Einige Nichtchristen sind auch durch die unverdünnte Aufmerksamkeit für die Sünden Russlands/Putins in den Wahnsinn getrieben worden.  Mögen ihre religiösen oder säkularen Führer ihren Wahnsinn in ähnlicher Weise beenden, wie es Matthäus 7:3-5 rät, denn dieser Weg, den Jesus von Nazareth rät, um klug zu sein, findet sich in vielen Religionen und in der Wissenschaft.  In gleicher Weise sollen die Führer ihren Mitgliedern helfen, den Weg der Mediation in all den anderen Kriegen, die auf der Welt toben, einzuschlagen - unsere Welt in Richtung "Steck dein Schwert in die Scheide" zu bewegen.

Robin Pope

 

 

 

Und nun die beiden autobiographischen Beiträge zuerst von mir, dann von Corinna Mühlstedt:
(Da ich nicht weiß, wie ich die Hintergründe einfärbe, färbe ich die Schrift ein.)

 

MAS

Am 20.01.2023 um 00:00

[…]

Weißt Du, ich habe drei Jahre meines Lebens ein Handwerk gelernt, dass ich hoffte und weiterhin hoffe, nie einsetzen zu müssen: das Kriegshandwerk. Das war Mitte der 1980er. Was in diesen drei Jahren wichtig war: Wir haben den potenziellen Feind, den Warschauer Pakt, nie als aktuellen Feind betrachtet. Ich hatte damals Verwandte in der DDR, gegen die ich nicht kämpfen wollte. So war ich sehr interessiert an einer Politik der Abrüstung. Als 1989/90 dann die Wende im Ostblock erfolgte, dachte ich: Geschafft! Die Politiker haben ihr Handwerk gut macht, damit wir Soldaten (ich war zu dem Zeitpunkt keiner mehr) das unsere nicht anwenden mussten. Ich fuhr 1990 mit meinem Bruder und dann nochmal mit meinem Vater in die DDR. Einmal fuhren wir an sowjetischen Soldaten vorbei, und sie winkten uns zu. Wunderbar! So hätte es gerne weiter gehen können!

Dass dann vieles schief lief, abgewickelt wurde, Menschen in ihrem eigenen Land ihre Heimat verloren, weil diese sich wandelte schneller als sie akkommodieren konnten, dass dann Nationalismus groß wurde in vielen ehemaligen Ostblockländern, dass einige ihr Heil in der NATO suchten, andere in der Unabhängigkeit und noch andere an einem engeren Schulterschluss mit Russland, das hatte ich nicht erwartet. Wobei ich selbst als NATO-Soldat und mit meinen Erfahrungen mit amerikanischen und französischen Kameraden in dieser Zeit, schon gut verstehen konnte, dass man da mit dabei sein wollte. Aber auch die Unabhängigkeitspartei konnte ich gut verstehen. Ich war sogar vor der Wiedervereinigung dafür, die DDR bliebe ein eigener Staat. Österreich ist ja auch ein eigener ehemals deutscher Staat (ich meine mit ehemalig deutsch nicht die Zeit zwischen 1939 und 1945, sondern die vor 1870), ohne dass es damit Probleme gibt.

Ich bin jedenfalls ein überzeugter Demokrat, ein Befürworter der Menschenrechte für alle Menschen der Welt. Und ich sehe eben das z.B. die derzeitigen Regierungen von Russland, der VR China und Irans diese nicht einhalten. Wer in diesen Ländern eine Meinung äußert, die gegen die der Regierung gerichtet ist, wird verhaftet, unter Umständen gefoltert und getötet. Deren Machtanspruch nachzugeben würde letztlich dazu führen, dass sie irgendwann die ganze Welt beherrschen. Dann könnten wir nicht mehr so einen Austausch führen, ohne dass der Geheimdienst mitliest und in Bälde auf der Matte steht. Wir hatten in der DDR, in Nazideutschland, aber auch im Deutschland nach dem Wiener Kongress schon, solche Zustände. Italien hatte solche Zustände auch unter Mussolini. Ich habe sie nie am eigenen Leib erlebt, zum Glück, und will sie auch nicht erleben und wünsche sie keinem Menschen.

Vielleicht verstehst Du mich jetzt besser?

Oder hat Norbert Bolz letztlich Recht, wenn er sagt, dass Menschen einander nicht verstehen können, aber sich gegenseitig respektieren sollen?

Liebe Grüße,
Michael

 

CM
Am 20.01.2023 um 23:52:

Guten Abend, Michael,

nun hab ich mir Zeit genommen, Dein nächtliches Mail noch einmal in Ruhe zu lesen. Danke für diese Einblicke in Dein Denken. Und ja: was Du schreibst, kann ich gut nachvollziehen. Als ich jung war, habe ich ähnlich gedacht. Aber heute lässt mich meine Lebenserfahrung manches etwas anders sehen.

Ich konnte etliche Länder mit Diktaturen bereisen - nicht nur als Tourist, sondern mit vielen privaten Kontakten - (u.a. China, Russland und den Iran), und ich kann mir durchaus ein Bild machen. Freilich musste ich nie länger dort leben und möchte es auch nicht. Aber ich habe auch gelernt, zwischen Regierung und Volk zu unterscheiden: Es sind immer wenige, die herrschen, und viele, die leiden, obgleich sie all das Unrecht nicht wollen. Ich habe auch viele Menschen kennen gelernt, die versuchen, ihre Länder behutsam zu verändern - mit mehr oder weniger Erfolg - aber in der Überzeugung, dass Gewalt keine Lösung ist, sondern nur das Leid aller vermehrt.

Von Kriegsüberlebenden - in meiner Familie und weit darüber hinaus - habe ich immer wieder gehört: Nie wieder Krieg! Meine Familie ist einst aus den Ostgebieten bzw. Berlin nach Bayern geflohen. Die einen vor der russischen Armee, die anderen vor alliierten Bomben. - Ich habe auch Freunde, die als Soldaten in Vietnam oder Algerien waren. Heute sind sie Mönche und sagen: Nie wieder Krieg! - Und das gilt meiner Ansicht nach in einer Welt, in der Atombomben ganze Kontinente zerstören können, mehr denn je.

Aus diesem Grund bin ich seit über 30 Jahren in der Friedensarbeit und lebe in der Hoffnung, dass es zwischen Welt-Diktatur und Krieg noch einen dritten Weg gibt, wenn sich nur genug Menschen intensiv um ihn bemühen. Naiv? Vielleicht. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit für die Menschheit. Und von noch etwas bin ich überzeugt: Aus menschlicher Kraft und Weisheit werden wir diesen Weg nicht finden, aber vielleicht mit Gottes Hilfe. Und in diesem Sinne verstehe ich auch die Arbeit von RfP.

Vielleicht kannst Du jetzt auch mich besser verstehen?
jedenfalls einmal mehr eine gute Nacht!
Corinna

 

*

 

Soweit nun also der zweiteilige interreligiöse Rundbrief 2023-1. Wer ihn bis hierher gelesen hat, hat etwas geleistet. Zum Teil 1 kam zwischendurch sogar schon ein Leserbrief, von dem ich aber noch nicht weiß, ob er zur Veröffentlichung gedacht oder nur an mich gerichtet ist. Wenn ersteres, kommt er entweder in einem Teil 3 oder im nächsten regulären Rundbrief.

Die Diskussion um den Krieg in der Ukraine ist damit noch nicht zu Ende. Lieb wäre es mir, der Krieg endete noch vor dem Ende der Diskussion. Das Thema ist ja übertragbar auf andere Kriege und Gewaltszenarien. Wie umgehen mit Diktaturen, denen es nur um Macht geht? Wie umgehen mit rücksichtslosen Unternehmern, denen es nur um Profit geht? Wie umgehen mit dem sprichwörtlichen bösen Nachbarn, der den Frömmsten nicht n Frieden leben lässt? Es ist ein ewiges Thema, so alt wie die Menschheit. Wie heißt es in einem Witz: Zwei Planeten begegnen sich. Sagt der eine: „Du siehst aber schlecht aus.“ „Ja“, sagt der andere, „ich habe Mensch.“ Darauf der erste: „Das geht vorbei.“ Der Witz passt vielleicht eher zum Klima-Thema. Aber mir kommt generell die Frage: Werden wir unsere großen Probleme erst los, wenn wir selbst nicht mehr sind? Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass wir doch eine Lösung finden, am liebsten nicht erst eschatologisch.

Und zunehmend wichtig in der durch viele Themen (Corona, Gender, Krieg und Frieden, Flucht und Migration, Klima, …) aufgeheizten Stimmung in unserer globalen Gesellschaft finde ich die Pflege einer Kultur des Dialogs und auch einer fairen Streitkultur, die von gegenseitigem Respekt der Gesprächspartner*innen geprägt ist. Letztlich ist doch niemand allwissend, sondern wir alle tasten an dem großen Elefanten herum und versuchen zu erkennen, was ein Elefant ist, ohne es letztlich zu wissen.

 

Herzliche Grüße, auch im Namen von Robin Pope und Corinna Mühlstedt,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel

 

Und zum Schluss noch mal Hartmut Rosa:

 

„Was brauchen wir also in dieser Gesellschaft? Ich glaube, diese Gesellschaft braucht die Rückbesinnung auf genau diese Fähigkeit der Anrufbarkeit  und die Erfahrung der entsprechenden ergebnisoffenen Selbstwirksamkeit. Das funktioniert auf der einen Seite dispositional, das heißt, wenn ich fähig bin, aus dem Aggressionsmodus herauszutreten für einen Moment nicht zu fragen: ‚Was habe ich davon? Was kriege ich? Was will ich noch erreichen? Was kann ich kontrollieren? Was beherrsche ich? Was beherrsche ich nicht?‘ Vielleicht kann man sagen, es braucht ein Sich-nackt-Machen, man muss sich berührbar machen, und das heißt immer auch, sich verletzlich machen. Und das ist natürlich super riskant in einer Gesellschaft, die auf Konkurrenz basiert und aus Steigerung zielt. Jedenfalls brauche ich zunächst eine bestimmte Haltung, und die Haltung garantiert mir noch nicht, dass es dann tatsächlich zu Resonanz kommt. Ich brauche dafür auch die entsprechenden sozialen und materialen Räume.“[3]



[1]Hartmut Rosa. Demokratie braucht Religion. Über ein eigentümliches Resonanzverhältnis. Basierend auf einem Vortrag beim Würzburger Diözesanempfang 2022. München 4. Aufl. 2022 (Kösel), S. 56.

[2] Luther 1912, In: Bibel-Online, https://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/matthaeus/7/#1, geöffnet am 17.01.2023.

[3]Hartmut Rosa. Demokratie braucht Religion. A.a.O., S. 66f.


Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2023-2

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(12.05.2023)

Die Enquete-Kommission wurde mit Befürchtungen von Bürgerinnen und Bürgern über die Gefahren von ‚sogenannten Sekten‘ ebenso konfrontiert wie mit der Besorgnis vieler Gemeinschaften, als ‚schadensbringende Sekte‘ etikettiert und entsprechend behandelt zu werden. Die Kommission hat sich auch mit dieser Seite des Problems intensiv auseinandergesetzt. Sie wendet sich ausdrücklich gegen eine pauschale Stigmatisierung solcher Gruppen und lehnt die Verwendung des Begriffs ‚Sekte‘ wegen seiner negativen Konnotation ab. Die Ablehnung des Begriffs ‚Sekte‘ wird auch durch das Ergebnis der Arbeit der Enquete-Kommission unterstützt, daß nur ein kleiner Teil der Gruppierungen, die bislang unter dem  Begriff ‚Sekte‘ zusammengefaßt wurden, problematisch sind. Daher wäre eine weitere Verwendung des Sektenbegriffs für alle neuen religiösen und ideologischen Gemeinschaften fahrlässig.“[1]

Liebe Leser:innen des interreligiösen Rundbriefes,

abgesehen vom Krieg als schlimmster Eskalation menschlicher Aggression, sind wir noch viel alltäglicher mit einer anderen Form konfrontiert, die auf den ersten Blick zwar nicht so zerstörerisch ist, bei genauerem Hinsehen richtet sie aber großen Schaden an und kann zudem auch noch mit Krieg verbunden werden: Rassismus.


Rassismus

Das ist natürlich erstmal nur ein Schlagwort, so wie „Sexismus“, „Nationalismus“ oder „Xenophobie“. Die Trennschärfe zwischen diesen Begriffen ist auch nicht sehr hoch und nicht jede:r verwendet diese Wörter gleich. Darüber könnte ich jetzt lange schreiben, aber will hier nur einmal auf ein Missverständnis hinweisen, dem ich lange aufgesessen bin: Ich dachte nämlich, dass „Rassismus“ für die Geringschätzung einer biologischen Rasse stehe und demzufolge Wortkombinationen wie „antiislamischer Rassismus“ unsinnig seien, denn der Islam ist ja keine biologische Rasse, sondern eine Religion.

Nun lernte ich lesenderweise erst kürzlich, dass das Wort „Rasse“ erstmals in Italien im 15. Jh. zur Wertschätzung hochstehender Adelsfamilien und Pferdezüchtungen verwendet wurde – wobei die zweite Verwendung schon was mit biologischen Rassen zu tun hat – und dann im 16. Jh. in Spanien zum Auseinanderhalten von Juden, Muslimen und Christen als drei verschiedenen „Rassen“. Im 18. Jh. wurden in Frankreich Adel und Bürgertum als zwei „Rassen“ bezeichnet und im Folgenden die verschiedensten Menschengruppen, sogar Männer und Frauen. „Rasse“ konnte also jede Form von kollektiver Zugehörigkeit meinen. Erst durch die Evolutionsbiologie kam es allmählich zu einem engeren, biologischen Verständnis, und man versuchte, die Unterschiede zwischen menschlichen Völkern biologisch und genetisch zu erklären. Dieses Erklärenwollen könnte noch als wertneutrale empirische Wissenschaft durchgehen, hätte nicht hinter vielen wissenschaftlichen Forschungen im 19./20. Jh. der Wunsch nach Beherrschung des Erforschten gestanden. Gerade das macht dann aber den Rassismus aus: Menschengruppen voneinander unterscheiden, um die wertvolleren (die eigene Gruppe) von den weniger wertvollen oder gar wertlosen Gruppen (spezielle andere oder alle anderen) trennen zu können, wobei erstere letztere beherrschen oder auch ausrotten dürfen. Als „Rasse“ wurde dann alles mögliche bezeichnet, sei es ein Volk, eine Religionsgemeinschaft, eine soziale Schicht, ein Geschlecht oder was auch immer. Umgekehrt wurde aber auch allgemein von der menschlichen Rasse gesprochen. Quasi wurde das Wort inflationär gebraucht bis nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft das Wort zunehmend in Misskredit geriet und heute nur noch für gezüchtete Tier- und Pflanzenrassen verwendet wird, nicht aber für Menschen. Das bedeutet aber keineswegs das Ende des Rassismus, denn die eigene Gruppe für wertvoller als andere zu halten, findet immer noch Befürworter:innen. Nur wurde vor der Naziherrschaft alles und jedes als „Rasse“ bezeichnet, wird heute das Wort durch andere   ersetzt: Volk, Religion, Kultur, Lebensweise usw. Und so wie auch im 19./20. Jahrhundert in Europa die Angst aufkam, die „weiße Rasse“ sei in Gefahr durch zum Beispiel die „gelbe Rasse“ oder „die Juden“, so sei heute „das christliche Abendland“ oder „die westliche Lebensweise“ in Gefahr durch „den Islam“, „die Migranten“, „die Afrikaner“ oder auch „die Homosexuellen“, „die Genderqueeren“ und so weiter.

Diese Entwicklung zeigt meines Erachtens, dass die Vermeidung von Wörtern wie „Rasse“ oder „das N-Wort“, „das Z-Wort“ nur kosmetisch eine Änderung bringt. Ist ein Wort verbrannt, nimmt man ein anderes, ohne die Geisteshaltung zu ändern. Es braucht – zumindest zusätzlich – noch andere Maßnahmen, den Rassismus, die Xenophobie, den Hass auf Andere zu überwinden.

„Interreligiöse Perspektiven auf den Rassismus“

Zu der IFN-Veranstaltung „Interreligiöse Perspektiven auf den Rassismus“ am 1. April 2023 im MIGRApolis-Haus kamen zwar weniger Leute als erwartet, aber letztlich saßen wir elf in gemütlicher Runde um einen Tisch und führten ein sehr gutes Gespräch darüber, aus verschiedenen religiösen Perspektiven. Die Teilnehmenden waren sich darin einig, dass Gott der Schöpfer, Vater oder die Eltern aller Menschen gleichermaßen sei. Hanife Tosun ergänzte aus muslimischer Perspektive, dass es nur zwei Ebenen gebe, die göttliche und die menschliche, also alle Menschen auf derselben Ebene seien. 

                                            Foto: Petra Schenk-Schmiedel
 

Gregor Sattler erzählte von einigen Lebensjahren in London, wo er im Rahmen seiner Arbeit für die Vereinigungsbewegung Menschen aus vielen früheren Kolonien und anderen Ländern kennen- und schätzen gelernt habe. Dabei habe er gelegentlich auch die Erfahrung gemacht, wegen seiner deutschen Herkunft als ein „Nachkomme von Hitler“ abgelehnt und beschimpft zu werden. Die Bereitschaft, dennoch aufeinander zuzugehen, die Kommunikation nicht abreißen zu lassen und gemeinsame Projekte oder Aktionen durchzuführen, seien hilfreich gewesen, um Vorurteile abzubauen und Fehleinschätzungen zu überwinden.

Helia Daubach erzählte von einer Bahá’í-Veranstaltung über Feminismus und Rassismus, in welcher eine Sprecherin über Black Lives Matter  erzählte und die Elemente oder Symptome von systemischem Rassismus in einer Vorurteilsgesellschaft erklärte, und dass die Rolle, die alle Menschen dabei spielen, eine solche Gesellschaft aufrecht erhalten. Es sei ja auch offensichtlich, dass wir derzeit noch in einer rassistischen und im Übrigen auch sexistischen Gesellschaft weltweit leben. Helia sagte, sie habe in sich ein Unwohlsein verspürt, da sie selbst sich als Teil der dabei privilegierten Gesellschaftsschicht erkannte. Auch bei anderen Zuhörenden habe sie ein Unwohlsein wahrgenommen, dass sich in kritischen Rückfragen geäußert habe. In derselben Veranstaltung habe es einen Vortrag über die Benachteiligung der Frauen durch die Männer gegeben, zum Beispiel bei Darstellungen in Kinderbüchern, womit sie sich einverstanden gefühlt habe, da sie sich hier nicht auf der Seite der Privilegierten gesehen habe, sondern auf der der Diskriminierten. Sie habe dabei aber gemerkt, wie einige Männer unter den Zuhörenden unruhig wurden und dann sehr kritische Rückfragen stellten. Helia meinte, diesen Männern sei es nun so gegangen wie ihr am Vortag, wo sie sich als Teil der privilegierten Gruppe schuldig gefühlt hatte. Diese hätten sich nun der Unterdrückung von Frauen beschuldigt gefühlt. Sie zog daraus den Schluss, das Leiden von Menschen, egal ob von Farbigen (People of Color) oder von Frauen erstmal an sich heranlassen zu müssen, um Mitgefühl zu entwickeln, damit man verstehen könne, wie man als Mitglied einer Gruppe, von der aus Unterdrückung ausgegangen war, im Mithaftung genommen wird. Andererseits solle man aber auch lernen, nicht alle Mitglieder einer Gruppe in denselben Topf zu werfen.

Erich Frese erzählte von einer Beratung, in welcher er eine dunkelhäutige Frau gefragt habe, wo sie denn herkomme, worauf diese ganz aggressiv geworden sei und klargestellt habe, dass sie Deutsche und in Deutschland geboren sei. Wahrscheinlich sei ihre deutsche Identität mit dieser Frage sehr oft in Frage gestellt worden, was gar nicht in seiner Absicht gestanden habe.

Hanife Tosun, deren Eltern aus der Türkei stammen, meinte, sie wisse es inzwischen auseinanderzuhalten, ob jemand aus unfreundlicher Ausgrenzung oder aus freundlichem Interesse nach ihrer Herkunft fragt.

Christina Partuschke-Begnaud brachte das Gespräch auf einen anderen Aspekt, den alle Menschen gemeinsam haben, nämlich den Tod. Sie beschäftigt sich seit längerem mit Nahtodeserlebnissen und meinte, wer ein solches gehabt habe, könne andere Menschen gar nicht mehr geringachten und ihnen Unrecht antun wollen, denn alle Nahtod-Erfahrenen berichteten vom Erleben eines großen Glückes und einer Freiheit, wodurch der Betroffene so verändert werde, dass er anschließend mit großem Mitgefühl und Liebe lebe. Besonderes Veränderungspotential zum Guten liege in der häufig beschriebenen Erfahrung Nahtod-Erfahrener, dass man all das am eigenen Leib erfährt, was man anderen zugefügt hat, im Guten wie im Bösen. Sie wünschte sich, dass Putin einmal so ein Nahtodeserlebnis hätte, das er natürlich überleben müsse.

Dass auch von religiösen Menschen Rassismus ausgehen könne, wurde nicht verneint, aber als den eigentlichen Botschaften der Religionen widersprechend angesehen. Muhammad zum Beispiel habe sich immer dafür eingesetzt, Menschen egal welcher Hautfarbe oder ethnischer Identität gleich zu behandeln.


Sog. „Sekten“

Wenn man nun den Rassismus-Begriff ausweitet und auf jede Geringachtung von Menschen aufgrund kollektiver Merkmale, auch religiöser, wie beim Begriff des antiislamischen Rassismus anwenden kann, dann vielleicht doch auch auf die Geringachtung von Menschen, die kleinen, neuen Religionsgemeinschaften angehören, die man oft geringschätzig als „Sekten“ bezeichnet. Nachdem am 3. April ein Mann einen Amokanschlag auf eine Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg durchführte, kam in den Medien sofort die Frage auf, ob denn diese „Sekte“ da nicht irgendwie selbst Schuld dran sei durch ihre Strukturen, die sich doch negativ auf die Menschen auswirkten. Es wurden „Sektenexperten“ und Aussteiger:innen interviewt, noch bevor man sich über die Persönlichkeit des Täters im Klaren hat werden können. Wir hatten als IFN dazu eine Stellungnahme auf unserer Website veröffentlicht und auf zwei weitere verlinkt, die sich kritisch zu diesem Vorgehen äußerten.[2] Auch hatten wir am 13. April einen Interreligiösen Gesprächskreis von Religions for Peace Bonn/Köln diesem Thema gewidmet.

Umgang mit sog „Sekten“

Christina Partuschke-Begnaud stellte sich dabei als Mitglied der Mun-Bewegung vor, die ja oft auch als „Mun-Sekte“ diffamiert wird. Sie erzählte von der langjährigen Ausgrenzung durch ihre Eltern, seit sie dort Mitglied sei, die erst kurz vor dem Tod der Mutter gewichen sei, als diese gemerkt habe, dass sich ihre Tochter nicht negativ, sondern sogar positiv verändert habe und dass sie ihren Schwiegersohn und beider Glaubensgeschwister gerne mochte. Lioba von Lovenberg, Quäkerin, meinte, es gebe aber schon religiöse Personen oder Gemeinschaften die gefährlich seien. So rutsche eine Freundin von ihr immer mehr in eine negative Beeinflussung durch eine Seherin hinein. Und sie selbst habe mal sehr negative Erfahrungen mit dem Neuro-Linguistischem Programmieren gemacht. Sie verwende den Sektenbegriff dort, wo eine Gruppe psychisch manipulativ sei und wolle ihn erhalten, damit es einen Unterschied zwischen nicht-manipulativen und manipulativen Religionsgemeinschaften gebe und Religionsskeptiker nicht alle Religionsgemeinschaften in einen Topf werfen.

Ruth Kühn, Katholikin, meinte, bei ihr sei jeder Mensch mit der Religion akzeptiert, in die er hineingeboren sei oder sonst wie hineingefunden habe. Und Volker Strobel sagte, es gebe viele Wege zu Gott.

Ich selbst habe ja meine Dissertation im Fahrwasser der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages verfasst und Einsteiger zu den Zeugen Jehovas, einer Gemeinde des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden und der Neuapostolischen Kirche interviewt, wobei ich herausfand, dass diese Menschen in ihren neuen Religionsgemeinschaften Gemeinschaften und Inhalte fanden, die zu ihnen passten und ihnen wichtige Bedürfnisse erfüllten. Das bedeutet keineswegs, dass sie zu allen Menschen passen oder deren Bedürfnisse erfüllen. Es handelt sich vielmehr um spezifische und individuelle Passungen zwischen Mensch und Religionsgemeinschaft. Die genannte Enquete-Kommission empfiehlt, den Begriff „Sekte“ wegen seiner verallgemeinernd pejorativen Konnotation, die er oft hat, nicht zu verwenden. Man tue einfach zu vielen Menschen und ihren Gemeinschaften unrecht. Das bedeutet nicht, dass es keine Missstände gibt, keine Zwänge, keine Exklusivismen, keine Ausbeutungen und so weiter, aber eben nicht generell in „Sekten“, sondern man muss da jeden Einzelfall gesondert betrachten. Die Nichtverwendung des Sektenbegriffs, sozusagen des S-Wortes, alleine, bringt aber genau so wenig, wie die Nichtverwendung des N-, des Z-, des R- oder sonst eines oft missbrauchten Wortes, wenn sich die Haltung gegenüber den so oder anders bezeichneten Menschen und ihren Gemeinschaften nicht verändert. Diffamieren und Diskriminieren kann man auch mit Wörtern, die derzeit als politisch korrekt gelten, und wenn man es nur an den Wörtern festmacht, flieht man von einem Wort zum nächsten, bis man letztlich keine geeigneten Wörter mehr übrig hat. Ich halte es für besser, sich generell in mitfühlender Rede zu üben und zu spüren, mit welcher Bezeichnung sich Menschen wohlfühlen und mit welcher nicht.


„Interreligiöser Dialog hier und jetzt: Ins Gespräch kommen und eigene Perspektiven weiten“

Auch in der neuen Online-Gesprächsreihe „Interreligiöser Dialog hier und jetzt: Ins Gespräch kommen und eigene Perspektiven weiten“ von Religions for Peace Deutschland[3] hatten wir am 4. Mai 2023 das Thema „Umgang mit sog. ‚Sekten‘“, wobei Michael Utsch, Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, einen Impuls gab. Sowohl sein Impuls als auch das anschließende Gespräch der Teilnehmenden entwickelte sich schnell vom engen Sekten- zum allgemeinen Religionsthema. Wir sahen das Problem generell darin, dass Religionen oft exklusive Ansprüche entwickeln, die Menschen ausschließen, die sich diesen Ansprüchen nicht anschließen oder eben andere Religionen, die andere Inhalte lehren. Religiöse Führungspersönlichkeiten besäßen so viel Macht über Gläubige und müssten idealerweise ein sehr subtiles Feingefühl entwickeln, um Menschen nicht zu diskriminieren oder gegen ihren Willen zu vereinnahmen. Daran mangele es nicht selten. Die Erfahrung, ausgeschlossen zu werden, sei aber sehr schmerzhaft und könne wiederum zu unfreundlichen Reaktionen führen. Deswegen sei es gleichermaßen wichtig, keine Einzelmenschen, aber auch keine Gemeinschaften auszuschließen. Schon beim ersten Termin dieser neuen Gesprächsreihe am 2. März 2023, bei dem es um die Geschichte des interreligiösen Dialogs ging und Ulrich Dehn den Impuls gab, wurde diese exklusivistische Tendenz von Religionen als oft anzutreffen beschrieben und der interreligiöse Dialog, wie wir ihn heute kennen, als eine moderne Weise, mit der Vielfalt der Religionen umzugehen, die eben nicht auf Bekehrung zur je eigenen Religion oder eben auf Ausschluss, ausgerichtet sei, sondern auf Begegnung im Respekt voreinander in der Verschiedenheit und zugleich offen dafür, Gemeinsames zu entdecken.

 

Exkursionen in Bielefeld

Ich habe im gegenwärtigen Sommersemester mit meinen Studierenden zwei Exkursionen durchgeführt, eine am 25. April 2023 zur kurdischen, muslimischen Mizgefta Şeyh Saîd Moschee und am 7. Mai 2023 zum indischen, hinduistischen Radha Krishna Tempel, beide in Bielefeld. Beide Male wurden wir herzlich empfangen, erhielten im ersten Fall einen kurzen Vortrag über den Islam und eine Vorführung eines Gebetes (Salat), während wir im zweiten Fall an einem Gottesdienst mit Liedern (Bhajans) und Opferandacht (Puja) teilnehmen konnten bzw. korrekter, den Gottesdienst beobachten konnten. Und beide Male wurden wir mit Speis und Trank bewirtet, wobei Gespräche aufgekommene Fragen beantworteten.

Bielefelder Dialog der Religionen

Auch der Bielefelder Dialog der Religionen plant derzeit eine Busrundfahrt zu fünf Religionsgemeinschaften in Bielefeld, und zwar zum oben genannten Radha Krishna Tempel, zur Merkez-Moschee, die zur DİTİB gehört, zur Neuapostolischen Kirche, zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage und zu den Bahá’í, die mangels eines eigenen Gebäudes bei den davor genannten zu Gast sind.[4] Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hat vor einem Jahr schon mal ihre Räumlichkeiten für eine Bahá’í-Veranstaltung zur Verfügung gestellt. Man sieht hier, dass dieser Dialogkreis keine ideologischen Schranken aufbaut und den Dialog mit Religionsgemeinschaften ablehnt, die andere eventuell als „Sekten“ bezeichnen mögen. Statt dessen schauen die Teilnehmenden auf die Menschen und wie man mit ihnen klarkommt.


Ermunterung

Ich kann nur immer dazu ermuntern, sei es wissenschaftlich teilnehmend-beobachtend, sei es religiös dialogisierend die Begegnung mit Menschen verschiedener religiöser, spiritueller, weltanschaulicher Überzeugung und Zugehörigkeit zu suchen und dadurch die Menschen hinter den Doktrinen kennenzulernen. Das erweitert den Horizont und vertieft die zwischenmenschlichen Beziehungen, wobei auch hier die Wiederholung die Mutter des Studiums ist. Man lernt ja nie aus. Jedenfalls sind diese Begegnungen das beste Mittel, rassistische Tendenzen in einem selbst – und ja, ich kenne solche auch in mir – zu  überwinden und somit auch die Ausgrenzung von Menschen zu vermeiden, die einer Gemeinschaft angehören, der gegenüber man Vorbehalte hat.   

Ich könnte noch vieles erzählen, zum Beispiel von der Teilnahme an einem Iftar der Muslimischen Hochschulgemeinde Düsseldorf[5] im Namen der Deutschen Buddhistischen Union, aber der Rundbrief ist lang genug, so dass ich hier stoppe.

 

Hier noch ein Zitat zum Schluss

„Es dauerte bis in die späten 1980er Jahre, bevor man gewahr wurde, daß der moderne Rassismus schon längst nicht mehr nur alte Ungleichheitsdogmen und rassengeschichtliche Mythen reproduziert. Vielmehr zeigen neuere Studien […], daß gerade in den rechtsradikalen und fremdenfeindlichen Milieus von heute der Rassebegriff selbst zunehmend vermieden wird, statt dessen aber umso mehr Wert auf die vom Rassismus geforderten Formen der Praxis gelegt wird. Nicht Ungleichheitsdogmen und festgelegte Vorurteilsstrukturen, wohl aber das gesamte praxisbezogene Arsenal rassistischer Motive lässt sich hier wiederfinden: Schutz vor Überfremdung, Reinhaltung, Selektion, Verteidigung, Exklusion, Wiederherstellung, Ausschluß, Bekämpfung, Erneuerung, Erzeugung und Säuberung. Bei der Bestimmung aber, was es da zu schützen, zu verbessern und zu verteidigen gilt, steht nicht mehr die Rasse im Vordergrund, sondern die Kultur, die Gesellschaft, die Nation oder schlicht die eigene Lebensweise. Ebenso wird die Frage, gegen wen sich die Praktiken des Ausschlusses und der Bekämpfung richten, unter Vermeidung des Rassenbegriffes abstrakt beantwortet: gegen die Ausländer, die Fremden, die Anderen – darunter wiederum können, wie im modernen Rassismus schon immer auch kulturelle und soziale Gruppen fallen: Obdachlose oder Homosexuelle, Juden oder Muslime.“[6]

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel

 

 

(geschrieben am 05.04.2023 im Zug von Bielefeld nach Köln, am 14.04.2023 zu Hause in Siegburg, am 18.04.2023 im Zug von Bielefeld nach Köln, am 24.4. und am 8.5. zu Hause, am 9.5. und 10.5. im Zug von Köln nach Hamm bzw. Bielefeld)


[1] Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode. Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“, Drucksache 13/10950, S. 4. PDF-Datei abrufbar unter https://dserver.bundestag.de/btd/13/109/1310950.pdf (abgerufen am 08.05.2023).
[2]
Vgl. Erklärungen und Nachrichten des Interreligiösen Friedensnetzwerkes Bonn und Region (IFN), Erklärungen vom 16.03.2023 und 25.03.2023: https://ifn-bonnregion.jimdofree.com/erkl%C3%A4rungen/ (geöffnet am 10.05.2023)

[4] Diese Busrundfahrt wird am 3. September 2023 in Bielefeld stattfinden. Wer daran Interesse hat, melde sich bitte bei mir.

[5] Ich würde hier gerne auf einen Artikel auf ddorf-aktuell.de verlinken, aber die Site ist derzeit nicht erreichbar.

[6] Christian Geulen. Geschichte des Rassismus. München (C.H. Beck) 3. Aufl. 2017 (1. Aufl. 2007), S. 111f.


Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2023-2 - Leser:innenbriefe (14.06.2023)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2023-2
(Lesere:innenbriefe)
(14.06.2023)

Liebe Leser:innen,

vielen Dank für die Zusendung mehrerer Leser:innenbriefe zum  Interrel. Rundbrief Nr. 2023-2[1]. Die meisten waren einfach Zustimmungen oder private Anmerkungen. Ich habe aber zwei herausgegriffen, die kritische Rückfragen enthalten, aus denen sich je ein E-Mail-Wechsel ergeben hat. In Absprache mit den beiden Autor:innen gebe ich die E-Mail-Wechsel hier wieder, jeweils leicht überarbeitet, aber großenteils im Originalzustand, in der Hoffnung, dass auch die dadurch nicht rausgekürzten Details auf Interesse stoßen.

Der erste Leserbriefschreiber ist mein Freund und BIM[2]-Vereinskollege Bartosz Bzowski.

E-Mail-Wechsel mit Bartosz Bzowski:

Lieber Michael,

Einiges in dem Brief ist eine gefährliche Verharmlosung von religiösem Extremismus und von psychischer sowie körperlicher Gewalt, der Mitglieder und vor allem Aussteigewillige in Sekten oft ausgeliefert sind. "Sekten" ist keine Verunglimpfung, sondern ein treffender Begriff für Gemeinschaften, religiöser oder anderer Art (wie Psychosekten), die schwer zu kontrollieren sind und deren Mitglieder oft am Ausstieg gehindert werden, durch psychischen oder sogar körperlichen Zwang. Oft sind sogar Minderjährige gegen ihren Willen in Sekten, was das Ganze noch schlimmer macht. Sekten stehen per se im Widerspruch zu unserer freiheitlich-demokratischer Grundordnung und müssten viel stärker kontrolliert, bei extremistischen Handlungen sogar verboten werden. 

 

Außerdem halte ich in der Tat den Begriff "antiislamischer Rassismus" für absolut schwachsinnig, die richtige Bezeichnung ist "Islamophobie" oder "Islamfeindlichkeit". Auch ich stehe ganz vielen Inhalten dieser aber auch anderer Religionen äußerst kritisch gegenüber, was mich noch längst zu keinem Rassisten macht. 

 

Insgesamt stelle ich fest, dass ich dem Inhalt des Briefes in vielen Punkten energisch widersprechen muss. Das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht für mich an allererster Stelle, und Organisationen, religiöser oder anderer Art, die sie bekämpfen, dürfen nicht verharmlost oder gar sogar in Schutz genommen werden. 

 

Liebe Grüße und einen schönen Tag,

Bartosz


*

Lieber Bartosz,

 

danke für Deine kritische Rückmeldung!

 

Zunächst eine Frage: Ist Deine Mail nur an mich gerichtet oder ein Leserbrief für die Öffentlichkeit? Wenn letzteres, würde ich sie rundschicken und online stellen und auch meine Antwort, die jetzt kommt:

Danke für die Kritik, die ja durchaus auch Richtiges und Wichtiges enthält, aber mir doch ein wenig zu allgemein ist.

Das Problem ist, dass immer noch mit dem Begriff "Sekten" sehr viele ganz verschiedene Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften versehen werden, die sich hier und da einiges haben zu Schulden kommen lassen oder auch nicht, aber vor allem unter Verdacht stehen, "sektiererisch" zu sein. Es wird dann pauschal geurteilt und verurteilt, ohne sich die Details anzuschauen. Und dann wird nicht selten zwischen "bösen Sekten" und "guten Religionen" unterschieden, ohne zu berücksichtigen, dass manche der Vorwürfe auch in großen, etablierten Religionsgemeinschaften vorkommen und manche der kleinen und neuen Religionsgemeinschaften als "Sekten" bezeichnet werden, weil sie eine Konkurrenz darstellen.
Ich hörte ähnliche Vorwürfe aber auch seitens eines Teilnehmers an einer Veranstaltung des Humanistischen Verbandes Deutschlands, der meinte, Religionen seien generell demokratiefeindlich, frauenfeindlich usw.

Die pausschale Verwendung des Sekten-Begriffes berücksichtigt auch zu wenig, dass Gemeinschaften Veränderungen durchmachen, also nicht statisch sind. Und dass sie in sich vielfältig sind, also Teile für Missstände verantwortlich sind, aber keineswegs alle Mitglieder und auch nicht alle Funktionsträger. Dazu gibt es Studien in Bezug zum Beispiel für die Neuapostolische Kirche, und ich selbst beobachtete auch Veränderungen in Bezug z.B. auf die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, der International Society of Krishna Consciousness u.a., aber auch manchmal eher sektiererische Entwicklungen in anderen Gemeinschaften, die ich hier nicht namentlich nenne.

Mir - und so lese ich auch die Empfehlung der Enquete-Kommission - ist es wichtig, differenzierend hinzuschauen und zu urteilen. Und so ist ja auch meine Erfahrung mit Mitgliedern von Religionsgemeinschaften, die oft als "Sekten" bezeichnet werden, sei es im Rahmen meiner Dissertation und anderer wissenschaftlicher Tätigkeiten, sei es im interrel. Dialog.

Kritik muss erlaubt sein, auch Religionskritik. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung lebt auch von Kritikfähigkeit. Und sie lebt von der Freiheit der Lebensentwürfe, wozu die Religionsfreiheit gehört. Wer sich z.B. bei den Zeugen Jehovas wohlfühlt, sollte die Möglichkeit haben, als ZJ leben zu können, ohne deswegen angefeindet zu werden. Das Recht, das z.B. Katholiken haben - obgleich man ja der Röm.-Kath. Kirche zu Recht viele Verstöße gegen ihre Mitglieder vorwerfen kann (Missbrauch von Schutzbefohlenen, Diskriminierung von Frauen, fast keine demokratischen Strukturen, ...) - müssen auch Zeugen Jehovas, "Mormonen", Krishna-Anhänger oder andere haben. Es ist indes auch ein riesiger Unterschied, ob man etwas kritisiert oder ob man eine Phobie entwickelt. Gute Kritik ist sachlich und differenziert.

Demokratische Strukturen sind übrigens eher selten in Religionsgemeinschaften oder zumindest weniger als in unserm Staat auf politischer Ebene. In den Wirtschaftsunternehmen, auf denen ja auch großenteils unsere Gesellschaft ruht, übrigens noch weniger. Das sehe ich auch als Manko unserer Gesellschaft, dass eine politische Demokratie sich eine undemokratische Wirtschaft leistet. Es ist auch ein Unterschied, ob eine Religionsgemeinschaft oder auch ein Wirtschaftsunternehmen intern keine demokratischen Strukturen hat oder ob sie nach außen diese demokratischen Strukturen bekämpft. Wenn letzteres der Fall ist, ist sie ein Fall für die Bundesverfassungsschutz und dann für das Bundesverfassungsgericht. Nur dieses Gericht hat das Recht, eine Gemeinschaft als verfassungsfeindlich zu verurteilen. Wenn wir Bürger das selbst tun, ist das Selbstjustiz. Und die wiederum widerspricht auch der demokratischen Ordnung unseres Staates.

Was den Rassismus-Begriff angeht, muss man eben schauen, was er alles umfasst. Umfasst er auch eine diskriminierende Haltung gegenüber Religionsgemeinschaften, dann ist "antiislamischer Rassismus" als Begriff gerechtfertigt. Dann sind "Islamfeindlichkeit" oder "Islamophobie" andere Wörter für dasselbe. Lässt man "Rassismus" aber nur in Bezug auf den Umgang mit biologischen Rassen gelten - oder eben, was man dafür hält - dann natürlich nicht. Aber nur weil man sich selbst nicht gerne als Rassist sieht, aber durchaus als islamophob (wobei ich nicht verstanden habe, ob Du Dich so siehst), lässt sich die Nichtverwendung des  Rassismus-Begriffs nicht wissenschaftlich-plausibel begründen.

Also mein Rat ist: Bleib kritisch, aber urteile nicht pauschal, sondern schaue Dir die Einzelfälle an. Und nimm an interrel. Dialogen teil, um die Menschen hinter den Doktrinen kennenzulernen. Bei unseren Dialogen bist Du herzlich willkommen! :-)

Liebe Grüße und eine schöne Woche!
Michael

 *

Lieber Michael,

die Mail ging nur an Dich, aber Du kannst die gerne online stellen, wenn Du möchtest.

 

Deine Kritik bzgl. der Wirtschaftsunternehmen teile ich vollkommen, auch wenn wir Mitbestimmung haben, ist sie noch viel zu wenig ausgeprägt.

 

Was aber Religionen anbelangt, bin ich zunehmend kritischer geworden. Auch wenn ich weiterhin mich als gläubiger Christ und (etwas weniger) als Katholik sehe, ist die hierarchische Struktur der kath. Kirche zunehmend inakzeptabel für mich.

 

Kurz zusammengefasst gilt für mich: Was jeder Einzelne mit seiner Religion macht, ist ihm überlassen. Aber anderen versuchen, bestimmte religiösen Riten und Bräuche vorzuschreiben, geht überhaupt nicht! Deswegen sehe ich die Zeugen Jehovas, für die Missionierung zentraler Inhalt ihrer Religion ist, so sehr kritisch und, ja, für mich sind die definitiv eine Sekte. 

 

Was den Islam anbelangt, ich habe nichts gegen die Religion an sich, wohl aber gegen bestimmte Interpretationen und vor allem gegen den Anspruch, religiöse Regeln als staatliche Gesetze festzuschreiben. Die Situation in Staaten wie Afghanistan, Iran oder Saudi-Arabien ist schlicht und einfach nicht zu akzeptieren. 

 

Habe Bewunderung für Dein Engagement bei "Religions for Peace" , nur finde ich den Ansatz etwas naiv, Religionen grundsätzlich ausschließlich als positiv zu sehen. Würde mir wünschen, das Thema religiöser Extremismus stärker in den Fokus zu stellen, es wird mir von Organisationen wie dieser zu sehr vernachlässigt und als kleines Minderheitsproblem verharmlost. 

 

Liebe Grüße und einen schönen Tag Dir,

Bartosz

*

Lieber Bartosz,

vielen Dank, auch für die Erlaubnis, es zu veröffentlichen. Gerne auch mit Deiner jetzigen Antwort, auf die ich nochmal antworte:


Mission im Sinne von Mitgliedergewinnung ist für Universalreligionen typisch. Ich sehe darin grundsätzlich kein Problem, wohl aber in bestimmten Formen und Methoden der Mission. Die Zeugen Jehovas machen es nicht alle gleich: Manche klingeln an Haustüren, die meisten stehen an gut besuchten Plätzen und warten, dass man sie anspricht. Mich stören sie dadurch nicht. Problematisch finde ich den leider immer noch restriktiven Umgang mit Mitgliedern, die aussteigen wollen oder eben ehemaligen Mitgliedern. Mir scheint da aber was im Gange zu sein. Ich habe schon mit Zeugen Jehovas gesprochen, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, mit wem sie Umgang pflegen und mit wem nicht.

Es gibt bei Religions for Peace zwar Menschen, die in Religionen nur das Gute sehen und wenn doch was Negatives auftaucht, darin eine Instrumentalisierung für nichtreligiöse Zwecke. Aber die meisten wissen, dass Religionen per se weder gut noch böse sind, sondern es immer darauf ankommt, wie die interpretiert und gelebt werden. Sie sind wir Technik für alles zu verwenden. Es gibt Fanatismus und es gibt Weisheit und Mitgefühl. Wir propagieren die Entwicklung von letzterem, also die Entwicklung der friedlichen Seiten der Religionen und die Überwindung der unfriedlichen. Das ist mit dem Namen "Religions for Peace" ja auch ausgedrückt.

Liebe Grüße aus dem RE1 gerade in Kamen!
Michael

*

Lieber Michael,

danke für den interessanten und informativen Austausch. Weiterhin eine gute Fahrt und hoffentlich bis bald!

 

LG, Bartosz

 

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Die zweite Leser:innenschreiberin ist meine liebe AKMN[3]-Kollegin Evelyn Reuter:

E-Mail-Wechsel mit Evelyn Reuter:

Lieber Michael,

 

manchmal lese ich deinen Rundbrief aufmerksam durch, wie zum Beispiel heute. Meine Antwort sind in erster Linie Anfragen, die jedoch auch kommentierende Funktion haben:

 

1) Welchen Begriff ersetzt deiner Meinung nach "Sekte" aus religionswissenschaftlicher Sicht am besten? Welcher Begriff löst die pejorative Bedeutung nicht nur mit einer gutgemeinten, aber doch übergriffigen Alternative ab? Diskutierst oder erarbeitest du diese Begriffe mit deinen Studierenden?

2) Du verwendest Klarnamen von Beteiligten einer kleinen, evtl. nicht öffentlichen Veranstaltung. Ich frage mich, ob das Datenschutz konform ist. Sind das Personen des öffentlichen Lebens, die ich kennen könnte/sollte? Waren das die offiziellen Podiumsteilnehmer:innen? Was ist der Mehrwert, ggf. unbekanntere Personen beim Namen zu nennen?

3) Ich stimme dir zu, dass problematische Begriffe, die abgenbutzt sind, nicht einfach durch andere ersetzt werden sollten, sondern v.a. kritisch analysiert und mit Bedacht ersetzt werden. Ein Beispiel aus meiner Forschung ist "heterodox", was "abtrünnig" etc. ersetzen sollte. Dafür habe ich den Ausdruck "non-konformistisch"übernommen und gebe ihn auch an meine Studierenden weiter. Allerdings weiß ich noch nicht, wie es diese Begriffe aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft in die Gesellschaft (u.v.a. in die Medien) schaffen können. Hast du dafür eine Antwort?

 

*

Liebe Evelyn,

das sind wichtige Fragen!

1) Ich handhabe es kontextabhängig, je nachdem, welchen Aspekt ich hervorheben möchte: "kleine", "neue", "deviante" Religionsgemeinschaften, wobei alle diese Adjektive relational und relativ sind. Besonders "deviant" verlangt die Erklärung, in Bezug auf welche andere eine Religionsgemeinschaft deviant ist.
Ja, je nach Gelegenheit oder auch bei meiner Lehrveranstaltung mit dem provokativen Titel "Ist das eine Religion oder eine Sekte?" problematisiere ich den Sektenbegriff und auch viele andere Begriffe, die oft apologetisch oder gar polemisch verwendet werden, z.B. auch "pagan", "heidnisch". „Pagan“ kommt auch in theologischen Texten vor, die z.B. das frühe Christentum in der Antike und sein Verhältnis einerseits zum Judentum und andererseits zu polytheistischen Religionen „der Völker“ beschreiben. Da sollten m.E. auch Theolog:innen aufpassen, nicht Religionen in einen Topf zu werfen, die nichts gemeinsam haben, außer dass sie nicht jüdisch und nicht christlich sind. Meine Studierenden mache ich immer wieder auf die Perspektiveabhängigkeit von Wörtern, Begriffen, Bezeichnungen, Namen und überhaupt von Beschreibungen aufmerksam. Ich möchte, dass sie ein Perspektivebewusstsein entwickeln, in Bezug auf die Quellen, die sie benutzen, auf die Religionsgemeinschaften und Individuen, über die sie schreiben und sprechen und in Bezug auf sich selbst, insbesondere auch ein interkulturelles und historisches Perspektivebewusstsein.
Bei der "Sekten"-LV kommt natürlich auch eine Begriffsgeschichte vor, von der römischen Antike bis zur Religionssoziologie. Sie müssen ja auch wissen, dass man ihn wie Weber wertneutral verwenden kann, dass das aber eben oft auch missverstanden wird.

2) Bei dem Bericht von der Rassismus-Veranstaltung sind die genannten Namen bis auf einen die Namen der bei der öffentlichen Einladung dazu genannten Personen. Alle diese Personen die in Bonn oder Köln oder auch in NRW durchaus in der interreligiösen Öffentlichkeit stehen, wenn sie natürlich auch keine Promis sind. Jedenfalls ist die Namensnennung und auch die Wiedergabe ihrer Wortbeiträge mit ihnen abgesprochen, auch bei der Zoom-Veranstaltung zum Umgang mit sog. "Sekten". Bei den beiden anderen Zoom-Veranstaltungen habe ich nur die beiden Impulsgeber namentlich genannt, die auch in der jeweiligen Einladung genannt sind.

3) "Non-konformistisch" ist ähnlich wie "deviant" auch relational. Man muss dann immer erklären, womit sie nicht konform gehen. Wichtig ist halt, nicht unbedacht und selbstverständlich von einer Perspektive auszugehen und diese auch noch für objektiv zu halten. In Bezug auf den "Sektenbegriff" und die Berichterstattung zum Amoklauf in Hamburg oder auch vorher in Bezug auf das Attentat auf den ehem. japanischen Premierminister habe ich mich mit Redakteur:innen der Sendungen „Tag für Tag“ im Dlf. und „Diesseits von Eden“ im WDR ausgetauscht. Sie zeigten sich sehr sensibel in Bezug auf die Problematik. Einer meinte, es sei aber wohl unmöglich, den Sektenbegriff aus den Medien zu bekommen. Sie bekämen auch Reportagen von außen herein, die sie dann nicht mehr ändern könnten.
Man kann es nur immer wieder weiter versuchen, die Menschen zur Sensibilität zu ... - jetzt wollte ich "erziehen" schreiben, aber das würden sich die meisten Menschen verbitten - zu ermuntern. 

Kannst Du mit meinen Antworten was anfangen?

LG, Michael

*

Lieber Michael,

 

Vielen Dank für deine ausführliche Mail.

 

Den Begriff "deviant" kannte ich noch nicht, überzeugt mich aber auf den ersten Blick noch nicht. Zusammen mit deinen Erklärungen auch bzgl. "non-konformistisch", werde ich meine Begriffswahl auch noch mal reflektieren.

 

Besonders schön finde ich deine Betonung des (interkulturellen und historischen) Perspektivbewusstseins. Eine meiner Mentor:innen hat mir mal den schönen Begriff "Multiperspektivität" mitgegeben, den das Bewusstsein wunderbar ergänzt. Vielen Dank dafür! Wenn ich mal wieder lehren darf, denke ich hoffentlich daran.

 

Bzgl. der Implementierung weniger problematischerer Begriffe durch kontinuierliche Sensibilisierung magst du recht haben, dass das der einzige Weg ist. Allerdings ist auch dann nicht garantiert, dass andere Worte verwendet werden. Ein Beispiel:

Als es letztens auf der Yggdrasill-Liste eine Diskussion zu dem bewaffneten Vorfall bei den Zeugen Jehovas kam, bei dem auch die Moon-Religionsgemeinschaft vorkam, wollte ich eigentlich auf den Podcast "Japan und dann das" verweisen. In Folge 2 und 3 wird das politische Engagement der Gruppe thematisiert. Und obwohl Prof. Dr. Monika Schrimpf als Religionswissenschaftlerin kurz zu Wort kommt und den Begriff "Sekte" als normativen Ausdruck für Neureligionen problematisiert, bleibt der den Podcast vertreibende Politikwissenschaftler leider bei dem Ausdruck, auch wenn er ihn begründet: er grenzt sich von der normativen Verwendung bzgl. der Lehre bewusst ab und bezieht sich auf dem "Schaden", den die Gruppe anrichtet. Kannst ja mal reinhören. Kommt relativ am Anfang der Folge 2.

Umso wichtiger und besser, dass diese Begriffe im Studium problematisiert werden. Vielleicht sickert dann irgendwas davon in die Gesellschaft durch.

 

Liebe Grüße aus Zentralnirgendwo in Hokkaido,

Evelyn


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Liebe Evelyn,

ich denke, die Begriffe "deviant" und "non-konformistisch" laufen in etwa auf dasselbe hinaus, es geht in beiden um die Abweichung von einer Norm, die von wem auch immer gesetzt wurde. Wichtig ist dabei, das Verhältnis zu der normgebenden Organisation zu bestimmen. Beide Begriffe sind jedenfalls relational.

"Multiperspektivität" bezeichnet wohl die Fähigkeit, sich ein Objekt aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen. Für uns Religionswissenschaftler:innen bedeutet das aber sicher auch, verschiedene Innen- und Außenperspektiven einnehmen zu können, ohne uns einfach so mit einer davon zu identifizieren. Oder?
"Pespektivebewusstsein" bedeutet, dass ich mir bewusst bin, aus welcher Perspektive ich gerade auf das Objekt schaue und auch, aus welcher Perspektive jemand anders drauf schaut, z.B. der:die Autor:in eines Textes, den ich gerade lese.
Ja, ich denke, die beiden Begriffe ergänzen einander gut.

Und ja, das stimmt, es gibt keine Garantie. Gerade Japan fällt mir da ein, wo "Sekte" durch "Neue Religion" breitflächig ersetzt wurde, viele nun aber "Neue Religion" pejorativ verwenden. So habe ich es mal in einem Vortrag gehört.
Und ja, in Bezug auf das Attentat auf den ehem. japanischen Premierminister wurde ähnlich wie jetzt in Hamburg in Bezug auf die ZJ in Bezug auf die "Munis" darüber spekuliert, inwiefern diese Sekte dabei eine schuldige Rolle spiele. Es sind also zwei Fälle mit sehr ähnlichen medialen Reaktionen.

Hast Du den Link auf Monikas Podcast?


Frage: Möchtest D unsern E-Mail-Wechsel rein privat halten oder als Leserbriefe mit Antworten den andern Leser:innen zukommen lassen?
Ich habe noch eine Rückmeldung von einem Freund und BIM-Vereinskollegen erhalten, deren Austausch wir veröffentlichen wollen.

LG, Michael

*

Lieber Michael,

 

"Multiperspektivität" ist für mich keine Fähigkeit, sondern nur der Ausdruck dafür, dass Vorfälle, Texte, etc. aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden können (z.B. theologisch, politisch, sozial, etc.). Die Fähigkeit dies zu tun, halte ich in der Religionswissenschaft auch für notwendig, allerdings würde ich es eher als Aufgabe betrachten. Sich mit der einen oder anderen Perspektive zu identifizieren, kann allerdings vorkommen,

 

Folge 2 des Podcasts "Japan und dann das" findest du unter folgendem Link: https://www.podcast.de/episode/598497419/02-die-vereinigungskirche

 

Prinzipiell habe ich nichts dagegen, den Austausch zu veröffentlichen, auch wenn ich dir ja bewusst nicht über die Liste geschrieben habe. Würdest du die Emails vorher noch bearbeiten oder so übernehmen?

 

Liebe Grüße

Evelyn


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Liebe Evelyn,

 

ja, da sehe ich keinen Widerspruch bei unseren Verwendungen von „Multiperspektivität“.

 

Hier hast Du aber sicher ein „nicht“ vergessen:
„allerdings würde ich es eher als Aufgabe betrachten. Sich mit der einen oder anderen Perspektive zu identifizieren,“, also „eher nicht als Aufgabe betrachten“, oder?

 

Ja ich würde unsern Austausch zusammenstellen, und Dir vor der Veröffentlichung nochmal zuschicken. Vielleicht gibt es ja auch Stellen, die Du nicht veröffentlichen möchtest. Das sehen wir dann.

 

Liebe Grüße,
Michael

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Lieber Michael,

 

Dann kannst du unseren Austausch gern veröffentlichen, wenn ich ihn vorab noch mal lesen und zensieren kann. Ich überleg schon mal.

 

Nein, ich denke, ich habe kein "nicht" vergessen. Den Teil, den du zitierst gehört zu zwei verschiedenen Sätzen:

 

1. "Die Fähigkeit dies zu tun, halte ich in der Religionswissenschaft auch für notwendig, allerdings würde ich es eher als Aufgabe betrachten."

2. "Sich mit der einen oder anderen Perspektive zu identifizieren, kann allerdings vorkommen"

 

Wenn das unklar ist, sollte ich diesen Part auf jeden Fall überarbeiten.

 

Liebe Grüße

Evelyn

 

 

*

Liebe Evelyn,

alles klar.  Da habe ich einen Punkt als Komma gelesen.

Ich lese alles nochmal, und was unklar ist, markiere ich. und schicke Dir alles zu Kann etwas dauern, aber eilt ja auch nicht.

LG, Michael

**

Ich denke beiden für ihre kritischen Fragen und die Erlaubnis, die E-Mail-Wechsel zu veröffentlichen. Davon lebt auch der Interrel. Rundbrief, damit er nicht zu monologisch wird.

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/

(Die E-Mail-Wechsel fanden über mehrere Wochen nach dem Erscheinen des betreffenden interrel. Rundbriefes statt, wurden am 5.6.2023 zusammengestellt und am 14.6.2023 im RE1 zwischen Köln und Hamm/Westf. verschickt und online gestellt.)

(Ein Tippfehler korrigiert am 16.06.2023. Wer noch welche entdeckt, mache mich bitte auf sie aufmerksam.)



[2] BIM = Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen BIM e.V. Vgl. https://migrapolis.de/ (geöffnet am 05.06.2023).

[3] AKMN = Arbeitskreis Mittelbau und Nachwuchs der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft, vgl. https://www.dvrw.uni-hannover.de/de/arbeitskreise/ak-mittelbau-und-nachwuchs-akmn/ (geöffnet am 05.06.2023).

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2023-3 (30.12.2023)

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Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2023-3
(30.12.2023)

Die heutige Zeit
hängt wie eine
zerbrechliche Kugel
am Baum der Ewigkeit!
                        Christine Reidl[1]

Liebe Leser:innen,

das kleine Gedicht oben stammt aus dem Straubinger Kalender, den ich mir, seitdem ich 2014 erstmals ein Exemplar in der Bahnhofsbuchhandlung von Zwiesel im Bayerischen Wald gekauft habe, jedes Jahr bestelle. Es ist immer ein richtiges Taschenbuch, in welchem nach den vier Jahreszeiten geordnet Gedichte, Prosa und Sachtexte, teilweise von Leser:innen, abgedruckt sind, teils in Mundart, teils standarddeutsch. Ein Kalendarium gibt es natürlich auch. Ich lese die Texte dann immer passend zur Jahreszeit. Und ich wünschte mir, es würde so bleiben, dass Frühling, Sommer, Herbst und Winter schön ordentlich aufeinander folgen und jede Jahreszeit so sei, wie sie sein soll. Aber inzwischen dürften es auch die Letzten gemerkt haben, dass unser Weltklima sich verändert. Naturkatastrophen häufen sich und machen weder vor Altbaiern, noch vor dem Rheinland halt. Und auch die Kriege kommen näher, nicht nur über die Nachrichten, sondern über Flüchtlinge und über den Wahnsinn, der immer mehr Gemüter erfasst. Der Wahnsinn, den ich meine, ist der, dass man Hass aufkommen lässt gegen Menschen, nur weil sie einem bestimmten Volk oder einer bestimmten Religion angehören.

Ich habe schon zwischendurch darüber berichtet, dass wir in Bonn eine Initiative gegründet haben, die Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt (BIRZ). Wir, das sind Menschen jüdischer, christlicher, muslimischer, buddhistischer und anderer Identitäten und Überzeugungen. Wir wollen gemeinsam ein Zeichen für Respekt und Zusammenhalt und gegen Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit setzen. Und dafür suchen wir Menschen, die mit ihrem Namen ebenso dafür einstehen. Unsere Erklärung habe ich schon rundgeschickt (und nun auch hier am 6.1.2024 veröffentlicht) und werbe dafür, dass Sie/Ihr alle, sofern Ihr/Euer Wohnort in Bonn oder Umgebung liegt oder ein persönlicher Bezug zu Bonn und Umgebung vorhanden ist, mit Ihre/Eure Namen schickt, damit ich sie in die Liste eintragen kann und/oder (wahrscheinlich) am 4. Februar 2024 zur Kundgebung und  Demonstration dazu kommt. Mehr Infos dazu kommen noch extra, aber Eure/Ihre Namen nehme ich schon mal entgegen, einfach per E-Mail an michael.a.schmiedel [at] gmx.de

Am Morgen des Heiligen Abend kam im Deutschlandfunk ein kleines (10:44), am Vorabend aufgezeichnetes Interview mit mir über die Frage, ob Religionen Frieden stiften können. Wer mag, höre es sich an: https://www.deutschlandfunk.de/stiften-religionen-frieden-michael-a-schmiedel-religionswissenschaftler-dlf-82cab90b-100.html. Die Sendung heißt „Information und Musik“ und kommt immer sonntags um 7 Uhr, kann aber auch hinterher als Podcast gehört werden (https://www.deutschlandfunk.de/information-und-musik-100.html; beide Seiten aufgerufen am 30.12.2023).

Angeregt durch die Treffen der BIRZ habe ich am 5.12. einen Text verfasst, den ich hier wiedergebe:

„1
Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
Kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen.
So folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.
 
2
Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet:
Entspringen reinem Geist dein Wort und deine Taten,
folgt das Glück dir nach, unfehlbar wie dein Schatten.
 
3
‚Beraubt bin ich, besiegt, geschlagen und geschändet‘,
Solange man so denkt, wird Feindschaft nicht beendet.
 
4
‚Beraubt bin ich, besiegt, geschlagen und geschändet‘',
Wenn man so nicht mehr denkt, wird Feindschaft bald beendet.
 
5
Denn Feindschaft wird durch Feindschaft nimmermehr gestillt;
Versöhnlichkeit schafft Ruh' - ein Satz, der immer gilt.
 
6
Man denkt oft nicht daran, sich selbst zurückzuhalten;
Wer aber daran denkt, der läßt den Zorn erkalten.“

(Dhammapadam. Yamaka – Spruch-Paare, 1-6, Quelle:
https://palikanon.com/khuddaka/dhp/dhp.html#Yamaka (aufgerufen am 05.12.2023)

Hin- und hergerissen zwischen dieser zeitlosen Wahrheit und der Überzeugung, dass jeder ein Recht auf Selbstverteidigung hat, jeder Mensch, jede Gruppe, jeder Staat, komme ich zu der Vorstellung einer angemessenen Verteidigung. Was aber angemessen ist, ist schwierig zu finden. Wer kämpft, behauptet oft, sich nur zu verteidigen, auch wenn es eine so genannte Vorneverteidigung ist, also ein Angriff, den man zur Prävention des Angegriffenwerdens durchführt. Und wer sich verteidigt, empfindet es meistens als angemessen. Wer aber angegriffen wird, empfindet es meistens als ungerechtfertigt, als brutal oder cäsarisch[2], als verbrecherisch.

Ob es nun um Russland und die Ukraine oder um Israel und Palästina geht, es finden sich weltweit viele Menschen, die einseitig Stellung beziehen und die je andere Seite des Verbrechens beschuldigen. Beweise für die Richtigkeit der eigenen Parteinahme finden sich immer.

Aus der Ablehnung einer der Kriegsparteien wird oft Hass, der nicht nur den Regierenden und den Kämpfenden gilt, sondern allen Menschen, die irgendwie zu denen gehören, sei es religiös, sei es ethnisch, sei es sonst wie. So wird Hass geschürt auf DIE Russen, DIE Ukrainer, DIE Israelis, DIE Palästinenser oder gar auf DIE Russisch-Orthodoxen, DIE Liberalen, DIE Juden, DIE Muslime. Und dieser Hass trifft Menschen überall auf der Welt, auch wenn sie mit dem jeweiligen Krieg gar nichts zu tun haben. So erwachen Russlandfeindlichkeit, Ukrainefeindlichkeit, Antisemitismus und Islamophobie.

Dazu sagen wir NEIN!

Wir Menschen, egal in welchem Land und welcher Religion wir verwurzelt sind, lassen uns nicht von Hasspredigern auseinanderdividieren! Wir halten zusammen, Jud:innen, Muslim:innen, Christ:innen, Buddhist:innen, Agnostiker:innen und alle anderen.

Auch konkret hier in Deutschland, im Rheinland, in Bonn und Umgebung sagen wir JA zum Zusammenhalt, zum Frieden, zur gemeinsamen Verantwortung für unsere Gesellschaft.

Wir sagen JA zum Mitgefühl mit den Opfern der Kriege, mit den Soldat:innen, die an der Front verheizt werden, mit den Zivilist:innen, die ihre Häuser, ihre Heimat, ihre Angehörigen, ihre Gesundheit, ihr Leben verlieren.

Wir sagen JA zur Weisheit, die wir brauchen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die richtige Angemessenheit zu erkennen.

„Waffen sind Geräte, die Unheil bringen.
Deshalb werden sie von den Wesen verabscheut.
Wer dem Tao folgt, der braucht keine Waffen.
Der Edle bevorzugt im Frieden die Linke als Ehrenplatz.
Im Krieg braucht er aber die Rechte als Ehrenplatz.
Waffen sind Geräte, die Unheil bringen.
Sie sind keine Geräte für den Edlen.
Nur wenn er gezwungen ist, gebraucht er sie.
Ruhe und Frieden schätzt er am meisten.
Siegt er, so hat er keine Freude.
Wer sich freut,
der freut sich über das Töten von Menschen
und kann sein Ziel in der Welt nicht erreichen.
Bei Glücksfällen ist die Linke der Ehrenplatz.
Bei Unglücksfällen ist die Rechte der Ehrenplatz.
Der Unterführer der Truppe steht links.
Der Oberführer der Truppe steht rechts.
Die Rangordnung ist also wie bei einer Trauerfeier.
Wenn viele Menschen getötet werden,
so Tränen der Trauer und des Mitleids weinen.
Darum gleicht der Sieg im Krieg einem Begräbnis.“

Tao Te King (Dao De Dsching), Kap. 31,
Quelle:
https://www.keybylion.com/deutsch/tao-te-king-von-laotse/ (aufgerufen am 5.12.2023)


Diesen Text überlasse ich ohne weitere Kommentierung Ihrer/Eurer Interpretation. Rückmeldungen sind natürlich willkommen.

Ich ende diesen Rundbrief mit dem Gedenken an zwei meiner Lehrer, die im vergangenen Jahr gestorben sind: Klaus Wansleben und Hans Waldenfels.

Über beide gibt es Wikipedia-Einträge[3], so dass ich es hier bei einigen persönlichen Worten belasse:

Klaus Wansleben war in den 1990er und 2000ern mein Zen-Lehrer. Von ihm lernte ich, 3 x 25 Minuten stillsitzend zu meditieren, zu beobachten, was dabei so in mir vor sich ging, ohne es zu bewerten und dadurch an nicht-rationaler Erkenntnis zuzunehmen. Und ja, ich hatte sehr wichtige Erkenntnisse durch diese Übung, die ich hier aber nicht ausbreiten will. Nur so viel: Ich bin im sehr dankbar für seine Anleitungen! Ich wäre nicht, wer ich bin, ohne ihn. Dass ich mich dann doch von ihm als Lehrer distanzierte? Weil wir bei der Frage, ob man sich mit der Verantwortung auch der Zen-Lehrer, die in „unserer“ Linie, der Sanbo-Kyodan, im II. Weltkrieg den japanischen Imperialismus unterstützt haben, auseinandersetzen sollte oder nicht, nicht auf einen Nenner kamen. Das ist aber eine längere Geschichte, von der ich vielleicht ein anderes Mal erzähle. Ich meditiere jedenfalls nach wie vor (wenn auch nur 1 x 20 Minuten am Abend), habe nur meinen Glauben an die Weitergabe von Herz zu Herz von einem Lehrer zu seinem Schüler, der dann auch Lehrer wird, verloren und bin seitdem sehr vorsichtig damit, mich mit einer Tradition zu identifizieren.  

Hans Waldenfels war mein Professor für römisch-katholische Fundamentaltheologie an der Uni Bonn von 1993 bis 2000. Das war eines meiner beiden Nebenfächer. Ich lernte von ihm, dass Religion und Theologie sich immer in Kontexten bewegt, also keine starren Gebilde sind, sondern immer im Austausch mit anderen Religionen, Theologien, Weltanschauungen und so weiter und sich so auch immer verändert. Ich lernte in meinem Wechsel religionswissenschaftlicher und theologischer Lehrveranstaltungen die Perspektiven auseinanderzuhalten und zu berücksichtigen. „Perspektivebewusstsein“ ist in meinen eigenen Lehrveranstaltungen an der Uni Bielefeld ein nicht selten zu hörendes Wort. Nur sein Postulat, im interreligiösen Dialog gehe es hauptsächlich um Identitäten und Standpunkte, die man beide haben müsse, um einen Dialog führen zu können, habe ich für mich modifiziert, indem ich lieber von Weg und Methode rede: Ich befinde mich auf einem Weg, dessen Ende ich nicht kenne, lerne Methoden, religiös und wissenschaftlich zu denken, zu meditieren, zu leben und verändere mich dabei, so dass jeder Standpunkt nur vorrübergehend ist. Und ich wünsche mir, dass diese Veränderungen eine Weiterentwicklung bedeuten.

Man sieht, Lehrer wirken nach. So soll es sein! Ich kann mir nur wünschen, auch nachzuwirken auf meine Studierenden und Dialogpartner:innen, nicht so, dass sie zu allem Ja und Amen sagen, was ich von mir gebe, sondern so, dass sie sich kritisch damit auseinandersetzen, so wie ich es mit den Lehren meiner Lehrer:innen mache.

Noch ein Zitat am Schluss, auch aus einem Nachruf auf einen 2023 verstorbenen wichtigen Menschen:

„Als Liedermacher war MacGowan ein Dichter, der Sozialkritik mit irischem Nationalismus verband und so zur Stimme vieler Menschen wurde, die entwurzelt in der Megastadt und anderswo in England lebten, aber auch der Iren in Irland selbst und in den USA. Das zum alljährlich wiederholten Klassiker gewordene „Fairytale Of New York“ gilt vielen als ihr Lieblingsweihnachtslied, […]“

                                                                       Stefan Backes und Michael A. Schmiedel[4]

Herzliche Grüße und alles gute für das neue Jahr!
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/

 

(Geschrieben zu Hause in Siegburg am 29.+30.12.2023 bzw. z.T. am 5.12.2023, zu Hause oder im Zug. Am 6.1. einen Tipp- und einen Satzstellungsfehler korrigiert und auf den BIRZ-Basistext hier auf der Website hingewiesen.)



[1] Straubinger Kalender 2023. Heimatkalender für Niederbayern und Oberpfalz im 427. Jahrgang. Der älteste Heimatkalender Deutschlands. Straubing 2022 (Cl. Attenkofer’sche Buch- und Kunstdruckerei, Verlagsbuchhandlung). Vgl. https://verlag-attenkofer.de/straubinger-kalender-20232.html (aufgerufen am 30.12.2023).

[2] Begriff von meinem Religions-for-Peace-Kollegen Harald Bergmann, der sagt, dass „brutal“ von „Brutus“ komme, Brutus aber nur einen rücksichtslosen Tyrannen ermordet habe, dessen Taten weitaus schlimmer gewesen seien, so dass er sie als „cäsarisch“ bezeichnet. Er meint, wer das Wort „brutal“ im negativen Sinn verwendet, trage nur die cäsarische Propaganda weiter.

[3] Zu Klaus Wansleben vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Wansleben und zu Hans Waldenfels https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Waldenfels (beide aufgerufen am 30.12.2023).

[4] Stefan Backes und Michael A. Schmiedel. Shane MacGowan. Ausklang. In: folker.world, 6. Dezember 2023, https://folker.world/ausklang/shane-macgowan/ (aufgerufen am 30.12.2023).

Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt (BIRZ) - Basistext

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 Dies ist der Basistext der Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt (BIRZ), den ich hier veröffentliche, damit man auf ihn verlinken kann:

Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt 



Menschenwürde ist unteilbar

Gegen Hass und Hetze - gegen Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit


13.12.2023

Wir erleben angesichts der traumatisierenden Nachrichten über das Leid der Menschen in Israel und Palästina eine zunehmend bedrohliche Emotionalisierung und Aggressivität auch bei uns in der Region – ob auf der Straße, am Stammtisch, auf den Schulhöfen, ja selbst an den Universitäten. Viele Jüd:innen trauen sich nicht mehr, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Auch Muslim:innen werden bedroht. Aktuelle empirische Erhebungen zeigen einen besorgniserregenden Anstieg von antisemitischer und antimuslimischer Gewalt.

Jenseits jeder politischen Haltung zum israelisch-palästinensischen Konflikt ist es doch ein Gebot der Nächstenliebe, unserer Verfassung und der schieren Menschlichkeit, jeden in unserer Mitte vor Anfeindungen zu schützen. Wir müssen nicht einer Meinung sein, um einander mit Respekt und Wertschätzung zu behandeln. Wir müssen nicht die gleichen Ansichten vertreten, um einander die Hand zu reichen und Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlergehen des anderen zu übernehmen.

Wir laden alle ein, die diese Haltung teilen und verteidigen wollen, mit uns gemeinsam ein deutliches Zeichen zu geben und sich einzusetzen für den Schutz der Menschenwürde und für Respekt in unserer Stadt und unserer Region.

Egal welcher Glaubensrichtung und Weltanschauung wir uns zugehörig fühlen, lassen wir uns nicht verführen von Parolen und Bildern, die aufhetzen und spalten. Wir halten zusammen! Menschenwürde ist unteilbar und die Menschenrechte gelten für alle Menschen. Wo beginnen die universellen Menschenrechte? An den kleinen Orten, in der eigenen Nachbarschaft, in Schule, Universität, Fabrik, Büro. Das sind die Orte, wo jeder Mensch gleiche Rechte, gleiche Chancen und gleiche Würde ohne Diskriminierung erwarten darf.

Lasst uns deshalb gemeinsam dem Aufruf zu Hass und Gewalt widerstehen. Wir werden gerade gegeneinander ausgespielt, das spielt politisch rechten Kreisen voll in die Karten. Wir selbst und unsere Demokratie sind in Gefahr. Heute richten sich die Hassparolen gegen Juden, Muslime, Menschen mit Fluchterfahrung und andere Gruppen. Und wen wird es mor-gen noch treffen? Nie wieder ist genau jetzt!

Deshalb: Sagt heute lautstark Nein zu Judenfeindschaft und Antisemitismus! Sagt Nein zu Muslimfeindlichkeit, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Gewalt. Wir dulden keine Ausgrenzung von Minderheiten! Das sollten wir doch aus der furchtbaren Nazizeit gelernt haben: Schweigend wegschauen ist unverantwortlich. Wir müssen hinschauen und füreinander schützend einschreiten. Auch und gerade diejenigen, die Einfluss haben in Religion, Erziehung und Medien, sollte sich dafür aktiv einsetzen.

Friedensgebete sind wichtig - reichen allein aber nicht. Wir brauchen Vertrauen schaffende Begegnungen, aktives Füreinander-Einstehen, mitfühlendes Zuhören und das Aushalten an-derer Positionen. Wir engagieren uns für Shalom, Salam und Frieden in unserer Gesellschaft.

Gemeinsam sind wir stärker. Wir sind bewegt von der Vision von Gerechtigkeit, Sicherheit und nachhaltigem Frieden und beten für die Menschen in Israel / Palästina.

Wir rufen Kirchen- und Synagogen-, Moschee- aber auch andere Religionsgemeinden, Schulen, Sport- und andere Vereine und alle Menschen, denen unsere Demokratie wichtig ist, auf, sich unserem Appell lautstark anzuschließen und ihn mit zu unterschreiben. Bitte Rückmeldung mit Angabe von Vor- und Nachname und Ort sowie ggf. die von Ihnen vertretene Institution an: Michael A. Schmiedel: michael.a.schmiedel(at)gmx.de.

Unter dem Slogan „Menschenwürde ist unteilbar – Aufstehen für Respekt und Zusammenhalt“ wollen wir ein Zeichen in der Gesellschaft unserer Region setzen gegen extreme Meinungen politischer und religiöser Art. Wir wollen durch unser Zusammenstehen die Mitte unserer Demokratie stärken, einen fairen Umgangsstil, Meinungsfreiheit und den Dialog fördern.
Initiator:innen und Erstunterzeichner:innen: Roland Benarey-Meisel, Dagmar Gruß, Bernhard König, Saloua Mohammed, Hossein Pur Khassalian, Michael A. Schmiedel, Winfried Semmler-Koddenbrock, Ernst Ulrich Thomas, Hanife Tosun, Irina Volfson.

 

Das öffentliche Zeichen des Zusammenhalts fand als Kundgebung am Sonntag, 4.2.2024 um 15:00 auf dem Bonner Marktplatz statt.
Herzlichen Dank an alle Teilnehmenden!

Text und weiter Infos zur Aktion:
https://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/2024/01/bonner-initiative-fur-respekt-und.html

Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt   
c/o Michel A. Schmiedel, michael.a.schmiedel(at)gmx.de

 

 

 

Ergänzende Erläuterungen der Autor:innen zu Grundhaltung, Motiv und Begrenztheit unseres Apells (08.01.2024).

Unsere Initiative besteht aus Menschen u.a. jüdischer, christlicher, muslimischer und buddhistischer Zugehörigkeit. Wir verurteilen den unmenschlichen Terrorakt der Hamas auf Israel vom 7. Oktober aufs Schärfste. Wir betrauern das Schicksal der Geiseln und sind fassungslos angesichts des schrecklichen Leids der Menschen in Israel und Gaza. Angesichts der komplizierten Verstrickungen im Nahen Osten, war es nicht unser Ziel und auch nicht möglich, zu einer gemeinsamen, politisch fundierten Bewertung der Lage zu gelangen. Wir fordern, dass alle Akteur:innen in der Region ihrer Verantwortung für die Menschenrechte gerecht werden. Wir hoffen und beten gemeinsam, dass die Geiseln wohlbehalten zu ihren Familien zurückkehren, weiteres Blutvergießen vermieden, weitere humanitäre Katastrophen verhindert sowie langfristig Sicherheit für alle Menschen hergestellt wird. Wenn wir im Text von Israel und Palästina sprechen, soll dadurch keine politische Präferenz für eine Ein- oder Zweistaatenlösung zum Ausdruck gebracht werden.


Folgende Organisationen und Personen unterstützen die Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt und den Basistext mit ihren Namen:

(Stand:17.03.2024, 19:10)


Oberbürgermeisterin von Bonn:

Katja Dörner, Oberbürgermeisterin von Bonn


Organisationen:
 
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Bonn 

Arbeitskreis Palästina Brühl-Battier, Brühl

Christlich-Islamische Gesellschaft, Köln

Die EisHeiligen, Gemeinschaft in Köln-Ehrenfeld und Erprobungsraum der Ev. Kirche im Rheinland (EKIR)

EMFA-Integrationsagentur  (Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn/Integrationsagentur)

Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonn e.V.

Grüner Vogel e.V., Berlin und Bonn

Interreligiöses Friedensnetzwerk Bonn und Region (IFN) mit folgenden Mitgliedern:
        Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V.
        Christlich-Islamischer Kreis Siegburg
        Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. (DMLBonn), • nterkultureller Kreis URI Bonn
        Das Team der GEBETe der Religionen in Bonn
        Dr. Aziz Fooladvand, Soziologe, Islamwissenschaftler und Islamischer Religionslehrer
        Dr. Hossein Pur Khassalian, Urologe
        Interreligiöse Initiative Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit
        Religions for Peace Bonn/Köln
        Saloua Mohammed, Menschenrechtsaktivistin
        Samadhi Buddhistisches Meditation Center e.V.   
        Interkultureller Kreis URI Bonn
        URI Deutschland - United Religions Initiative Deutschland e.V.

Katholikenrat Bonn

KED Köln (Katholische Elternschaft Deutschlands im Erzbistum Köln e.V.)

KuBiFo | Kunst & Bildungsforum Bonn-Rhein-Sieg e.V.

ONE WORLD PROJECT e.V., Bonn 

Parents for Future, Bonn

Pfarrgemeinderat Bonn-Melbtal, Pfarrer Kemmerling

Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Beuel

Sufi-Zentrum Rabbaniyya, Europäisches Zentrum für Sufismus und interreligiöse Begegnung e.V., Eigeltingen

Urania Theater Köln

via integralis, Bonn


Einzelpersonen:

Moussa Acharki, Bonn, Mitglied im Integrationsrat Bonn und im Vorstand einer Bonner Moschee

Marie Adenau, Boppard

Ute Ahlert-Spaniel, Bonn

Eva Amann-Brockhaus, Siegburg

Pfarrer Eckhart Altemüller, Bornheim 

Hubert Arnold, Bonn-Beuel, Kirchenmusiker

Dr. Nasrin Bani Assadi, 1989, wissenschaftliche Mitarbeiterin am CTSI, Universität Bonn

Dr. Enno Aufderheide, Alexander von Humboldt-Stiftung Bonn

Anke Bahl, Bonn 

Gerard Begnard, Bonn

Sarah Bellaiche, Unkel

Roland Benarey-Meisel, Bonn

Klaus Berns-Gärtner, Bonn

Halgard Bestelmeyer, Augsburg, Christengemeinschaft, Religions for Peace

Stephan Beuting, Bonn

Annika Bohlen, Evangelischer Kirchenkreis Bonn

Gabrielle Bosse, Bonn

Utta Brauweiler, Bonn

Cornelia Bröschen, Bonn

Maic Brüchen, Bonn

Johannes Bundschuh, Bonn

PD Dr. Hıdır Çelik, Politikwissenschaftler/ Schriftsteller, Bonn

Helia Daubach, Bonn; Interreligiöses Friedensnetzwerk Bonn und Region

Cristina del Valle, Bonn 

Barbara Dröge, Bonn

Christina Dave, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Bonn 

Schech BASHIR Ahmad Dultz, Bonn, Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. (DMLBonn)

Dunya Elemenler, Bonn, Vorisitzende der Christlich-Islamischen Gesellschaft

Susanne Ermatinger, Bonn

Genc Osman Esen, Siegburg, Verband engagierte Zivilgesellschaft in NRW e.V.

Claudia und Michael Famulok, Bonn

Sandra Feld, Troisdorf 

Corinna Felski, Bonn

Sandra Fernholz, Bonn

Kea Franz, Bonn

Erich Frehse, Pfarrer im Ruhestand, EMFA Bonn und SoKi Rheinland 

Lena G., Bonn 

Hans-Uwe Gärtner, Bonn

Stephanie Gerus, Bonn

Wolfgang Gigenau, Bonn

Dr. Heinz Gierlich, Brühl, Arbeitskreis Palästina Brühl-Battir, Brühl

Jan Gildemeister, Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Bonn

Eva Grieser, Bonn

Pfarrer Uwe Grieser, Bonn

Maren Grönemann

Thomas Großmann, Bonn

Pfarrerin Dagmar Gruß, Bonn

Mesud Gülbahar, Bonn

Enes Günes, Köln, ikult e.V.

Eva Günther, Bonn

Lena G., Bonn

Hans-Bernd Hagedorn, Leverkusen

Reinhold und Stephanie Hahn, Pulheim

Christine Harth, Bonn

Christian Hartmann, Bornheim

Thomas Heimsath, Presbyter in der Evangelischen Kirchengemeinde Hardtberg, Bonn
Paul Heuermann, Bonn

Evelin Heinle-Braun, Bornheim

Noël Heyen, Unkel

Hans Hinterkeuser, Bonn 

Dr. Dorothe Hippe, Bonn

Miriam Hofmann, Bonn

Andrea Honecker, Bonn, Vorsitzende des Katholikenrats Bonn

Barbara Hoppe, Bonn

Marianna Horling, Interkultureller Kreis URI Bonn, URI Deutschland - United Religions Initiative Deutschland e.V., Interreligiöses Friedensnetzwerk Bonn und Region

Dr. Anita Idel, Feldatal

Margret Itaßbe, Königswinter

Helga Jakobi, Bonn

Hanns Jasse, Bonn

Wolfgang Käuser, Bonn

Jutta Kaibel, Bonn

Mike Kamp, Bad Honnef, Herausgeber des folker

Rainer Kaps, Bornheim 

Bernd-Dietrich Katthagen, Dortmund

Mio Josia Klemm, Bonn

Mirko Klemm, Bonn

Martina Knauer, Braunschweig, Religions for Peace

Renate Koddenbrock, Bonn

Hilde Kölb, Bonn

Angela König, Bonn

Bernhard König, Bonn, Komponist, Trimum e.V. und CTSI (Universität Bonn)

Linda Königs, Swisttal

Ulrike Koltermann, Bonn

Andrea Konorza, Bonn

Irene Kornschirns, Bonn

Ulrich Kortmann, Bonn

Marianne Krämer, Bonn

Roman Kriebisch, Bonn

Sarah-Lorraine Kriebisch, Bonn

Karsten Kuhn, Bonn

Manfred Kusserow, Bonn-Beuel

Leila Labeli, Bonn

Christine Lang, Münstermaifeld

Ursula Lantzerath, Mitglied im Vorstand der ACK Bonn  

Claudia Leinauer, Bonn

Marlies Leutfeld, Alfter

Edith Lutz, Kall, Freundeskreis "Frieden für Nahost"

Paul Leidner, Lüdinghausen 

Yves Loris, Troisdorf

Ute Lyelia, Bonn

Ulla Mänzler, Bonn

Dr. Ulrich Meier, Bonn

Sara Meiers, Bonn 

Tilo Meleschko, Bonn 

Jutta Mensing, Bad Honnef

Hans-Peter Mensing, Bad Honnef

Michael Mensing, Bad Honnef

Waltraud Mertens, Bonn

Sabine Meyer-Nitschke, Bonn

Gerald Möller, Bonn, Presbyter in der Evangelischen Kirchengemeinde Hardtberg Bonn

Monika Möller, Greven

Carla Ida Moschner, Heppenheim

Mareike Müllenhaupt, Köln

Noah Neddens, Bornheim

Ursula Neumann-Kronenberg, Bonn

Klaus Niemann, Bonn

Annette Niewöhner, Münster

Ulrich Nitschke, Mitglied bei Religions for Peace Bonn/Köln, stellv. Geschäftsführer von PIRON Global Development, Bonn

Gero Nölken, Wachtberg 

Claudia Nothelfer, Boniswil, Schweiz

Hai Thw Nurbag, Bonn

Lucia Ott, Troisdorf

Sascha Palm, Beuel

Christina Partuschke Bonn, Universal Peace Federation, GEBETe der Religionen Bonn

Aribert Peters, Rheinbreitbach 

Eva Peters, Rheinbreitbach

Luis Petzelberg, Bonn

Rolf Pitsch, Bonn

Elisabeth Pitsch, Bonn

Günter Pohl, Troisdorf

Munelic Pohlu, Bonn

Wilma Prinz, St. Augustin

Andreas Püttmann, Publizist, Bonn

Julia Rabus, Bonn

Yesche Udo Regel, Bonn, buddhistischer Lehrer, PARAMITA BONN, Netzwerk Buddhismus Bonn

Stefan Rein, Wachtberg

Anja Reinecke, Bonn

August Renner, Bad Godesberg, Heilpraktiker für Psychotherapie, Vortragscoaching

Marbin Restle, Bonn

Karen Rinne-Furky, Bonn

Susanne Rölleke, Königswinter

Ulrike Rötten, Bonn

Frank Rosenkiewicz, Leiter für Kommunikation, Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Bonn   

Rosa Rotta, Bonn

Antje Rüggeberg, Bonn

Esther Runkel, Vorsitzende der ACK Bonn

Ruth Sahler, Euskirchen

Narmina Saman, Bonn

Gregor Sattler, Bonn, Interreligiöses Friedensnetzwerk Bonn und Region, Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit

Julia Schäfer, Bonn

Michael Schäfer, Bonn

Sybille Schäfer Heuermann, Bonn 

Frieda Schauf, Bonn

Dr. Ralph Schaumann, Vorstandsmitglied im Katholikenrat Bonn

Dr. Petra Schenk-Schmiedel, Siegburg

Margarete Scheuvens, Bonn

Ralf Schikora, Bonn

Matthias Schippel, Bonn

Stefan Schlang, Kerpen-Buir

Edith Schlesinger, Bonn

Barbara Schlüter, Königswinter-Thomasberg, Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn – Integrationsagentur EMFA, Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen

Günter Schmidt, St. Augustin

Tilman Schmidt, Mitglied im Vorstand der ACK Bonn

Hildegard Schmittfull, Basel, Schweiz

Dr. Michael A. Schmiedel, Siegburg, Religionswissenschaftler an der Universität Bielefeld, Interreligiöses Friedensnetzwerk Bonn und Region, Religions for Peace, Bonner Institut für Migratiosforschung und Interkulturelles Lernen, Folker, GEBETe der Religionen Bonn, Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit, Netzwerk Buddhismus Bonn, folker u.a.

Hermann Schneider, Bonn

Sabine Schottheis, Königswinter

Martina Schreiter-Vogl, Bonn

Claudia Schütz-Großmann, Bonn

Jutta Schulz, Bonn

Michaela Schuster, Bonn

Charlotte Schwarz-Sierp, Bonn

Pfarrer Dr. Georg Schwikart, Bonn 

Winfried Semmler-Koddenbrock, Bonn

Lutz Spierkormann, Bonn  

Axel Seng, Spinge

Gaye Sönnel, Bonn

Gudrun Stapel, Bonn

Karimah K. Stauch, Bonn, Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. (DMLBonn), Interreligiöses Friedensnetzwerk Bonn und Region

Walter Stechel, Potsdam

Vera Stercken, Bonn

Meckerguy Surru, Bonn

Deniz  Jupp Thioben, Königswinter

Meike Thelen, Bonn

Ingo Thier, Bonn

Pfarrer Eugen Theodor, Mitglied im Vorstand der ACK Bonn

Ernst Ulrich Thomas, Bonn

Jutta Thomas, Bonn

Hanife Tosun, Köln 

Dr. Margret Traub, Jüdische Synagogengemeinde Bonn

Stefan Trenk, Bonn

Jutta Tzschiesche, Bonn

Kai Urner, Bonn

Dr. Klemens und Gabriele van de Sand, Bonn 

Lars van Dyck, Andernach 

Rainer van Heukelum, Bonn

Markus Vilain, Pastoralreferent, Bonn

Irina Volfson, Bonn 

Bernhard von Grünberg, Bonn

Lioba von Lovenberg, Bonn, Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker)

Dietmar Vorfeld, Bonn, Soka Gakkai, Netzwerk Buddhismus Bonn

Dr. Markus Wagemann, Bonn

Margred Walbrill, Bonn

U. Weguu-Höple, Alfter

Schulamith Weil, Meckenheim

Paul Weller, Boppard

Bernd Weode, Bonn

Jürgen Weßling, Bonn

Elisabeth Westkamp, Bonn

Barbelies Wiegmann, Bonn, Netzwerk Buddhismus Bonn

Rita Wild, Bonn

Monika Winkelmann, Bonn, Zen-Praktizierende, Dharma-Lehrerin, Zen-Peacemaker, Kleiner Zen-Tempel, Netzwerk Buddhismus Bonn

Julia Winterboer, Köln

Frank Wortmann, Bonn

Gabi und Thomas Ziegler, Pfälzer Wald, Katholischer Kirchenchor

Chantal Zimmer-Leflere, Bonn

Ute Zimmermann, Schifferstadt, Autorin, Lehrerin i.R.


(Die Liste wurde zusammengestellt und wird fortgesetzt von Michael A. Schmiedel.
Wer sich noch eintragen lassen will, wende sich bitte an michael.a.schmiedel [at] gmx.de

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Spendenaufruf:

Stand: 17.03.2024

Liebe Unterstützer:innen der Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt (BIRZ),

wir danken vielmals für Ihre/Eure Spenden. Mit ihrer Hilfe konnten wir die Ausgaben vom 4.2.2024 fast decken. 

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